Neues Spitzenmodell Piaggio MP3 - kultiger Außenseiter
07.07.2022, 07:33 Uhr
Vor allem im Regen kann der Dreiradroller sein Sicherheitsplus gegenüber einem konventionellem Roller ausspielen.
(Foto: Piaggio)
Piaggio hat es geschafft, den anfangs argwöhnisch betrachteten dreirädrigen MP3 zum Kultmobil zu machen. Die neueste Generation ist nicht nur schicker und stärker, sondern mit Rückfahrkamera und Radar-Assistenzsystem sogar ein echtes Hightech-Gerät. Das hat dann aber auch seinen Preis.
Fünf Jahre ist es her, seit Piaggio die letzte Generation seines Dreiradrollers MP3 vorgestellt hat. Mit den beiden Modellen MP3 350 und MP3 500 zeigten die Italiener im Juli 2018 eine gelungene Weiterentwicklung der Vorgängermodelle. Jetzt gibt es zwei neue MP3-Modelle: Den MP3 400 - eine primär im Design weiterentwickelte und in der Ausstattung verfeinerte Version des bereits angebotenen 400er-Modells - und das vollkommen neue Spitzenmodell MP3 530.
Beide sind gegenüber den Vorgängern erheblich teurer geworden, doch bietet insbesondere der 530 auch eine deutlich verbesserte Technik und Ausstattung, eine optimierte Ergonomie und ein weitaus attraktiveres Design. Zudem hat der MP3 530 jetzt serienmäßig eine elektrische Rückfahrhilfe sowie als erster Dreiradroller eine Rückfahrkamera. Man kann mit ihm also ohne zu "Füßeln" und ohne Hals-Verrenkungen rückwärts rangieren.
Ganz bestimmt kein "Krankenfahrstuhl"
Als Piaggio 2006 die Ur-Version des MP3 vorstellte, sprachen einige Journalisten schnell von einer Art "Krankenfahrstuhl", die sich niemals am Markt etablieren werde. Sie täuschten sich gewaltig: Bislang wurden mehr als 230.000 Einheiten des MP3 auf die Straßen dieser Welt entlassen - und vom "Krankenfahrstuhl" ist schon lange keine Rede mehr. Einige Wettbewerber - Quadro, Peugeot und Yamaha - haben teils schon vor Jahren eigene Entwicklungen eines Dreiradrollers gebracht, sind aber stückzahl- und auch leistungsmäßig gegenüber dem Original aus Norditalien deutlich im Rückstand.

Die neueste Generation des Piaggio MP3 ist mit Rückfahrkamera und Radar-Assistenzsystem ausgerüstet.
(Foto: Piaggio)
Auch der neue MP3 ist grundsätzlich ein MP3 geblieben. Der Fahrwerks-Verriegelungsmechanismus mittels eines Schiebereglers rechts am Lenker und die Feststellbremse sind grundsätzlich unverändert. Das sehr stabile und damit sichere Fahrverhalten konnte bei fast identischer Fahrwerkskonstruktion dennoch verbessert werden. Niemand, der jemals einen MP3 gefahren ist, muss sich also umstellen. Unverändert ist auch, dass man alle MP3-Modelle mit dem Pkw-Führerschein fahren darf, sofern man älter als 21 Jahre ist - die sicherlich wesentlichste Voraussetzung für den Erfolg der Dreirad-Roller.
Viele Neuheiten für den Komfort
Der 530er kommt in seiner Neuauflage auch mit einem verbesserten Motor, mit höherer Ausstattung in Form eines schlüssellosen Startsystems und 7 Zoll großem TFT-Display im Cockpit daher. Zudem strahlt der 530 mit LED-Leuchten inklusive Tagfahrlicht und bietet dank größerem Windschild mehr Schutz gegen Fahr- und Wetterwidrigkeiten. Beide Motoren sind durchzugsstark. Der 530er ist trotz etwas höherer Dynamik nicht durstiger als der vorhergehende 500er. Die fahrfertigen Gewichte beider Versionen entsprechen ungefähr denen der Vormodelle. Der 400er wiegt 260 Kilogramm, der 530er sogar 280 Kilogramm. Zu spüren ist das Mehrgewicht nicht.
Im Stadt- und auch im Überlandverkehr darf man sich mit dem MP3 400 mit 35 PS Maximalleistung als agiler Verkehrsteilnehmer fühlen, denn der Motor zieht die schwere Fuhre vom Stand weg energisch nach vorne. Und er legt auch noch bei 110 km/h spürbar an Tempo zu, bis bei 135 km/h tatsächlich Schluss ist. Für den 530er werden weiterhin maximal 145 km/h genannt. Der Hauptunterschied zwischen beiden Motoren liegt in der Souveränität und Durchzugskraft, die der größere und stärkere Motor vermittelt.
Der 530er trägt die Zusatzbezeichnung Exclusive. Piaggio hat die Multimedia-Plattform MIA installiert. Sie macht mittels Smartphone-Koppelung alle Spielarten der Konnektivität inklusive Pfeilnavigation möglich. Auch eine serienmäßige Rückfahrhilfe, eine Rückfahrkamera und ein radarbasiertes Fahrspuren-Überwachungssystem, das den rückwärtigen Straßenraum kontrolliert, sind an Bord. Diese Funktion kann als echte Fahrassistenz gewertet werden. Auch der Tempomat des 530ers ist eine feine Sache. Nicht ganz zufriedenstellend ist die etwas harsch agierende Rückfahrhilfe; ein geschmeidigeres Ansprechen wäre angenehm.
Preise von 7300 bis 13.300 Euro
Auch wäre Piaggio gut beraten, die Ergonomie des Verriegelungshebelchens rechts am Lenker weiter zu verfeinern. Man muss sehr viel Konzentration aufbringen, um den recht kurzen Moment auch zu erwischen, in dem sich die Lenkung des noch rollenden MP3 verriegeln lässt. Insofern ist ein weniger sportiv gestimmter MP3-Fahrer gut beraten, wenn er konventionell anhält, indem er einen oder zwei Füße auf der Straße platziert, und erst anschließend die Verriegelung betätigt. Das Losfahren mit den Füßen auf den Trittbrettern ist dagegen absolut problemlos.
Der neu eingekleidete MP3 400 ist ab Juli 2022 ab 10.800 Euro erhältlich. Die Sportversion mit einigen optischen Finessen und MIA-Connectivity kostet 500 Euro mehr. Für das Spitzenmodell 530 Exclusive müssen Käufer 13.300 Euro auf den Tisch des Händlers blättern - immerhin 2900 Euro mehr als für den MP3 500 im Jahr 2018. Das deutliche Ausstattungsplus der neuesten Generation will also auch gut bezahlt sein. Was wohl niemanden überraschen wird.
Piaggio Deutschland geht davon aus, dass wie schon 2021 weiterhin das MP3-Einstiegsmodell am stärksten gefragt sein wird: Den MP3 300 im unveränderten Outfit gibt es - für Sparfüchse - nämlich weiterhin für preiswerte 7300 Euro.
Quelle: ntv.de, Ulf Böhringer, sp-x