Besser, schneller, stärker BMW S 1000 RR - Super-Bike neu aufgesetzt
22.03.2019, 18:02 Uhr
Ab 18.750 Euro ist die BMW S 1000 RR zu haben.
(Foto: Markus jahn)
Nach neun Jahren bringt BMW mit der S 1000 RR ein völlig neu entwickeltes Superbike auf den Markt. Vor allem die neue Elektronik sorgt dafür, dass die Granate mit 207 PS leicht zu beherrschen ist.
Über den Sinn oder Unsinn von 200 PS leistenden Motorrädern ist schon viel geschrieben worden. Doch nach wie vor gibt es die Nachfrage nach Superbikes, in Mitteleuropa als auch in den USA. Sogar in Schwellenländern wie Indien finden die PS-Monster ihre Kunden. Die interessanteste Formel für die Fans ist die Formel "200 PS bei 200 Kilo". Seit 2009 dominiert BMW dieses Segment.

Die S 1000 RR ist vorrangig für die Rennstrecke konzipiert. Da ist sie dann aber auch wirklich zu Hause.
(Foto: Markus Jahn)
Mit der neuen S 1000 RR, die mit dem Vormodell nur den Namen und die Hubraumgröße gemeinsam hat, setzen die Bayern jetzt noch eins drauf. Die Leistung steigt auf 207 PS, dafür liegt das Gewicht mit 197 Kilogramm sogar noch etwas unterhalb des Fan-Zielwertes. Wer 3500 Euro für das "M-Paket" drauflegt, spart weitere 3,5 Kilogramm, vor allem dank der leichten Karbonräder. In Summe ist dieses primär für die Rennstrecke konzipierte Superbike ab 18.750 Euro ist zu haben. Inklusive Blinkern, Seitenständer und Kennzeichenträger sowie EU4-Homologation.
"Runter mit der völlig übertriebenen Leistung, dann braucht’s die elektronischen Fahrhilfen nicht!" Diese Stammtisch-Meinung ist immer wieder zu hören. Wer freilich auf der Rennstrecke in Estoril die Chance hat, die neue BMW S 1000 RR zu fahren, sieht das anders. Trotz teils feuchter, teils auch richtig nasser Straße blieben alle aufmerksam fahrenden Piloten nicht nur im Sattel, sondern waren auch richtig schnell. Dabei sahen sie im TFT-Cockpit, wie häufig das gelbe Licht für die schräglagenabhängige Traktionskontrolle aufleuchtete, ohne dass das Motorrad die geringste Instabilität zeigte.
Enorme Leistung, perfekte Abstimmung
Mit Schrecken erinnern wir uns an Fahrtests von Motorrädern mit kaum halb so viel Leistung auf derselben Strecke, bei denen es unter ähnlichen Wetterbedingungen gleich zu reihenweisen Abflügen gekommen war – Fahrhilfen gab es in jenen Zeiten noch nicht. Kollegen, die zu anderen Terminen bei trockener Fahrbahn unterwegs sein konnten, berichten von enormer Leistung und perfekter Abstimmung von Motor, Fahrwerk und Elektronik auch im Grenzbereich. Piloten haben insbesondere mit den leichten Karbonrädern mehr Freiheiten bei der Linienwahl, wenn es um echt schnelle Runden geht.
Die elektronischen Kontrollsysteme für Traktion oder Wheelie können also gar nicht gut genug sein! Im Fall der S 1000 RR werden serienmäßig vier Riding Modes geliefert, die für wenig Grip ("Rain"), Landstraßen ("Road"), engagiertes Fahren ("Dynamic) sowie die Rennstrecke ("Race") konfiguriert sind. Stets wird dabei das Ansprechverhalten des Gasgriffs, das kurvenfähige ABS, die von einem Sechs-Achsen-Sensor überwachte Traktionskontrolle und eventuell zusätzlich georderte Fahrhilfen koordiniert. "Gab’s doch auch schon vorher", wird der eine oder andere einwenden. Ja, aber nicht so ausgefeilt, nicht so fein abgestimmt, nicht so praxisgerecht – und eben nicht in dieser bislang unbekannten Kombination aus geringem Fahrzeuggewicht und hoher Motorleistung.
Kein Rucken, kein Zucken

Die Unterzugschwinge, wie sie in der S 1000 RR verbaut ist, wird auch in der MotoGP benutzt.
(Foto: Joerg Kuenste)
Dafür haben die Entwickler vieles neu erdacht: So wich die imposante "Bananenschwinge" aus Alu einer dezenten Unterzugschwinge aus Leichtmetallguss. Größter Vorteil dieser auch in der MotoGP verbreiteten Technologie ist die kühlere Unterbringung des Federbeins, was eine Steigerung der Traktion des Hinterrads zur Folge hat. Vollkommen anders als bisher gibt sich auch der Vierzylinder-Reihenmotor. Eine variable Ventilsteuerung, deren Einsatzpunkt bei 9000 Umdrehungen liegt, ändert Ventilhub und damit Brennraumfüllung binnen weniger Millisekunden – unspürbar für den Fahrer. Kein Rucken, kein Zucken im Fahrwerk. Aber oberhalb gibt’s mehr Leistung, im mittleren Bereich fühlbar mehr Kraft. Die Leistungskurven des früheren und des neuen Motors sprechen Bände. Das Erfreuliche: Der Pilot hat was davon!
Klar besser als zuvor gibt sich auch die neue Bremsanlage; kurvenfähiges ABS ist Serie, aber noch wichtiger für Race-Fans sind die vielen Einstellmöglichkeiten des Systems. Und ein nun auch während vieler Rennstreckenrunden klar definierter Druckpunkt im Handhebel; bisher wanderte er gerne und sorgte für Missmut am Lenker.
Es ist die Intelligenz
Erwähnt werden soll auch die weitaus günstigere Ergonomie mit besserem Knieschluss und mehr Platz im Sattel sowie günstiger angeordnetem Lenker, aber auch das neue TFT-Display. Es ist schlicht fantastisch, wie gut die Mannen aus München dieses Ding aufgesetzt haben. Die Bedienlogik überzeugt, die Klarheit der jeweiligen Anzeigen und deren Anordnung ebenfalls. Großes Kino! Das gilt auch für die vollkommen erneuerte semiaktive Fahrwerksregelung DDC, deren Bedienlogik genauso gefällt wie die Vielfalt der Einstellmöglichkeiten und die Schnelligkeit, mit der die Programme gewechselt werden können.
Es ist die Intelligenz des Konzepts, die dazu führt, dass die Bayern-RR von 208 auf 197 Kilogramm abgenommen hat: Alleine die Kurbelwelle konnte um 1,6 Kilogramm erleichtert werden, was vielfältige positive Auswirkungen hat, bis hin zur Regelqualität der Fahrhilfen. So führt die Kombination aus Leistungsplus und verbessertem Handling infolge neuer Fahrwerksgeometrien wie auch das Gewichtsminus zu erhöhter Schnelligkeit. Durchschnittlich eine Sekunde pro Rennstreckenrunde wollen die Bayern gewonnen haben. Für den bisher schon Schnellsten eine ganze Menge. Könnte also gut sein, dass die BMW S 1000 RR in der Hand vieler Fahrer auch in Zukunft das gefragteste Fahrzeug in diesem prestigeträchtigsten Segment ist.
Quelle: ntv.de, hpr/sp-x