Wirtschaft

Nur mickrige Rendite Wie sich die Harvard-Universität verzockt hat

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Unter den Top-Hochschulen in den USA belegt Harvard in punkto Investmenterfolg nur noch den vorletzten Platz.

Unter den Top-Hochschulen in den USA belegt Harvard in punkto Investmenterfolg nur noch den vorletzten Platz.

(Foto: IMAGO/Depositphotos)

Einst fährt die reichste Hochschule der Welt legendäre Investmenterfolge ein. Doch inzwischen ist die Elite-Uni in Sachen Geldanlage Schlusslicht. Denn andere Ivy-League-Schulen haben Investments, von denen normale Anleger nur träumen können.

Grundsätzlich muss man sich um die Harvard-Universität sicher keine Sorgen machen: Mit einem Vermögen von über 50 Milliarden Dollar ist sie immer noch die reichste Hochschule der Welt. Das riesige Vermögen ist der Grundstock, mit dem die Elite-Uni immer noch ihren Spitzenrang bei Forschung und Lehre mitfinanziert. Doch in Sachen Geldanlage ist die vielleicht berühmteste Universität der Welt längst nicht mehr die erste Adresse.

Unter den Top-Hochschulen in den USA belegt Harvard in punkto Investmenterfolg nur noch den vorletzten Platz: Über die vergangenen 20 Jahren hat der Stiftungsfonds, in dem die Uni ihr Geld bunkert, nur noch 8,8 Prozent Rendite pro Jahr abgeworfen, wie die Finanzagentur "Bloomberg" berichtet. Damit liegt Harvard auf Rang sieben unter den acht Elite-Unis der sogenannten Ivy League. Nur Cornell fuhr mit knapp über 8 Prozent noch weniger ein.

Von solchen Renditen über zwei Jahrzehnte können viele andere Fonds auf Dauer zwar nur träumen. Doch gemessen an Harvards historischer Performance und dem eigenen Anspruch ist das Ergebnis enttäuschend. Die Geldmanager der Universität haben zwar jahrelang gut verdient, aber mit einem häufigen Personalwechseln und schlechtem Timing ihren finanziellen Erfolg geschmälert. Längst drohen daher nun andere Hochschulen Harvard den Rang abzulaufen.

Hedgefonds-Trader in Diensten der Wissenschaft

Jahrelang lag das Erfolgsgeheimnis der Elite-Uni darin, nicht nur wissenschaftlich, sondern auch finanziell Weltspitze zu sein. Von ihren Büros am Hafen von Boston aus verwaltete die Harvard Management Company (HMC) das gigantische Stiftungsvermögen und wurde dabei zu einer der besten Investmentfirmen der Welt. Das lag vor allem daran, dass die langfristige Anlagestrategie der Uni auch fast 20 Jahre lang in den Händen nur eines Mannes ruhte. Ron Daniel, ein ehemaliger McKinsey-Berater, machte die Harvard-Stiftung zu einer Art eigenem Hedgefonds - und vervierfachte bis 2004 ihr Geld.

Von diesem Erfolg ist Harvard heute weit entfernt. Inzwischen sind auf 20 Jahre gesehen selbst 60 Prozent aller Uni-Geldverwalter besser als die reichste Uni der Welt. Und auf 10-Jahres-Sicht sogar 80 Prozent aller Vermögensmanager an US-Universitäten. Das liegt zum einen daran, dass sich nach Daniels Tod das Personalkarussell immer schneller drehte: Sieben verschiedene Chefs, darunter zwischenzeitlich auch der Boss des Anleihe-Riesen Pimco, Mohammed El-Erian, gaben sich in Harvard die Klinke in die Hand. Rund 800 Millionen Dollar zahlte Harvard ihnen in den letzten 20 Jahren.

Zudem kamen immer mehr Mitarbeiter: Hunderte Trader schoben das Kapital der Uni immer wieder hin und her, um die Rendite zu pushen. Doch mit vielen Investments hatten sie kein sonderlich glückliches Händchen. Viele Trends verschliefen sie oder sprangen zu spät auf: In der Finanzkrise verbuchte Harvard den größten Verlust in der gesamten Ivy League. Doch die anschließende Aktienrally verpassten die Geldmanager weitgehend. Sein Engagement in fossile Brennstoffe reduzierte Harvard und stieg in alternative Investments wie den Holzabbau in Brasilien ein. Auch wenn diese Anlagen die Performance kurzfristig verbesserten: Konkurrenten wie Yale legten die Verwaltung ihres Vermögens dagegen schon früh in die Hände externer Private-Equity-Manager und Hedgefonds - und fuhren damit auf lange Sicht besser.

Ein Ölfeld mit angeschlossenen Hörsälen

Um den PR-Schaden zu begrenzen, weist Harvard inzwischen nicht einmal mehr gesondert aus, wie sich die einzelnen Segmente der Investments und die Fonds entwickelt haben, in die die Hochschule ihr Geld steckt. Die Konkurrenz hat es da deutlich besser. Und ist im Begriff, Harvard vom Thron zu stoßen: Mit inzwischen rund 45 Milliarden Dollar Stiftungsvermögen ist die University of Texas (UT) auf dem besten Weg, zur reichsten Uni der Welt aufzusteigen.

Denn während Harvard seine Investments in die Öl- und Gasindustrie zurückgefahren hat, sind sie für die UT der finanzielle Regenmacher schlechthin. Im Westen von Texas gehören der Universität gigantische 8500 Quadratkilometer Land - eine Fläche halb so groß wie Thüringen, mitten auf dem ergiebigsten und größten Ölfeld der USA. Der Ölpreisboom wurde deshalb in den letzten Jahren immer mehr zum Segen für die Studenten. 1923 verdiente die UT mit der Ausbeutung der Felder gerade mal etwas mehr als 500 Dollar Lizenzgebühren. Heute kassiert sie bis zu zwei Milliarden Dollar jährlich von hunderten Ölfirmen.

Faktisch ist die University of Texas daher längst ein Ölfeld mit angeschlossenen Hörsälen.
Durch die Petrodollars kann die Hochschule ähnlich kalkulieren wie ein kleiner Staatsfonds. Statt auf volatile Hedgefonds-Wetten setzen zu müssen, verfügt sie über verlässliche Einnahmen und damit einen Renditeschutz. Allerdings sind auch die Umweltprobleme die gleichen wie bei einem großen Ölkonzern: 300.000 Barrel täglich werden in Diensten der Wissenschaft gefördert und machen Texas dank der Abwässer im Untergrund zum Erdbeben-Zentrum der USA. Solange das schwarze Gold weiterfließt, dürfte die Universität zumindest finanziell so schnell nichts erschüttern.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen