Razzien bei Mautbetreiber Toll Collect soll Bund geprellt haben
10.05.2017, 15:45 Uhr
Das von Toll Collect aufgebaute System ist seit 2005 zuständig für die Erhebung der Lkw-Maut.
(Foto: picture alliance / Soeren Stache)
Manager des Mautbetreibers Toll Collect sollen betrügerisch abgerechnet haben. Der Staat könnte dem Unternehmen Millionen Euro zu viel überwiesen haben. Fahnder durchsuchen die Büros des Unternehmens. Dessen Vertragsverlängerung wackelt.
Polizei und Staatsanwaltschaft haben die Zentrale des Mautbetreibers Toll Collect in Berlin durchsucht. Mehrere "Verantwortliche des Unternehmens" stünden unter Betrugsverdacht, teilt die Staatsanwaltschaft mit. Manager sollen dem Bund überhöhte Kosten vorgegaukelt und das zuviel gezahlte Geld in die eigene Tasche gelenkt haben. Dies könnte seit 2012 der Fall gewesen sein, als die Lkw-Maut auf einige Bundesstraßen ausgeweitet wurde. In den Folgejahren habe der Bund deshalb zu viel Geld an Toll Collect überwiesen.
"Der mutmaßlich entstandene Schaden wird gegenwärtig noch ermittelt", erklärte die Staatsanwaltschaft. "Er dürfte mehrere Millionen Euro betragen." Toll Collect bestätigte die Razzia durch 15 Polizeibeamte und zwei Staatsanwälte. "Wir unterstützen die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen", sagte eine Sprecherin. "Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu einem laufenden Verfahren nicht weiter äußern."
Das 2002 als Gemeinschaftsunternehmen von Deutscher Telekom und Daimler gegründete Unternehmen beschäftigt rund 600 Mitarbeiter. Die Staatsanwaltschaft wurde aktiv, nachdem ein ehemaliger Mitarbeiter von Toll Collect Strafanzeige erstattet hatte. Dem "Spiegel" zufolge haben die Ermittler zwei Toll-Collect-Manager und einen ehemaligen Mitarbeiter im Visier.
Hofreiter fordert Ende der Partnerschaft
Das von Toll Collect aufgebaute System ist seit 2005 zuständig für die Erhebung der Lkw-Maut auf den Autobahnen und auf 2300 Kilometern Bundesstraße. 2016 nahm der Staat darüber 4,6 Milliarden Euro ein. Die Betreibervergütung liegt bei rund 500 Millionen Euro. Künftig soll auch auf dem kompletten, 39.000 Kilometer langen Netz der Bundesstraßen Lkw-Maut erhoben werden. Das soll weitere zwei Milliarden Euro pro Jahr einbringen. Der Vertrag mit Toll Collect läuft noch bis August 2018.
Der Grünen Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Anton Hofreiter, forderte Konsequenzen. "Der aktuelle Verdacht auf Abrechnungsbetrug verwundert überhaupt nicht", erklärte Hofreiter. Verkehrsminister Alexander Dobrindt arbeite "wie ein Schutzpatron der Intransparenz". Hofreiter forderte: "Diese öffentliche private Partnerschaft darf nicht länger auf Kosten des Staates und der Steuerzahler fortgeführt werden."
Der Bund hat das Lkw-Maut-System für Autobahnen und Bundesstraßen europaweit neu ausgeschrieben. Damit können sich Unternehmen bewerben, um die Maut auf den Autobahnen und Bundesstraßen zu kontrollieren und zu kassieren. Den Ausschreibungsbedingungen zufolge wird der neue Kontrakt dann zwölf Jahre laufen, also bis Ende August 2030. Zudem gibt es eine einmalige Verlängerungsoption um drei Jahre.
Quelle: ntv.de, shu/dpa/rts