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Können Petrolheads da grinsen? Mustang Mach-E GT - Pony unter Strom

Mit dem Mach-E GT ist Ford in der elektrischen Oberklasse angekommen. Knapp 73.000 Euro wollen die US-Amerikaner für den Sport-Stromer haben.

Mit dem Mach-E GT ist Ford in der elektrischen Oberklasse angekommen. Knapp 73.000 Euro wollen die US-Amerikaner für den Sport-Stromer haben.

(Foto: Ford)

Der Mustang Mach-E verkauft sich ordentlich. Um die Begehrlichkeit aber weiter unter Strom zu halten, hat Ford jetzt einen neuen Leithengst an den Start gebracht. Mit 487 PS soll der Mach-E GT auch eingefleischte Petrolheads zum Grinsen bringen.

Als die US-Marke Ford ankündigte, ausgerechnet ihre Ikone Mustang unter Strom zu setzen, witterte die Fan-Szene Kulturschändung. Wie kann man nur! Mittlerweile ahnt man: Ford setzte aufs richtige Pferd. Zwar wurde aus dem Sportwagen ein Crossover, doch die Jungs in Detroit verstanden es, den Mustang für die Zukunft sattelfest zu machen. Die lange Haube mit den beiden artgerechten Superdomes, das typische Fastback, die ausgestellten Kotflügel und schließlich die kultigen Rückleuchten mit den drei Balken - all das versprüht den Stallgeruch des klassischen Ponys, ohne peinlich zu wirken.

Die Kritik verstummte, der Erfolg kam. 2021 wurden in Deutschland über 1700 Mustang Mach-E verkauft, die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Und nun soll auch der letzte Petrol-Head zum elektrischen Reiter werden. Ab sofort trabt der Mustang Mach-E mit dem Sportabzeichen GT an die Ladetränke. Mit grauem Polycarbonat-Grill, zusätzlichen Lufteinlässen und schwarzem Dach unterscheidet sich der neue Leithengst schon mal optisch von seinen Brüdern mit Verbrenner.

Mit 487 PS und einem maximalen Drehmoment von 860 Newtonmetern ist der 2,2-Tonner ein echtes Kraftpaket.

Mit 487 PS und einem maximalen Drehmoment von 860 Newtonmetern ist der 2,2-Tonner ein echtes Kraftpaket.

(Foto: Ford)

Die Technik des GT ist im Grunde bekannt, nur schärfer gewürzt. Zwei E-Motoren - an jeder Achse einer - leisten 487 PS, das Systemdrehmoment gibt Ford mit 860 Newtonmetern an. "Fast 15 Prozent mehr als beim legendären Supersportler Ford GT" steht in der Pressemitteilung. Das ist eine Hausnummer. Der 88 kWh große Akku hält nach WLTP-Messung bis zu 500 Kilometer mit einer Ladung durch, mehr Kapazität soll ab Februar "over the Air" via Software-Update nachgereicht werden.

GT dynamischer abgestimmt

Im Vergleich zu den bisherigen Mach-E Versionen mit Allradantrieb hat Ford eine dynamischere Abstimmung für den GT gewählt. Je nach Fahrprogramm verteilt die Elektronik die Power mehr nach hinten. Zuckelt der GT im Modus "Zahm" noch über die Vorderräder schiebend durch die Kurven, verlagert sich die Kraft über den Modus "Aktiv" bis hin zum Modus "Temperamentvoll" immer mehr Richtung Hinterräder. Ein beherzter Tritt aufs "Gas" und der Hintern schwänzelt kurz, der Mustang-Fan mag solche Reiterspiele.

Zusätzlich zu den drei Standard-Modi lädt Ford den Fahrmodus "Temperamentvoll Plus" ins Bordnetz. Und notiert im Beipackzettel: nur auf der Rennpiste benutzen. Ja, ja ... "Temperamentvoll Plus" ist in der Tat ein nicht ganz jugendfreies Programm für den aufgeweckten Cowboy über 18. Mit diesem zusätzlichen Spaßmacher reagiert der GT noch sensibler auf das "Gaspedal" und reduziert die Aktivierungsschwelle der elektronischen Systeme.

Fein dosiert im Grenzbereich

Selbst im Grenzbereich glänzt der Ford Mustang Mach-E GT mit feiner Dosierbarkeit.

Selbst im Grenzbereich glänzt der Ford Mustang Mach-E GT mit feiner Dosierbarkeit.

