Wirtschaft

Tod nach Fenstersturz Russische Manager sterben unter rätselhaften Umständen

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Maganow soll mit Herzproblemen in dieses Krankenhaus in Moskau eingeliefiefert worden sein.

Maganow soll mit Herzproblemen in dieses Krankenhaus in Moskau eingeliefiefert worden sein.

(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)

Wieder wird ein hochrangiger Manager aus dem russischen Energie-Sektor tot aufgefunden. Der Lukoil-Chef soll sich aus dem Fenster eines Krankenhauses gestürzt haben. Ein ehemaliger Manager des Konzerns starb zuvor angeblich bei einer okkulten Behandlung, die schiefgegangen ist.

Die Serie mysteriöser Tode russischer Oligarchen und Manager aus dem Energie-Sektor setzt sich fort. Der neueste Fall: Der Vorstandschef des russischen Ölgiganten Lukoil, Rawil Maganow, der Medienberichten zufolge bei einem Sturz aus einem Krankenhausfenster ums Leben kam. Die Polizei habe Ermittlungen eingeleitet. Warum der 67-Jährige aus dem Fenster im sechsten Stock der Klinik stürzte, ist unklar. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur gehen die Behörden von einem Suizid aus.

In dem Krankenhaus im Zentrum der russischen Hauptstadt wird die politische und wirtschaftliche Elite des Landes behandelt. Dem Bericht zufolge war Maganow wegen eines Herzinfarkts eingeliefert worden. Es sei auch eine Depression diagnostiziert worden.

Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sind mehrere russische Top-Manager ums Leben gekommen - darunter auch ein ehemaliger Kollege Maganows. Der ehemalige Lukoil-Vorstand Alexander Subbotin starb im Mai laut russischen Medienberichten auf bizarre Art. Demnach hatte er ein Schamanen-Paar nach übermäßigem Alkoholkonsum besucht, um sich behandeln zu lassen. In der Wohnung in der Nähe von Moskau hätten die Schamanen unter anderem seine Haut eingeschnitten und Krötengift in die Wunden geträufelt. Danach folgten angeblich unter anderem Geisterbeschwörung, Tieropfer und ein Bad in Hahnenblut. Als sich Subbotin plötzlich unwohl gefühlt habe, hätten die Schamanen den Milliardär im Keller zur Ruhe gelegt, wo sie ihn wenig später tot aufgefunden haben sollen.

Zu den Toten aus dem Energie-Sektor zählt auch der Multimillionär Juri Woronow. Der 61-Jährige wurde tot im Pool seiner Villa in einem St. Petersburger Vorort aufgefunden, mit einer Schusswunde im Kopf. In der Nähe sei eine Pistole entdeckt worden, heißt es. Auf dem Grund des Beckens hätten mehrere benutzte Hülsen gelegen. Die russischen Ermittler führen den Tod Woronows auf einen "Streit mit Geschäftspartnern" zurück. Seine Frau hat ihnen Medienberichten zufolge gesagt, ihr Mann sei davon überzeugt gewesen, von "unehrenhaften" Geschäftspartnern um "eine Menge Geld" betrogen worden zu sein.

Tod bei Wanderung

Im Januar war der ehemalige Gazprom-Manager Leonid Schulman tot im Badezimmer seines Hauses entdeckt worden - im gleichen St. Petersburger Vorort, in dem auch Woronow lebte. Im Februar wurde Alexander Tjuljakow, stellvertretender Generaldirektor von Gazprom, erhängt in seiner Villa in derselben Gegend gefunden. Bei beiden wurden Abschiedsbriefe entdeckt.

Kurz darauf wurde der in der Ukraine geborene Mikhail Watford erhängt in der Garage seines Herrenhauses im britischen Surrey aufgefunden. Auch er war ein Öl- und Gasmagnat. Im März starb Wassili Melnikow mit seiner Frau und den zwei Kindern in der Nähe von Nischni Nowgorod. Er hat den Ermittlern zufolge erst seine Angehörigen und danach sich getötet. Er war nicht im Energiegeschäft tätig, ihm gehörte der Medizinkonzern Medstom.

Im April starben der ehemalige Vizechef der Gazprombank, Waldislaw Awajew, und Sergej Protosenja, der ehemalige Manager von Novatek, des größten privaten Gasförderers Russlands. Beide sollen zunächst ihre Frau und Kinder und anschließend sich selbst getötet haben. Awajews Leiche und die seiner Frau und seiner Tochter wurden in der Moskauer Wohnung der Familie gefunden. Protosenja soll sich nur zwei Tage später in seiner Villa in Spanien erhängt haben, nachdem er ebenfalls Frau und Tochter getötet haben soll.

Im Mai verunglückte Andrej Krukowski. Er war Manager des russischen Skiressorts Krasnaja Poljana, das von Gazprom betrieben wird. Der 37-Jährige stürzte den Ermittlern zufolge bei einer Wanderung von einer Klippe in den Tod.

"Vielleicht war er eine Bedrohung"

Die Häufung der Vorfälle führte zu Gerüchten, dass es sich in Wirklichkeit um Morde handele, die als Unglück oder Suizid inszeniert worden seien. So bestritt etwa der langjährige Vizechef der Gazprombank, Igor Wolobujew, die offizielle Version, es habe sich beim Tod Awajews um Suizid gehandelt. "Ich denke nicht, dass er fähig war, seine Familie zu töten", sagt er dem Investigativ-Medium "The Insider". In Wirklichkeit sei er mitsamt Frau und Kindern von anderen ermordet worden. "Warum? Das ist schwer zu sagen. Vielleicht wusste er etwas. Vielleicht war er eine Bedrohung", so Wolobujew. Kurz zuvor hatte sich Wolobujew in die Ukraine abgesetzt, in der er geboren wurde. Er gab an, dort gegen die russischen Truppen kämpfen zu wollen.

Der polnischen Denkfabrik "Warsaw Institute" zufolge ist eine mögliche Erklärung für die Todesfälle: Menschen mit Verbindungen in den Kreml versuchen, Spuren zu verwischen, die zu Betrügereien bei russischen Energie-Konzernen führen.

Der britische Geschäftsmann Bill Browder hat eine andere Vermutung: Die nach dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine verhängten Sanktionen seien eine Ursache. Browder war mit seiner Firma Hermitage Capital zeitweise der größte ausländische Investor in Russland und ist mittlerweile bekennender Gegner des Kremls. Sein Anwalt Sergej Magnitski, der mutmaßlichen Betrug von Beamten aufgedeckt hatte, starb 2009 nach Misshandlungen in russischer U-Haft.

"Es sieht so aus, als sei der Kuchen kleiner geworden", so Browder. "Jetzt gibt es einen Haufen Leute, die über geschrumpfte Mengen Geld streiten. Und immer wenn es zugleich begrenzte Ressourcen und sehr mächtige Leute gibt, beginnen Leute zu sterben."

Quelle: ntv.de

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