"Ich habe Mitleid" So wurden Elon Musk und Sam Altman Erzfeinde


Elon Musk hat Open AI verklagt.
(Foto: IMAGO/ZUMA Press Wire)
Zwei der mächtigsten Tech-Milliardäre des Silicon Valley bekriegen sich öffentlich: Hinter der Fehde von Tesla-Boss Elon Musk und OpenAI-Chef Sam Altman steckt nicht nur eine unterschiedliche Vision von künstlicher Intelligenz. Sie sind in tiefer Abneigung miteinander verbunden.
Am Anfang waren sich Sam Altman und Elon Musk vollkommen einig. Als sich die beiden Tech-Titanen 2015 noch regelmäßig zum Abendessen in der San Francisco Bay Area trafen, kreisten ihre Gedanken um die ganz großen Fragen der Menschheit: Wie die Welt enden könnte. Wohin sie fliehen müssten, wenn es so weit käme. Und was man tun könnte, um das befürchtete Armageddon abzuwenden. Um zu verhindern, dass Künstliche Intelligenz einst die Menschheit auslöscht, brauche es ein "Manhattan-Projekt" redeten sich die beiden Startup-Bosse heiß - in Anspielung auf das geheime Waffenprogramm, mit dem die USA im Zweiten Weltkrieg einst die Atombombe schufen. Ein Gegengewicht zu Google müsse geschaffen werden, damit der Internetgigant allein nicht die wichtigste Technologie der Menschheit kontrolliert.
Und so wurde OpenAI geboren: Mit einer Milliarde Dollar, dessen Löwenanteil von Musk kam, und Sam Altman als Chef des Non-Profit-Startups. Doch aus den Freunden von damals sind nun erbitterte Feinde geworden. Weil die Suche nach der potentiell "gottähnlichen KI" immer mehr Geld verschlang, suchte Altman schon kurz nach der Gründung nach neuen Finanzquellen, holte Microsoft als Investor an Bord - und versucht nun aus OpenAI eine kommerzielle Firma zu machen.
Musk hat deshalb sein eigenes Konkurrenz-Startup gegründet, xAI. Und Altmans OpenAI Anfang vergangener Woche ein unaufgefordertes Übernahmeangebot für 97,4 Milliarden Dollar gemacht. Inzwischen bekriegen sie sich auf offener Bühne. "Nein Danke, aber wir kaufen Twitter für 9,74 Milliarden Dollar, wenn du willst", verspottete Altman die Offerte seines einstigen Förderers Musk. "Schwindler", antwortete der verächtlich.
Zehn Jahre, nachdem sie zusammen OpenAI gründeten, haben sich die beiden Männer, vorsichtig gesagt, auseinander gelebt. Doch die Rivalität der beiden Mega-Egos geht über den Kampf um das vielleicht wichtigste KI-Startup der Welt hinaus. Sie ringen längst um politischen Einfluss, um die Vormacht bei der Tech-Agenda der zweiten Trump-Administration. Das "Wall Street Journal" hat mit mehr als einem Dutzend Personen gesprochen, die ihre Beziehung über die Jahre beobachtet haben. Herausgekommen ist dabei das Bild zweier Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und sich persönlich inzwischen so spinnefeind sind, wie es in der Businesswelt nur selten vorkommt.
KI-Diktator gegen Mamas Liebling
Zum ersten Mal begegnet sind sie sich, als Altman noch Chef des Startup-Inkubators Y Combinator war und damit schon zu den mächtigsten Machern im Silicon Valley gehörte. Musk hat Altman also weder entdeckt noch groß gemacht. Aber jahrelang war er für den KI-Pionier so etwas wie ein Mentor, zu dem der aufstrebende Tech-Investor aufschaute, während er Investoren am laufenden Band für Firmen wie Dropbox, Stripe oder Airbnb um den Finger wickelte.
Die Beziehung begann so, wie viele solche Verhältnisse zwischen einem älteren Vorreiter wie Musk (53 Jahre) und einem jüngeren Protegé wie Altman (39 Jahre) anfangen: Altman besuchte damals Musks SpaceX-Raketenfabrik und war beeindruckt. Doch schon damals wurde klar, dass es in ihrer Persönlichkeit nicht viele Ähnlichkeiten gab. "Eines der wirklich besten Dinge, die meine Eltern für mich getan haben, war die ständige Bestätigung ihrer Liebe und des Glaubens, dass ich alles erreichen kann", hat Altmans Bruder Jack einmal geschrieben. Musk dagegen wurde als Kind wie seine Geschwister laut seiner Mutter von seinem Vater, einem südafrikanischen Minenbesitzer, geschlagen und beschimpft.