(Foto: Ford)

Im Grenzbereich kann der Fahrer die Leistung jetzt noch feiner dosieren, Traktions- und Stabilitätskontrolle werden entsprechend angepasst. Mit anderen Worten: Dem Jockey hinterm Lenkrad werden die elektronischen Zügel noch ein Stück weiter gelockert. Er kann driften und den Grenzbereich ausloten. Speziell für den GT entwickelte Pirelli-Reifen auf serienmäßigen, schwarzglänzenden 20-Zoll-Alurädern, das adaptive Fahrwerk MagneRide sowie Brembo-Hochleistungsbremsen mit roten Bremssätteln untermauern, dass für diesen Mustang der Weg in die freie Wildbahn gerne auch mal über eine abgesperrte Rennstrecke führen darf.

Im Inneren des Mustangs erwarten den Reitersmann stramme Sportsitze, die ihn fest im Sattel halten. Ein großes 15,5-Zoll Touchdisplay dominiert das Dashboard. Über dieses Riesen-iPad, das Tesla einst im Modell S salonfähig machte, geht alles. Kommunikation, Fahrmodi, Entertainment, Navigation. So muss ein Multimediasystem funktionieren. Vieles erklärt sich von alleine, nahezu alles logisch, das System ist sogar lernfähig. Und auf die Ohren gibts dazu vom Feinsten: Das serienmäßige Bang&Olufsen-Soundsystem mit 560 Watt macht seinem klangvollen Namen Ehre.

Das gilt fast uneingeschränkt auch für die Performance des Mustang GT, der die Luxuslast von über 2,2 Tonnen ebenso dynamisch wie unaufgeregt in Szene setzen soll. Das enorme Potenzial des Antriebs und die Souveränität der Leistungsabgabe stehen dabei fernab jeglicher Kritik. Unglaublich, wie spielerisch das E-Werk dieses Riesengebirge komplett ohne Traktionsverluste nach vorne wirft. Du denkst nur, "den überhole ich jetzt" und schon taucht er im Rückspiegel auf. Gasgeben, vorbei, grinsen. 3,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h - noch Fragen, liebe Petrolheads? Selbst die Gusseisernen kommen auf ihre Kosten, denn die Elektronik komponiert zu dieser Beschleunigungsorgie auf Wunsch einen synthetischen Sound, der mit etwas Fantasie dem eines Bigblock-V8 zumindest ein wenig ähnelt.

Etwas unharmonisch in der Abstimmung

Ein 15,5-Zoll-Touchdisplay dominiert das Dashboard des Ford Mach-E GT.

Ein 15,5-Zoll-Touchdisplay dominiert das Dashboard des Ford Mach-E GT.

(Foto: Ford)

Wenn nach den ersten Testkilometern überhaupt Raum für Verbesserungen bleibt, dann im Bereich des Abrollkomforts. Klar, ein sportliches Modell, das auf Schmusekurs fährt, hat seine Jobbeschreibung nicht richtig gelesen. Und die dynamische Auslegung erlaubt dem Elektro-Pferd schließlich auch eine Gangart, die vor Jahren für so ein Großkaliber noch undenkbar gewesen wäre. Das Problem des GT ist auch nicht die Performance, sondern die Harmonie der Abstimmung. Die großen Räder in Verbindung mit geringen Federwegen und der hohen Karosserie lassen den GT hölzern abrollen. Auf schlechten Straßen kommen die Passagiere schon im "zahmen Modus" selten zu Ruhe. Die Oberkörper tänzeln im Takt der Längs- und Querrillen. Das nervt. Hier mangelt es noch an Feinabstimmung.

Unterm Strich hat Ford mit dem Mach-E GT aber ein Rennpferd gezüchtet, das eine überzeugende Gangart hinlegt. Noch ist der stärkste Elektro-Mustang recht einsam im Parcours unterwegs. Direkte Konkurrenten gibt es derzeit nicht. Erst Ende nächsten Jahres folgt zum Beispiel ein Kia EV6 GT mit 585 PS. Preislich wagt sich Ford auf fremdes Terrain. Mit selbstbewussten 72.900 Euro wendet sich die Volksmarke an Reiter, die eher nicht aus dem eigenen Stall kommen. Man darf gespannt sein, ob das gelingt.

Quelle: ntv.de, Tomas Hirschberger, sp-x

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