Schwungvoller RichtungswechselWall Street schüttelt die Zoll-Ängste ab

An den US-Börsen verzeichnen Händler einen beeindruckenden Stimmungsumschwung: Die anfänglichen Verluste verwandeln sich im Lauf des Mittwochshandels in kräftige Kursgewinne. Die neuen Hoffnungsträger der Wall Street heißen Ross und Kudlow.
Die jüngsten Wendungen im Handelsstreit zwischen den USA und China hat die Wall Street zur Wochenmitte nur kurzzeitig belastet. Bis zum Abend konnten sich die drei großen Indizes von ihren kräftigen Verlusten aus dem frühen Handel erholen.
Der Dow-Jones-Index schloss 0,96 Prozent im Plus bei 24.264,30 Punkten. Im frühen Geschäft hatte der US-Leitindex mit seinen 30 Standardwerten noch mehr als zwei Prozent nachgegeben. Im Tagestief lag der Dow bei 23.523 Punkten, fast 750 Punkte unter dem Schlusskurs. Der breiter gefasste S&P-500 verabschiedete sich 1,16 Prozent im Plus bei 2644,69 Punkten in den Feierabend. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq zog ebenfalls kräftig erholt um 1,45 Prozent an auf 7042,11 Punkte.
"Der Markt reagiert bei den Nachrichten zum Handel über", kommentierte Michael Arone, Investment-Experte bei State Street Global Advisors in Boston, die Entwicklung. "Diese Zölle werden zunächst einmal nicht eingeführt. Das gibt beiden Seiten Zeit zum Verhandeln, was nach meiner Meinung auch die Strategie der USA und auch Chinas ist."
China hatte am Mittwoch Zölle auf US-Einfuhren angekündigt, die unter anderem auf Autos und Flugzeuge erhoben werden sollen. Damit reagierte die Regierung in Peking auf nur Stunden zuvor angekündigte neue US-Zölle. Die Entwicklung schürte zunächst akute Sorgen vor einem ausufernden Handelskrieg.
Ein Auslöser des Stimmungsumschwungs an der Wall Street steuerte US-Handelsminister Wilbur Ross bei, der trotz der aggressiven Töne damit rechnet, dass sich die USA und China letztlich auf ein Abkommen verständigen werden. Ähnlich äußerte sich Trumps neuer Handelsberater Larry Kudlow, der vor wenigen Tagen Gary Cohn im Amt nachfolgte. Kudlow erklärte, er halte es für möglich, dass die US-Strafzölle gegen China gar nicht erst in Kraft treten werden. Trump sei ein Anhänger des freien Handels und wolle das Problem so schmerzlos wie möglich lösen.
Portfoliomanager Thomas Martin von Globalt Investments sagte dazu: "Wenn die Leute ein wenig darüber nachdenken, erkennen sie, dass es noch nicht umgesetzt ist und es zudem nur einen kleinen Teil der Wirtschaft betrifft."
Vom US-Arbeitsmarkt kamen unterdessen positive Signale. Die US-Firmen stellten im März überraschend viel Personal ein. Insgesamt kamen 241.000 neue Stellen dazu, wie der Personaldienstleister ADP auf Basis seiner monatlichen Umfrage unter Privatfirmen mitteilte. Experten hatten lediglich 205.000 neue Jobs in der Privatwirtschaft erwartet. Ende der Woche legt die US-Regierung ihren großen Arbeitsmarktbericht für März vor. Der "Job Report" ist breiter angelegt als die ADP-Studie, da er neben den Jobs in der Privatwirtschaft auch staatliche Stellen umfasst.
Zu den Verlierern am Aktienmarkt zählten Boeing mit einem Abschlag von 1,01 Prozent auf 327,44 Dollar. Der Flugzeugbauer ist in den Handelsbeziehungen mit China der größte US-Exporteur. Peking will Vergeltungsstrafzölle von 25 Prozent - unter anderem - auf Sojabohnen, Flugzeuge und Flugzeugteile sowie Autos erheben. Die Aktien der beiden Automobilkonzern Ford und GM drehten nach einem schwachen Auftakt im Verlauf ebenfalls ins Plus.
Im Rampenlicht standen weiter die Technologiewerte: Die Aktien von Facebook gaben 0,6 Prozent nach. Konzernchef Mark Zuckerberg wird einem US-Ausschuss des Repräsentantenhauses am 11. April Rede und Antwort im Datenskandal rund um Cambridge Analytica stehen. Am Abend wurde zudem bekannt, dass von dem Skandal deutlich mehr Facebook-Nutzer betroffen sind als bislang bekannt.
Die Aktien des Börsenneulings Spotify verloren 2,4 Prozent auf 145,39 Dollar. Der Musikstreamingdienst aus Schweden hatte am Dienstag ein fulminantes Börsendebüt hingelegt, die Papiere kosteten zeitweise 169 Dollar. Der Referenzwert hatte 132 Dollar betragen.
Der Kurs des Baumaschinenherstellers Caterpillar, der ebenfalls unter dem Zollstreit leiden dürfte, blieb mit plus 0,1 Prozent deutlich hinter dem Gesamtmarkt zurück. Die Aktie des Landmaschinenherstellers Deere fiel um 2,9 Prozent. Tesla drehte trotz negativer Analystenkommentare ins Plus und rückten um 7,3 Prozent vor. Evercore ISI rät Anlegern bei der Tesla-Aktie zur Vorsicht und senkte das Kursziel von 307 Dollar auf 272 Dollar.