Preisdruck bei Medikamenten Welcher Pharmariese schluckt Trumps bittere Pille als Nächstes?
11.10.2025, 17:02 Uhr Artikel anhören
Die Pharmaindustrie spielt in den USA die bedeutendste Rolle bei der Frage, wie viel ein Medikament kostet - der staatliche Einfluss ist begrenzt.
(Foto: imago images/YAY Images)
Nach einem ersten erfolglosen Anlauf erzielt US-Präsident Trump einen Sieg im Kampf gegen teure Medikamente. Pfizer senkt seine Preise und investiert in den USA. Im Gegenzug sichert sich der Konzern einen Aufschub bei drohenden Zöllen. Weitere Konzerne dürften folgen.
In seiner ersten Amtszeit hat Donald Trump noch ohne Erfolg versucht, die Arzneimittelpreise zu drücken. Inzwischen kann der US-Präsident einen ersten Triumph vermelden: Ende September kündigte er eine Vereinbarung mit dem Pharmakonzern Pfizer über niedrigere Preise für mehrere Medikamente in den USA an. Zugleich will das Weiße Haus eine Direktvertriebsplattform für Patienten starten. Über die neue Website namens "TrumpRx" sollen Amerikaner Medikamente direkt kaufen können.
Der US-Präsident sieht sein Land wegen hoher Preise benachteiligt. In den USA gibt es keine zentrale staatliche Preisregulierung, die für alle Arzneimittel greift. Die Pharmaindustrie spielt die bedeutendste Rolle bei der Frage, wie viel ein Medikament kostet - der staatliche Einfluss ist begrenzt. Das führt zu teilweise enorm hohen Preisen - im internationalen Vergleich sind viele Medikamente in den USA deutlich teurer.
"Wir werden die Arzneimittelpreise um 100 Prozent, in einigen Fällen sogar um 300 Prozent oder mehr senken", sagte Trump bei der Vorstellung des Deals im Weißen Haus. Irritierend: Die Senkung eines Preises um mehr als 100 Prozent ist nicht möglich, weil der Preis dann schon auf Null gesunken ist. Thomas Vorlicky, Geschäftsführer beim Healthcare-Investmentmanager Medical Strategy, hält darüber hinaus drastische Preissenkungen generell für fragwürdig, da sie zukünftige Innovationen bei der Medikamentenentwicklung gefährdeten.
Bestimmte Medikamente 85 Prozent billiger
Während eine gezielte Preislogik seiner Einschätzung zufolge verkraftbar wäre, dämpfen extreme systemweite Preisreduktionen zusätzlich noch Innovation. Laut dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller sinkt bei fallenden Erträgen auch immer das Finanzierungsvolumen für Innovation. Gestrichen würden zuerst weniger rentable Geschäftsbereiche und risikoreiche Innovationsaktivitäten, die aber für medizinische Durchbrüche dringend benötigt werden.
Trumps Ziel ist es, Medikamentenpreise an die niedrigsten Tarife zu koppeln, die in anderen wohlhabenden Ländern für die gleichen Arzneimittel gezahlt werden. Bereits im Sommer hatte der US-Präsident Schreiben an 17 Hersteller geschickt, in denen er Preissenkungen nach diesem Prinzip verlangte. Der Präsident hatte zusätzlich angekündigt, ab dem 1. Oktober 100-prozentige Zölle auf Importe von patentierten oder Markenarzneimitteln zu erheben. Pharmahersteller, die in den USA eine Produktionsstätte bauen, könnten den Zoll umgehen. Pharmakonzernen bleiben somit nur zwei Optionen: Entweder sie machen mit Trump einen Deal oder sie müssen mit drastischen Einnahmeverlusten rechnen.
Mit Pfizer hat sich jetzt der erste Konzern auf eine solche Vereinbarung eingelassen. Konkret erklärt sich der US-Pharmariese bereit, bestimmte Preise um 50 bis 85 Prozent zu senken. Im Gegenzug erhält das Unternehmen eine dreijährige Schonfrist für Arzneimittelzölle auf Importe, sofern es in seine Produktion in den USA investiert. Und auch dazu hat sich der Konzern verpflichtet: Pfizer plant mehr als 70 Milliarden Dollar in Forschung, Entwicklung und die heimische Produktion zu stecken. Selbst wenn sich infolgedessen jetzt immer mehr Unternehmen bereit erklären, in den USA zu investieren - Trump muss Geduld mitbringen: Dem Branchenverband PhRMA zufolge dauert der Bau einer neuen Produktionsanlage in den USA ungefähr fünf bis zehn Jahre.
Vorlicky bezeichnet die Vereinbarung mit Pfizer als einen geschickten Deal für beide Seiten. "Während Trump positive Schlagzeilen bekommt, vermeidet Pfizer die Implementierung von Worst-Case-Szenarien bei Preissenkungen und Zöllen."Das Unternehmen bleibt durch den Deal nicht nur für drei Jahre von Einfuhrzöllen verschont.
Details bislang vage
Die Vereinbarung ist für Pfizer auch deswegen attraktiv, weil die vereinbarte Preissenkung nicht alle Medikamente umfasst und die sogenannte Meistbegünstigungsklausel nur für Präparate greift, die über Medicaid, die staatliche Versicherung für Menschen mit geringem Einkommen, vertrieben werden. Diese Meistbegünstigungspolitik zwingt Arzneimittelhersteller dazu, US-Patienten den niedrigsten Preis anzubieten, den sie in den G7-Ländern, der Schweiz und den Niederlanden verlangen.
Analysten gehen laut einem Bericht in der "Financial Times" davon aus, dass die Medicaid-Rabatte fünf Prozent des US-Umsatzes von Pfizer ausmachen werden. Ihrer Einschätzung zufolge spielt der Deal für den Pharma-Riesen keine wesentliche Rolle. In einigen Fällen liegen die Medicaid-Preise von Pfizer bereits jetzt unter den in anderen Ländern geltenden Preisen.
Noch sind die Details vage. Der Deal dürfte trotzdem schon bald Schule machen. Vorlick geht davon aus, dass weitere Unternehmen dem Beispiel von Pfizer folgen werden. "Es laufen bereits fortgeschrittene Verhandlungen mit anderen Big-Pharma-Unternehmen. Es wird definitiv zeitnah weitere vergleichbare Deals geben." Trump zufolge sollte der nächste Deal nicht allzu lange auf sich warten lassen. Schon bald könnte demnach Eli Lilly eine ähnliche Vereinbarung bekanntgeben.
Quelle: ntv.de, mit dpa/rts