Übernahmen und Eigenproduktion Warum Saudis Milliarden in Videospiele pumpen
15.04.2023, 14:07 Uhr Artikel anhören
Spektakel beim E-Sport-Turnier Gamers8 in Riad - Saudi-Arabien würde gerne selbst Videospiele produzieren.
(Foto: Gamers8)
Mit Videospielen befasst sich Saudi-Arabien seit einigen Jahren, denn das Interesse im eigenen Land ist groß. Die Investitionen in den E-Sport scheinen aber nicht den gewünschten Effekt zu haben. Eigene Spiele sollen her. Das Know-how wird schlichtweg eingekauft.
In Saudi-Arabien fließt das Öl und damit auch das große Geld. Die Milliardengewinne werden genutzt, um das Land zu vermarkten und Einfluss zu gewinnen. Über den Saudischen Staatsfonds (PIF) werden Fußballklubs gekauft, Werbung in der Formel 1 gemacht und Golfturniere finanziert. Das Geld aus der Ölindustrie soll aber auch dafür eingesetzt werden, die eigene Wirtschaft breiter aufzustellen.
In den E-Sport hat der Wüstenstaat bereits mehrere Milliarden gesteckt. Die Übernahme des Turnierplattform ESL durch die zum Staatsfonds gehörende Savvy Gaming Group (SGG) für rund eine Milliarde Dollar ließ im vergangenen Jahr aufhorchen. Seitdem veranstaltet Saudi-Arabien in Riad jährlich ein E-Sport-Festival, bei dem es um 45 Millionen Dollar Preisgeld geht.
Große Show, kleiner Ertrag
Der Showeffekt ist riesig, der Ertrag aus den E-Sport-Investitionen allerdings überschaubar. Zwar schauen sich Millionen Menschen die virtuellen Duelle der Zocker an, geben aber relativ wenig Geld dafür aus. Die Veranstalter machen ihr Geld mit Lizenzen und Werbedeals, ein Pay-per-View-Modell wie beim Boxen etwa hat sich bislang nicht durchgesetzt. Und auch an den kompetitiven Games wie Fortnite oder Rocket League verdient weder Saudi-Arabien noch die ein Veranstalter wie die ESL. In der Regel sind die Spiele gratis zu haben, die IP (Intellectual Property) dahinter, die Marke also, gehört den Entwicklern und Publishern, die ihrerseits vorwiegend Geld mit In-Game-Käufen machen.
Entsprechend will Saudi-Arabien einen eigenen Videospielstandort im Land schaffen. Einem "Bloomberg"-Bericht zufolge stehen dafür 38 Milliarden Dollar zur Verfügung - eine enorme Summe, wenn man bedenkt, dass die Branche im letzten Jahr mehr als 180 Milliarden Dollar umgesetzt hat. 13 Milliarden sollen für Übernahmen von Spieleentwicklern bereitstehen. Anteile an Branchengrößen hält der PIF bereits. Mit 8,3 Prozent ist Savvy bei Nintendo beteiligt und damit der größte Aktionär des japanischen Videospielriesen. Dazu ist die SGG an Activision Blizzard und Tencent beteiligt.
Mit der angekündigten Übernahme von Scopely Games sind vom Budget bereits 4,9 Milliarden Dollar verplant. Den Deal müssen die Kartellbehörden allerdings noch genehmigen. Der Mobile-Games-Entwickler steckt hinter Spielen wie "The Walking Dead: Road to Survival", "Star Trek Fleet Command" oder "Marvel Strike Force". Alle populäre und kostenlose Handyspiele, die mit Werbung und In-Game-Käufen arbeiten. "Scopely hat sich als außergewöhnlicher Marktführer erwiesen und wird auch in den kommenden Jahren die Zukunft der Spiele revolutionieren", prognostiziert Brian Ward, Geschäftsführer der Savvy Games Group, anlässlich der Übernahme.
Bislang nur ein kleines Studio in Riad
Dem Pressestatement zufolge soll das Unternehmen mit rund 2000 Mitarbeitern auch weiterhin seinen Sitz in Kalifornien haben. Also kein Umzug nach Riad - aber was verspricht sich Savvy von der Akquisition? Vor allem: Know-how. Von Scopely verspricht sich SGG einen Lerneffekt für die Entwicklung eigener Spiele im Land. Scopely sind Spezialisten darin, eine Community hinter den Spieletiteln zu schaffen und diese bei Laune zu halten. Ohne Community würde ein Free-to-Play-Spiel auch kaum etwas abwerfen. Es ist für Savvy also ein wichtiger Schritt zu verstehen, was Gamer begeistert und wie man dauerhaft aus eigenen Marken Kapital schlägt.
Das Interesse an Videospielen in Saudi-Arabien ist zumindest schon mal da. Nach Angaben der Analysten von Niko Partners gibt es in Saudi-Arabien etwa 21 Millionen Spieler. Das sind etwa 58 Prozent der Bevölkerung, verglichen mit 66 Prozent in den USA. Von den großen Entwicklern will lernen, wie man den heimischen Markt versorgt. "Wir möchten diese Investitionen nutzen, um mit diesen Unternehmen zusammenzuarbeiten und zu fragen, wie wir bei der Veröffentlichung im Nahen Osten zusammenarbeiten können, ihr E-Sports-Geschäft betreiben oder gemeinsam neue IP entwickeln", sagte Ward gegenüber "Bloomberg".
Ein eigenes Entwicklerstudio hat Savvy bereits gebaut, allerdings ist das Studio mit 45 Mitarbeitern noch überschaubar. Es wurde etwa einem Jahr gegründet und plant, zunächst ein Handyspiel und dann ein Konsolenspiel zu entwickeln. Obwohl Ward hofft, dass es sich zu einem Top-Studio entwickeln wird, gibt er zu, dass es sehr schwierig ist, ein Spielestudio von Grund auf aufzubauen. Bis das erste große Videospiel aus Saudi-Arabien den Markt erobert, wird es noch also etwas dauern.
Quelle: ntv.de