Wirtschaft

"Es wird holprig" So geht es mit den Zinsen weiter

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Die EZB entscheidet kommende Woche über das Zinsniveau.

Die EZB entscheidet kommende Woche über das Zinsniveau.

(Foto: REUTERS)

Nächste Woche will die EZB die Zinsen senken. Sinkende Inflation und schwächelnde Konjunktur sprechen dafür. Doch die Risiken zwingen die Notenbank zur Zurückhaltung.

Kommende Woche ist es aller Voraussicht nach so weit: Die Europäische Zentralbank EZB wird die Zinswende einleiten. Die Notenbankerinnen und -banker haben bislang recht offen kommuniziert, dass sie die Zinsen auf der Ratssitzung am Donnerstag senken wollen. Nun räumte Chefvolkswirt Philip Lane die letzten Restzweifel aus: "Wenn es keine großen Überraschungen gibt, ist das, was wir sehen, ausreichend, um die höchste Stufe [der restriktiven Geldpolitik] aufzuheben", sagte er der "Financial Times".

Angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine war die Inflation im Euroraum nach oben geschossen und hatte im Herbst zweistellige Rekordstände erreicht. Die EZB musste sich deshalb von ihrer jahrelangen Null-Zins-Politik verabschieden und schraubte die Leitzinsen in kurzer Zeit nach oben. Der Zins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der Notenbank besorgen können, stieg auf 4,5 Prozent. Der Einlagenzins, den Banken für geparkte Gelder erhalten, beträgt im gemeinsamen Währungsraum 4,0 Prozent.

Mittlerweile ist die Inflation kräftig zurückgegangen. Sie liegt derzeit bei 2,4 Prozent und damit in der Nähe der Zielmarke von 2 Prozent, die von der EZB angestrebt wird. Die Notenbank rechnet derzeit damit, dass der Zielwert im Sommer kommenden Jahres erreicht wird.

Für eine Zinssenkung spricht auch, dass die Konjunktur in der Eurozone schwächelt. Allgemein erwartet wird, dass die EZB die Leitzinsen deshalb um 0,25 Prozentpunkte senken wird. Ein größerer Schritt gilt als ausgeschlossen. Denn es gibt zwei Entwicklungen, die für ein vorsichtiges Vorgehen der EZB sprechen: die Entwicklung der Löhne in der Eurozone und die Zinspolitik der US-Notenbank Fed.

Das Lohnwachstum ist einer der Haupttreiber der Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft. Es hatte zu Beginn des Jahres ein Rekordtempo erreicht. Doch die Gesamtrichtung der Löhne deute aktuell auf eine Verlangsamung hin, sagte Lane mit Blick auf von der EZB analysierte Daten. Das sei von entscheidender Bedeutung.

"Werden restriktiv sein müssen"

Die ausgehandelten Löhne stiegen im ersten Quartal in der 20-Länder-Gemeinschaft um 4,69 Prozent, nachdem sie im Schlussquartal 2023 noch um 4,45 Prozent gewachsen waren. Die Hüter des Euro halten ein Lohnwachstum von rund drei Prozent mit ihrem mittelfristigen Inflationsziel von zwei Prozent Teuerung für vereinbar. Alles, was darüber hinaus geht, deutet auf Inflationsdruck in der Wirtschaft hin, was die Preise anheizen könnte.

Hinzu kommt, dass die Fed ihre in Aussicht gestellten Zinssenkungen immer weiter herauszögert, da sich die Inflation in den USA hartnäckiger zeigt als erwartet. Der Leitzins in den USA liegt in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent und damit höher als in der Eurozone. Je weiter die EZB die Zinsen senkt, umso größer wird der Abstand. Das setzt den Euro tendenziell unter Druck, da der Dollar-Raum angesichts der höheren Zinsen für Anleger an Attraktivität gewinnt. Das Problem dabei für die EZB: Ein schwächerer Euro kann die Inflation antreiben, da er Importe verteuert.

Lane gab sich gegenüber der "Financial Times" in dieser Hinsicht zuversichtlich. Es habe in letzter Zeit nur "sehr wenig Bewegung" in dieser Richtung gegeben. Der Euro habe sich von seinem im April erreichten Sechsmonatstief mittlerweile deutlich erholt.

Wann die Zinsen weiter gesenkt werden, ließ der EZB-Chefvolkswirt offen. "Es wird holprig und es wird schrittweise gehen", sagt er in dem Interview. "Wir werden das ganze Jahr über restriktiv sein müssen. Unter einem restriktiven Zinsniveau verstehen Notenbanker eine Zinshöhe, bei der das Wirtschaftswachstum gebremst wird. "Aber innerhalb dieser restriktiven Zone können wir uns etwas nach unten bewegen."

Quelle: ntv.de, mit rts

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