Frage & Antwort

Keine Chance für Mikroorganismen Gibt es Lebensmittel, die ewig haltbar sind?

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Bei Wein kann Alter durchaus ein Qualitätsmerkmal sein.

(Foto: imago images/Albert_K)

Zu Beginn der Corona-Krise griffen Verbraucher nach Produkten, die besonders lange haltbar sind. Diese werden häufig auf sehr ähnliche Weise konserviert. Doch irgendwann ist selbst das langlebigste Produkt nicht mehr genießbar. Oder etwa doch?

In Deutschland müssen alle Lebensmittel mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum versehen werden. Es definiert den Zeitpunkt, bis zu dem der Hersteller garantiert, dass das ungeöffnete Lebensmittel Eigenschaften wie Geruch, Geschmack und Nährwert behält - vorausgesetzt, es wird richtig gelagert. Aber gibt es eigentlich Lebensmittel, die gar kein derartiges Datum brauchen, weil sie für immer haltbar sind?

"Das kommt darauf an, wie die Lebensmittel gelagert werden", erklärt Tuba Esatbeyoglu, Professorin am Institut für Lebensmittelwissenschaft und Humanernährung an der Universität Hannover, ntv.de. Damit Lebensmittel nicht verderben, sollten sie so wenig wie möglich Wasser und Sauerstoff enthalten - ohne diese beiden Moleküle können praktisch keine Mikroorganismen überleben, so die Wissenschaftlerin. Aus diesem Grund werden Produkte häufig vakuumiert oder getrocknet.

Um Lebensmitteln Wasser zu entziehen, nutzen Metzgereien etwa die trocknenden Eigenschaften von Rauch. Dem Fleisch wird dabei bis zu 40 Prozent Wasser entzogen. Den gleichen Effekt kann man erzeugen, indem man Fleisch in Salz einlegt.

Viele Speisen können auch mit Hitze oder Kälte länger haltbar gemacht werden. Je heißer es ist, desto schwerer ist es für die Mikroorganismen, zu überleben. Das gleich gilt für sehr tiefe Temperaturen. So funktionieren auch Kühlschränke: Sie bieten Mikroorganismen möglichst ungemütliche Bedingungen.

Traditionelles Konservieren wieder beliebter

Doch Lebensmittel können auch durch chemische Zusätze vor dem Verderben geschützt werden. In der Europäischen Union sind derzeit 41 verschiedene Konservierungsmittel zugelassen. Auch diese hemmen das Mikroorganismen-Wachstum in der Nahrung. Der wichtigste Konservierungsstoff ist Sorbinsäure und ihre Salze, die zum Beispiel in Backwaren, Käse oder in Konfitüre verarbeitet werden. Diese Verbindung tötet Schimmelpilze und Hefen und hat dabei keinen Einfluss auf Farbe, Geruch und Geschmack.

"Im Zusammenhang mit dem Trend zu einer möglichst autarken Lebensweise ist auch die Fermentation wieder im Kommen", sagt Esatbeyoglu. Bei der traditionellen Konservierungsmethode wandeln Hefen, Bakterien oder Pilze den Zucker und die Stärke im Gemüse oder Obst um. Während dieses Prozesses entsteht beispielsweise Milchsäure, die das Lebensmittel vor Bakterien schützt - das Milieu wird den Schädlingen zu sauer. Der Vorgang gibt einem bekannten deutschen Gericht seinen Namen: dem Sauerkraut.

Neben all den klassischen Methoden zum nachhaltigen Aufbewahren von Lebensmitteln hat auch die Industrie sehr komplexe Verfahren entwickelt, Lebensmittel langlebiger zu machen. Beim Konservieren durch Hochdruckbehandlung werden die endverpackten Lebensmittel wie zum Beispiel Avocados oder Tiefkühlpizzen in einen Behälter mit Wasser gegeben und mehrere Minuten einem Druck von bis zu 6000 bar ausgesetzt - das entspricht in etwa dem Gewicht von drei Boeing 747, komprimiert auf ein Smartphone.

Das Wasser überträgt den Druck gleichmäßig im gesamten Behälter, wodurch sich die enorme Kraft von allen Seiten gleichmäßig auf das Lebensmittel überträgt. "Bakterien, Hefen oder Schimmelpilze werden dabei getötet, während Vitamine, Geschmacksstoffe und Proteine unbeschadet bleiben", beschreibt Peter Nünnerich, Mitarbeiter der Uhde High Pressure Technologies GmbH die Vorteile der Behandlung. Auch bei Fruchtsäften oder Fleischprodukten komme die Methode häufig zum Einsatz.

Lebensmittel, die 200 Jahre alt sind

Für andere Produkte braucht es hingegen keine teuren Hightech-Anlagen, um die Lebensdauer zu verlängern. In manchen Fällen benötigt man nur einen geeigneten Lagerort. Esatbeyoglu nennt ein bekanntes Beispiel: "Es gibt Lebensmittel, die über 200 Jahre alt sind. Zum Beispiel Wein, wobei die lange Lagerung die sensorischen Eigenschaften wie den Geruch oder den Geschmack positiv beeinflussen kann." Der bei der alkoholischen Gärung entstehende Alkohol tötet Fäulnisorganismen ab. Deshalb eignet sich hochprozentiger Alkohol gut zum Einlegen von Obst.

Wer dazu ein vergleichbar altes und bereits fertig gekochtes Essen genießen möchte, für den ist eine Mahlzeit aus der guten alten Konservendose eine Option. Die meist blechernen Dosen schützen das Gericht vor dem Eindringen von Sauerstoff und Mikroorganismen. Sofern die Konserven nicht rosten, zerknicken oder größere Druckstellen aufweisen, ist ihr Inhalt theoretisch mehrere Jahrzehnte essbar. Allerdings ändern sich meist Geruch, Geschmack und Konsistenz der Gerichte und auch die typischen Farben gehen über die Zeit verloren.

Doch gibt es auch Lebensmittel, die niemals schlecht werden und darüber hinaus auch noch ihre typischen Eigenschaften wie Geruch und Farbe behalten? "Reis, Nudeln und Mehl können praktisch endlos zum Kochen verwendet werden, solange sie sachgerecht gelagert werden", erklärt Esatbeyoglu und dabei bestätigt sie die Faustregel: Je geringer der Wassergehalt und die Luftfeuchtigkeit, desto schlechter können sich Mikroorganismen vermehren.

Übrigens: Es gibt auch ein Lebensmittel, das ohne Spezialverpackung nahezu unendlich haltbar ist: Honig. Der sehr hohe Zuckergehalt und schwache Säuren machen das Bienen-Produkt in jeder Vorratskammer unverzichtbar. In ägyptischen Pyramiden fand man über 3000 Jahre alten Honig, der mikrobiologisch noch in Ordnung war.

Quelle: ntv.de

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