"Glaubt den Zahlen nicht" Trump setzt auf alternative Statistiken
 22.02.2017, 15:16 Uhr
					       
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		                      Donald Trump
(Foto: REUTERS)
Der US-Regierung ist das Handelsdefizit offenbar nicht groß genug. Mit Hilfe einer neuen Berechnungsmethode könnte es aufgebläht werden, um dem Präsidenten Argumentationshilfe zu liefern.
Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst frisiert hast. Das ist offenbar das Motto von Donald Trump, wenn es um wirtschaftliche Daten geht. Der US-Präsident, der einen eher laxen Umgang mit der Wahrheit pflegt und kritische Berichte gerne als "Fake News" abbügelt, könnte nun dafür sorgen, dass das Weiße Haus auch in Sachen ökonomische Statistiken künftig alternative Fakten präsentiert.
Das geht zumindest aus einem Bericht des "Wall Street Journal" hervor. Demnach denkt die US-Regierung darüber nach, das Handelsdefizit anders zu berechnen als bisher - und es damit größer erscheinen zu lassen. Warum? Weil das in das Narrativ von Trump passt. Er wirft seinen Vorgängern vor, bei Handelsverträgen dem Ausland viel zu weit entgegengekommen zu sein und die heimische Wirtschaft nicht ausreichend geschützt zu haben. Ein größeres Handelsdefizit als bisher würde diese Behauptung untermauern und als Argumentationshilfe dienen, um Maßnahmen gegen Handelspartner wie China oder Mexiko zu ergreifen.
Aufgebläht werden soll das US-Handelsdefizit dem "WSJ" zufolge, indem die so genannten Re-Exporte aus der Statistik verschwinden. Ein Beispiel: Eine Kaufhauskette importiert Hemden für 100 Millionen Dollar aus China in die USA. Die Hälfte davon wird in den USA verkauft, die andere geht in die Läden in Kanada. Bisher wäre das ein Import in Höhe von 100 Millionen Dollar, ein Re-Export in Höhe von 50 Millionen und damit ein Defizit von 50 Millionen Dollar. Nach der möglichen neuen Berechnungsmethode ergäbe sich ein doppelt so hohes Defizit von 100 Millionen Dollar.
Im vergangenen Jahr lag das US-Handelsdefizit bei mehr als 500 Milliarden Dollar. Für Trump ist das ein Zeichen von Schwäche. Er betrachtet Handel nicht als etwas, von dem beide Seiten profitieren. Er sieht darin einen Wettstreit - daher seine Ablehnung von Freihandel und seine Sympathie für Handelsprotektionismus.
Einen Monat nach Amtsantritt hat Trump noch keinen Ökonomen in den traditionellen Wirtschaftsrat berufen, der den Präsidenten in ökonomischen Fragen berät. Das Gremium wurde 1946 gegründet und hat die Aufgabe, dem Weißen Haus objektive ökonomische Analysen zu liefern. In ihm saßen bekannte Ökonomen wie Ben Bernanke, Paul Krugman, Alan Greenspan oder James Tobin.
Trump setzt stattdessen auf Peter Navarro, der den neu gegründeten Handelsrat im Weißen Haus führt. Der Ökonom ist ein ausgewiesener Kritiker von Chinas Handelspolitik und hatte Trump bereits während des Wahlkampfes beraten. Navarros Bücher tragen Titel wie "Tod durch China". Er ist davon überzeugt, dass sich die USA in einem Wirtschaftskrieg mit der Volksrepublik befinden und fordert, dass die US-Regierung deshalb eine harte Haltung gegenüber der Volksrepublik einnehmen müsse.
Zweifel an Arbeitslosenquote
Die mögliche Neuberechnung des Handelsdefizits trägt zu Befürchtungen bei, die US-Regierung könnte künftig Statistiken in ihrem Sinne verändern. So hatte Trump im Wahlkampf immer wieder die offizielle Arbeitslosenquote angezweifelt, die derzeit bei 4,8 Prozent liegt. "Glaubt nicht diesen gefälschten Zahlen", sagte er beispielsweise Anfang vergangenen Jahres vor jubelnden Anhängern. "Sie liegt wahrscheinlich bei 28, 29 oder 35 Prozent. Ich habe neulich sogar von 42 Prozent gehört."
Wahrscheinlich kam Trump auf diese hohe Zahl auf folgende Weise: Im Januar 2016 - zur Zeit der Trump-Rede - hatten in den USA 59,6 Prozent der über 15-Jährigen einen Job. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 40,4 Prozent keinen hatten. Selbstverständlich kann man die Arbeitslosenquote so berechnen - dann fallen darunter beispielsweise Rentner und Studenten. Auch Eltern, die freiwillig zu Hause bleiben, etwa weil sie ein Kind großziehen, sind dann arbeitslos.
Nicht nur Trump zieht die Aussagekraft der US-Arbeitslosenquote in Zweifel. Der neue Finanzminister Steven Mnuchin sieht das ähnlich. "Die Arbeitslosenquote entspricht nicht der Wahrheit", sagte er bei der Anhörung im Senat. Das ist auch deshalb problematisch, weil das Bureau of Labor Statistics offiziell sechs verschiedene Quoten berechnet und dabei unterschiedliche Methoden anwendet. Die in der Regel von Medien zitierte ist eine von ihnen.
Derweil zeichnet Trump ein düsteres Bild von den USA: Kriminalität auf Rekordniveau, massenhafte Armut, immense Arbeitslosigkeit. Das entspricht zwar nicht den Statistiken. Doch schließlich hat Trump angekündigt, Amerika wieder groß zu machen. Das kann ihm nur dann gelingen, wenn es klein ist.
Quelle: ntv.de
 
		                             
		                             
		                             
		                             
		                             
		                            