Schon kurz nach ihrem Kennenlernen wurde es hitzig zwischen Altman und Musk. Der Tesla-Boss verlangte, die Mehrheit an OpenAI und die Kontrolle an sich reißen - wie bei vielen seiner anderen Projekte wohl auch, um in der Öffentlichkeit als der große Macher hinter der Firma wahrgenommen zu werden. Doch Altman manövrierte Musk aus: Er sicherte sich die Unterstützung eines weiteren Mitgründers und des Technologiechefs von OpenAI, Ilya Sutskever. OpenAI sei gegründet worden "um eine Diktatur der Künstlichen Intelligenz zu verhindern", heißt es in einer Email der beiden Männer an Musk. Daher sei es "eine schlechte Idee, eine Struktur zu schaffen, wo du zu einem Diktator werden könntest, wenn du dich dafür entscheidest." 2018 übernahm Altman die alleinige Führung, und Musk war raus bei OpenAI.
Der reichste Mann der Welt hat diese persönliche Kränkung offenbar nie verwunden. Als OpenAI Ende 2022 ChatGPT an den Start brachte und künstliche Intelligenz damit über Nacht in den Mainstream katapultierte, begann Musk öffentlich an dem Startup herumzumeckern, sprach sich in einem offenen Brief sogar für eine sechsmonatige Ruhepause in der KI-Forschung aus. Und hat OpenAI inzwischen verklagt. Im Rückblick scheint es so, als hätte er es damit wohl eher auf seinen Erzfeind Altman abgesehen. Denn der versuchte da schon verzweifelt, Zugang zur Trump-Welt zu bekommen, in der Musk zum wichtigsten Berater des Republikaners aufgestiegen war.
Altman überrascht Musk
Um peinliche Begegnungen mit seinem Gegenspieler zu vermeiden, trafen sich Altmans Berater daher extra nicht in Mar-A-Lago mit Trumps Leuten, sondern an anderen Orten in Palm Beach, schreibt das "WSJ". Auch bei Trumps Amtseinführung war Altman dabei. Doch er setzte sich bewusst nicht in die Reihe der Tech-Milliardäre Mark Zuckerberg (Facebook-Gründer), Jeff Bezos (Amazon-Gründer) und Sundar Pichai (Google-Chef), die direkt neben Musk aufliefen. Er habe eine öffentliche Szene mit seinem Kontrahenten unbedingt verhindern wollen, soll Altman seinen Vertrauten erzählt haben.
Für den Erfolg ihrer Firmen kämpfen beide Männer nun um die gleiche Ressource: die Aufmerksamkeit und Unterstützung von US-Präsident Donald Trump. Und obwohl Elon Musk als "first buddy" des Präsidenten zu einer Art CEO mutiert ist, an den die Trump-Administration weite Teile des Regierungsgeschäfts ausgelagert hat, ist sein Erfolg längst nicht sicher. Gleich am Tag nach dem Machtwechsel zog er sogar den Kürzeren. Denn Altman arbeitet offenbar lieber im Stillen.
Obwohl Musk fast 300 Millionen Dollar in Trumps Wahlkampft gepumpt hat und ihm seit seinem Sieg kaum von der Seite gewichen ist, bekam er vom Coup seines Erzfeindes Altman nichts mit: Zusammen mit dem strahlenden Präsidenten verkündete Altman auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus die "Stargate"-Initiative: ein 500 Milliarden Dollar schweres Joint Venture zwischen Softbank, Oracle und OpenAI zum Bau von KI-Rechenzentren überall in den USA. Vom "größten KI-Infrastrukturprojekt der Geschichte", wie Trump schwärmte, erfuhr Musk laut "WSJ" aus dem Fernsehen. Wie schon bei ihren gemeinsamen Zeiten bei OpenAI hatte Altman hatte ihn erneut ausgetrickst.
Daran, dass seine Abneigung Abneigung gegen Musk persönlich ist, lässt Altman keinen Zweifel mehr: "Elon versucht alle möglichen Dinge seit langer Zeit. Das ist nur die neuste Episode", ätzte Altman im Interview mit Bloomberg gegen Musk Übernahmeversuch. Der Tesla-Chef versuche nur, OpenAI zu bremsen. "Wahrscheinlich sein gesamtes Leben führt er aus einer Position der Unsicherheit. Ich habe Mitleid mit dem Kerl. Ich glaube nicht, dass er ein glücklicher Mensch ist."
Quelle: ntv.de