Frage & Antwort

Dürre und Sonnenschein Können Glasscherben Waldbrände auslösen?

Nein, solche Glassplitter können keine Waldbrände auslösen.

Nein, solche Glassplitter können keine Waldbrände auslösen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Wenn der Boden trocken wie Zunder ist und die Sonne aus einem wolkenlosen Himmel herabsticht, warnen Behörden davor, dass Glasscherben jetzt ganz leicht Waldbrände auslösen könnten. Aber ist das tatsächlich so?

Die Waldbrandgefahr ist aktuell in vielen Regionen Deutschlands extrem hoch. In den vergangenen Wochen fiel fast kein Regen, die Böden und die abgestorbene Vegetation darauf sind trocken wie Zunder. Fast täglich gibt es Meldungen über neue Waldbrände und auch der in den nächsten Tagen erwartete Regen lindert die Gefahr nur regional und vorübergehend.

Wenn kein Blitz einschlägt, sind eigentlich immer Menschen schuld, wenn es im Wald brennt. Sie grillen, machen Lagerfeuer, schnippen Zigarettenkippen weg oder stellen ihr Auto mit glühend heißem Katalysator abseits der erlaubten Parkzonen ab. Und sehr oft warnen Behörden auch vor Glasscherben von achtlos weggeworfenen Flaschen, die wie ein Brennglas ein Feuer entfachen könnten. Aber stimmt das auch?

"Lustiger Aberglaube"

Wetterexperte Jörg Kachelmann kriegt einen dicken Hals, wenn er solche Warnungen sieht, vor allem, wenn sie von Feuerwehr oder Polizei kommen, die dies seiner Meinung nach besser wissen sollten. Oder, wie er schreibt, jemand sollte ihnen mitteilen, "dass Glasscherben ein lustiger deutscher Aberglaube ist, der im 21. Jahrhundert keinen Platz mehr hat".

Ob der streitbare Meteorologe mit allen Thesen richtig liegt, für die er sich ins Zeug legt, müssen Wissenschaftler unter sich ausmachen, beispielsweise ob Hitze Waldbrände verursachen oder begünstigen kann. Im Fall der Glasscherben hat Jörg Kachelmann aber wohl völlig recht. "Es ist nicht ausgeschlossen, aber die Wahrscheinlichkeit ist sehr, sehr gering", sagte Heinz Rudolph, Landesbranddirektor und Leiter der Landesfeuerwehrschule in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) der "Märkischen Allgemeinen". Ihm sei kein Waldbrand im Land Brandenburg in Erinnerung, der auf eine weggeworfene Flasche zurückging. Allerdings sei dergleichen vermutlich "in der Menschheitsgeschichte schon mal vorgekommen".

Eine Scherbe müsse "so geformt sein, dass sie Brennglaswirkung hat - das ist aber bei Flaschenböden und Flachglas nicht der Fall", so der Branddirektor. Außerdem müsste die Sonne genau im 90-Grad-Winkel in die Lupe fallen. Zudem wisse jeder, der schon einmal mithilfe einer Lupe Papier verbrannt hat, dass der Brennpunkt mehrere Zentimeter von der Linse entfernt liegt, so Rudolph.

DWD zündelt mit Flaschenböden

Weil man Aberglauben am besten mit klar belegten wissenschaftlichen Fakten entgegentritt, wertete der Deutsche Wetterdienst (DWD) 2007 existierende Studien und Versuche aus und führte zwischen April und Juli selbst Zündexperimente durch. Die Wissenschaftler setzten Fichten- und Kiefernnadeln, Buchenlaub, Drahtschmiele und Land-Reitgras in Aluminiumschalen den Lichtbündelungen von Scherben aus. Dabei fiel ihre Wahl auf farblose Flaschenböden, die durch ihre gewölbte Form am ehesten wie ein Brennglas wirken können. Braunes oder grünes Glas schied wegen mangelnder Lichtdurchlässigkeit schon bei den Vorversuchen aus.

Das Glas wurde an Halterungen so ausgerichtet, dass es zwischen 10 und 14 Uhr eine maximale Wirkung erzeugen konnten. Damit das Licht gebündelt im Brennpunkt auftritt, war ein Abstand von 20 bis 30 Zentimeter vom Streugut notwendig. Das sind Idealbedingungen, im Wald liegen die Glasscherben üblicherweise auf dem Boden. Doch auch unter diesen Voraussetzungen fing das Streugut kein Feuer.

Als Brandursache höchst unwahrscheinlich

Die höchste erreichte Temperatur mit dem Boden einer Ketchupflasche lag zwar kurzzeitig in einem kleinen Bereich bei 300 Grad, mehr als Schwarzfärbungen waren aber selbst dann nicht drin. Zum Vergleich erzeugten Lupen auf dem Streu Temperaturen von bis zu 1000 Grad. Wassergefüllte Glaszylinder oder -kugeln erreichten immerhin noch 500 Grad, was aber auch nicht zu einer Flammenbildung reichte.

Fazit: Dass Glasscherben von weggeworfenen Flaschen Waldbrände auslösen, ist so gut wie ausgeschlossen. Und Kachelmann hat recht, wenn er fordert, dass Feuerwehren oder die Polizei diese nicht mehr als mögliche Brandursache aufzählen sollten. Der Deutsche Feuerwehrverband hat die Glasscherben jedenfalls entsorgt und führt sie in seinen jüngsten Sicherheitstipps zum Vermeiden von Bränden in der trockenen Natur nicht mehr als mögliche Brandursache auf.

Quelle: ntv.de

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