Invest von 80 Millionen Euro RTL Deutschland stellt Verlagsgeschäft neu auf
07.02.2023, 09:49 Uhr
Die bekannten Marken wie "Stern", "Geo" oder "Brigitte" bleiben Teil von RTL Deutschland.
(Foto: dpa)
Mit der Integration des Verlags Gruner + Jahr in RTL Deutschland geht eine Überprüfung des Zeitschriftengeschäfts einher. Nun wird klar: Das Medienhaus will sich auf Kernmarken konzentrieren.
RTL Deutschland plant eine Neuaufstellung des Zeitschriftensegments um den früheren Verlag Gruner + Jahr. Wichtigste Botschaft: In die Kernmarken wie zum Beispiel "Stern", "Geo" und "Capital" wird massiv investiert, vor allem im Digitalen. Hintergrund ist das rückläufige Geschäft mit den gedruckten Produkten. Andere Titel werden eingestellt oder verkauft.
Konkret sehen die Pläne so aus: Die 13 Marken "Stern", "Geo", "Capital", "Stern Crime", "Brigitte", "Gala", "Schöner Wohnen", "Häuser", "Couch", "Geolino", "Geolino mini" sowie die digitalen Bereiche von "Eltern" und "Chefkoch" bleiben im Portfolio. Dabei werden "Stern", "Geo", "Capital" und "Stern Crime" "aufgrund der großen Synergien mit den RTL-TV-Redaktionen" künftig Bestandteil der RTL News GmbH. Die übrigen neun Titel verbleiben in der Gruner + Jahr Deutschland GmbH und verschiedenen Tochtergesellschaften. Sie sollen aber ebenfalls "punktuell" mit den TV- und Streaming-Geschäften von RTL Deutschland zusammenarbeiten.
Diese 13 Titel machen nach Unternehmensangaben etwa 70 Prozent des Umsatzes aus. Bis 2025 will RTL Investitionen von rund 80 Millionen Euro vornehmen, vor allem beim "Stern".
Alle anderen Zeitschriftentitel von Gruner + Jahr, 23 an der Zahl, werden eingestellt oder verkauft. Keine Zukunft sieht RTL zum Beispiel für Ableger der Kernmarken wie "Geo Epoche" und "Geo Wissen", "Brigitte Woman" und "View". Auch die Magazine "Guido" um den Designer Guido Maria Kretschmer und "Barbara" um TV-Moderatorin Barbara Schöneberger werden eingestellt. Abgestoßen werden soll die Beteiligung an der Deutschen Medien-Manufaktur (DMM), unter deren Dach zum Beispiel die Magazine "Landlust" und "Essen & Trinken"erscheinen. RTL Deutschland will hierzu vertrauensvolle Gespräche mit dem Mitgesellschafter Landwirtschaftsverlag Münster aufnehmen. Auch die Beteiligung an "11 Freunde" steht auf dem Prüfstand. Für die fünf Marken "Business Punk", "Art", "P.M.", "Beef!" und "Salon" wird ebenfalls ein Käufer gesucht.
Der Vorsitzende der Geschäftsführung von RTL Deutschland, Thomas Rabe, sagte, viele der Titel, die bei Gruner + Jahr weitergeführt würden, seien Ableger. "Wir können uns nicht vorstellen, diese zu verkaufen, wenn wir die Kernmarken "Geo" und "Brigitte" behalten. Sonst wäre eine einheitliche Markenführung nicht möglich."
Rabe, der auch Bertelsmann-Chef ist, sagte zum aktuellen Stand der Verkaufsgespräche: "Es hatte Interessensbekundungen gegeben - mündlich und schriftlich. Es gab aber keinerlei Sondierungs- oder Verkaufsgespräche, geschweige denn Angebote. Wir werden in den nächsten Wochen mit Gesprächen beginnen." Man wolle zunächst mit Betriebsrat und den Mitarbeitern sprechen. "Dann werden wir in aller Ruhe in den nächsten Wochen den Markt sondieren und sehen, wer sich für welchen Titel wirklich interessiert und in welcher zeitlichen Schrittfolge wir die Titel abgeben."
Suche nach neuem Standort in Hamburg
Die RTL-Pläne führen dazu, dass rund 500 Stellen abgebaut werden. Das soll "bis Ende 2025 schrittweise" erfolgen. Der weit überwiegende Teil des Stellenabbaus betreffe Hamburg und sei nicht im redaktionellen Bereich, sondern in Verwaltungsbereichen geplant. Hinzu kommen etwa 200 Stellen, die durch den geplanten Verkauf auf neue Eigner übergehen würden. Mit dem Wegfall von rund 700 Stellen wäre das mehr als jede dritte der 1900 Vollzeitstellen im Zeitschriftensegment, die vorwiegend in Hamburg angesiedelt sind.
RTL Deutschland mit Hauptsitz in Köln hatte zum Jahr 2022 die deutsche Magazinsparte des Hamburger Verlagshauses in sein Portfolio integriert und erhofft sich Synergien. Beide Bereiche gehören zum Bertelsmann-Konzern. In den vergangenen Monaten prüfte RTL das Zeitschriftenportfolio. Von Mitarbeitern und Gewerkschaftern hatte es Protest gegen einen möglichen Verkauf der Titel des Hamburger Verlagshauses, das jahrzehntelang zu den mächtigsten Medienhäusern in Europa zählte, gegeben.
Rabe sagte: "Die Strategie von Gruner ist in der Zukunft, sich auf die Kernmarken und die Haupttitel zu konzentrieren." Er ergänzte: "Wir sehen in den Kernmarken einen erheblichen Wert. Und wir sehen erhebliche Verbundeffekte zwischen den Kernmarken von Gruner + Jahr und RTL, nicht nur in der redaktionellen Zusammenarbeit, sondern vor allem in der Vermarktung." Über die wirtschaftliche Lage des Publishing-Geschäfts sagte Rabe: "2022 lag das Ergebnis nach allen Abzügen bei 1 Million Euro. Aufgrund der Marktentwicklung bei Anzeigen und Vertrieb, aber auch durch Kostensteigerungen von Papier und Energie wäre Gruner + Jahr ohne Maßnahmen in diesem Jahr im EBITA zweistellig negativ." Der Umsatz in dem Bereich lag 2022 bei etwa 350 Millionen Euro.
Hamburg soll als Zeitschriften-Standort erhalten bleiben. Rabe sagte: "Wir bleiben mit den Geschäften in Hamburg - bis auf die Corporate-Funktionen, die überwiegend in Köln gebündelt werden. Die Mitarbeiter in Hamburg sollen bis Ende 2024 in neue Räumlichkeiten ziehen." Einen genauen Ort nannte er nicht. "Wir schauen uns im Moment mehrere Standorte an." Die Anteile am "Spiegel" und an der DDV Mediengruppe, zu der die "Sächsische Zeitung" zählt, bleiben im Bertelsmann-Konzern, wie Rabe sagte. "Das stand nie zur Debatte." Die Geschäfte seien dem Bereich Bertelsmann Investments zugeordnet.
Hinweis: ntv gehört wie Gruner + Jahr zu RTL Deutschland.
Quelle: ntv.de, jog/dpa