Von Ampel geplante Reduzierung So viel kostet den Staat der Umsatzsteuerrabatt auf Gas
07.09.2022, 15:49 Uhr
Mit der von 19 auf sieben Prozent reduzierten Mehrwertsteuer will die Bundesregierung zusätzliche Belastungen der Gaskunden reduzieren.
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Um die Gaskunden zu entlasten, will die Bundesregierung die Umsatzsteuer auf den Gasverbrauch senken. Bund, Länder und Kommunen wird bis März 2024 deswegen ein zweistelliger Milliardenbetrag in den Kassen fehlen.
Die von der Ampel geplante Reduzierung der Umsatzsteuer auf den gesamten Gasverbrauch - also nicht nur auf die Umlage - wird den Staat nach Angaben der Bundesregierung mehr als 10 Milliarden Euro kosten. Das geht aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums an den Bundestag hervor, das Capital vorliegt. Nach den Berechnungen des Ministeriums entgehen Bund, Ländern und Kommunen durch die temporäre Steuersenkung Einnahmen von insgesamt 11,2 Milliarden Euro. Der Betrag bezieht sich auf den Zeitraum von Oktober 2022 bis März 2024, in dem Gasverbraucher die neue Gasumlage bezahlen müssen, mit der angeschlagene Importeure gestützt werden sollen.
Mit der von 19 auf sieben Prozent reduzierten Mehrwertsteuer will die Bundesregierung zusätzliche Belastungen der Gaskunden reduzieren. Ursprünglich wollte sie darauf verzichten, auf die ohnehin umstrittene Gasumlage in Höhe von 2,4 Cent pro Kilowattstunde noch Umsatzsteuer zu erheben. Eine entsprechende Ausnahmegenehmigung lehnte die EU-Kommission aber unter Verweis auf das europäische Steuerrecht ab. Als Alternative soll nun der Steuersatz auf Gas sinken, solange die Gasumlage erhoben wird.
Experten: Steuerentlastungen setzen falsche Anreize
Einen entsprechenden Gesetzentwurf sollen die Ampel-Fraktionen in den Bundestag einbringen. In der Formulierungshilfe aus dem Finanzministerium für die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP heißt es, den Gaskunden sollten "keine zusätzlichen Belastungen aus der obligatorischen Erhebung der Umsatzsteuer auf die Gasbeschaffungsumlage entstehen". Die steigenden Energiepreise seien "bereits jetzt eine große Belastung". Einige Ökonomen hatten dagegen gewarnt, die Steuerentlastung setze mit Blick auf die nötigen Einsparungen beim Gasverbrauch in den kommenden Monaten die falschen Anreize.
Einnahmen aus der Umsatzsteuer stehen Bund, Ländern und Kommunen nach einem festen Schlüssel zu. Nach den Berechnungen des Finanzministeriums entfallen von den zu erwartenden Mindereinnahmen aus der Umsatzsteuer auf Gas bis März 2024 insgesamt 5,9 Milliarden Euro auf den Bund. Bei den Ländern sind es 5,1 Milliarden Euro, für die Kommunen beträgt das Minus rund 200 Millionen Euro. Die größten Ausfälle werden mit knapp 6,5 Milliarden Euro im Jahr 2023 erwartet - dem einzigen vollen Haushaltsjahr, in dem die Steuersenkung greift. Im April 2024 soll der Steuersatz dann wieder auf 19 Prozent steigen, wenn die Gasumlage ausläuft.
Angst vor einem Domino-Effekt
Die Gasumlage hatte in den vergangenen Wochen bei vielen Verbrauchern, aber auch innerhalb der Koalition für massiven Ärger gesorgt. Mit dem Aufkommen aus der Umlage sollen Gasimporteure, die aufgrund der russischen Lieferkürzungen teuren Ersatz im Großhandel beschaffen müssen, um ihre Verträge erfüllen zu können, einen Großteil der Mehrkosten erstattet bekommen. Dafür werden die Zusatzkosten auf alle Gaskunden umgelegt. Im Blick hatte die Bundesregierung dabei vor allem Deutschlands größten Gasimporteur Uniper, dem im Juli die Liquidität auszugehen drohte, und der vom Bund gerettet werden musste. Wirtschaftsminister Robert Habeck warnte für den Fall einer Insolvenz von Uniper vor einem Dominoeffekt auf dem Energiemarkt und massiven Problemen bei der Versorgungssicherheit.
Später stellte sich aber heraus, dass zu den zwölf Importeuren, die Ansprüche von insgesamt 34 Milliarden Euro angemeldet hatten, nicht nur insolvenzgefährdete Unternehmen wie Uniper zählten, sondern auch Energiekonzerne und Rohstoffhändler, die in anderen Geschäftsbereichen hohe Gewinne machen. Dies war nach der Verordnung aus Habecks Ministerium zulässig, was zu heftigem Unmut führte. Nun will der Wirtschaftsminister die entsprechende Verordnung nachjustieren.
Dieser Artikel ist zuerst auf Capital.de erschienen.
Quelle: ntv.de