Von 0 auf 100 Millionen Wie Container die Welt eroberten
28.12.2021, 15:40 Uhr
Stahlkolosse bis hoch hinaus: Viele Container sind auf eine Stapelhöhe von neun und mehr vollen Behältern ausgelegt.
(Foto: picture alliance / Yu Fangping / Costfoto)
Als vor über 40 Jahren die ersten Frachter mit bunten, hoch gestapelten Stahlboxen auf Reisen gehen, nimmt diese Art des Transports kaum einer ernst. Heute sind Container aus dem Welthandel nicht mehr wegzudenken. Kaum einer kann sich noch vorstellen, wie es ohne ging.
Als im Jahr 1966 die ersten mit Containern beladenen Schiffe in Deutschland festmachen, ist das eine Revolution - allerdings eine, die anfangs kaum jemand ernst nimmt. Rückblickend gibt es kaum eine Entwicklung, die den weltweiten Handel so sehr verändert hat, wie diese standardisierten Stahlboxen.
Aber wie funktionierte der Handel davor? Bevor Seefahrer und Reeder dazu übergingen, ihre Waren in diesen sicheren Boxen zu verwahren, um sie über die Weltmeere zu schippern, schufteten in den Häfen der Welt Heerscharen von Schauerleuten, die alles, was in den Lagerräumen von Schiffen verstaut werden sollte, einzeln an Bord hieven mussten. Schwere Gegenstände konnten sie immerhin mit Hilfe von Winden verladen.
Es war eine mühsame Arbeit. Aber auch eine, die viele Menschen in Lohn und Brot brachte. Kein Wunder, dass nicht wenige den neuen Stahlkisten mit Skepsis, Angst oder sogar Wut begegneten. Mit einem Schiff, das 5000 Tonnen Ladung fasste, waren 60 Mann mehr eine Woche lang beschäftigt.
Das änderte sich, als der US-amerikanische Reeder und Transportunternehmer Malcom McLean am 26. April 1956 die ersten 58 Stahlkisten auf einen Frachter lud. Die Ideal X war ein umgebauter Tanker der US-Marine, den er erstanden hatte, es war das erste seiner Containerschiffe. Es startete vom Hafen in Newark (New Jersey) mit dem Ziel Houston in Texas.
Statt Muskeln ist heute Köpfchen gefragt
Zwölf Jahre später, 1968, lief das erste Schiff, das ausschließlich mit Containern beladen war, den Hamburger Hafen an. Dieser war damals noch gar nicht auf solche Stahlkolosse vorbereitet. Bis die "American Lancer" anlegen konnte, musste sie zehn Meter vor der Kaimauer warten, bis mit der Flut ausreichend Wasser unterm Kiel war. Die Angst vieler Hamburger damals: Der Hafen könnte sich aus der Stadt verlagern und die Schiffe bereits an der Nordseeküste entladen werden.
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Dass sich die Sorge der Schauerleute, überflüssig zu werden, nicht bestätigt hat, zeigt der Blick an die Häfen heute. Nur wenige Arbeiter mussten entlassen werden, stattdessen wurden sie umgeschult. Wo früher Muskelkraft gebraucht wurde, ist mit der neuen Container-Technik nun Köpfchen gefragt. Aus den Häfen wurden moderne High-Tech-Terminals, in denen heute mit Tausenden Containern beladene Schiffe, innerhalb von Stunden be- und entladen werden können.
In den Anfangszeiten des Containers war man zunächst davon ausgegangen, dass nur gut 60 Prozent aller Waren in diesen Boxen transportiert werden könnten. Schon bald wusste man es besser. Heute wird fast alles in Containern verpackt, die Technik macht es möglich: Container sind relativ einfach auf Schiffen oder in Häfen zu stapeln, sie sparen Platz und außerdem ist der Transport sehr viel sicherer als der auf den alten Stückgutfrachtern, die früher über die Weltmeere fuhren.
Heute sind mehr als 100 Millionen Container zu jeder Zeit auf der ganzen Welt unterwegs. Nicht nur auf Schiffen, sondern auch auf Zügen, Lastwagen oder in Flugzeugen. Die Stahlkiste ist überall – jede hat eine Nummer, mit der sie auf der ganzen Welt zu orten und ihr Weg von A nach B genauestens nachzuvollziehen ist. Der Container, den viele anfangs nicht im Hafen haben wollten, hat innerhalb eines halben Jahrhunderts die ganze Welt erobert.
Die Containerschifffahrt heute in Zahlen:
- 25 Millionen Container sind zu jeder Zeit auf den Weltmeeren unterwegs.
- 12,8 Tage warten Containerschiffe derzeit im Schnitt vor Los Angeles, damit ihre Ladung gelöscht wird. Im April waren es acht Tage.
- 17.377 Dollar kostete im November laut Freightos.com der Versand von Waren in einem 40-Fuß-Schiffscontainer von China an die US-Westküste. Der Preis hat sich im Vergleich zu vor der Pandemie verzehnfacht.
Der Artikel erschien zuerst bei Capital +. Aktualisiert am 7. Dezember 2021.
Quelle: ntv.de