
Bau steht immer noch am liebsten in der Küche.
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Sterneköche sind die Superstars ihrer Branche, die "Olympiasieger", sagt Christian Bau. Er selbst gehört diesem exklusiven Klub an - schon seit 17 Jahren.
Wenn Christian Bau wirklich mal zu Hause kocht, gibt es etwas Einfaches: Steak mit Salat und Baguette oder Käse, Brot und ein Glas Rotwein dazu. "Ich habe jeden Tag mit Hummer, Gänseleber und Steinbutt zu tun, da bin ich froh, wenn ich abends Käse mit Baguette essen kann", erzählt er ntv.de.
Seit 1998 ist Bau im Victor's Fine Dining in Perl-Nenning Küchenchef, dort kocht er beispielsweise Blue Fin Tuna (Torro und Akami) mit Myoga, gepickelten Radieschen und Sakegranitée. Oder Rehrücken "Royale" mit Gänseleber, Spitzkohl und Pfefferkirschen. 2005 bekam er für seine Kreationen erstmals drei Sterne im Guide Michelin. Und seitdem jedes Jahr wieder. Bau ist damit einer von lediglich zehn deutschen Drei-Sterne-Köchen und einer von 133 weltweit. "Das ist ein bisschen wie Olympiasieger", meint der 51-Jährige, der gemeinsam mit seinen deutschen Kollegen gerade im Buch "Drei Sterne. Mehr geht nicht" verewigt wurde.
Dass er diesem Kreis angehört, ist für Bau inzwischen selbstverständlich, der Weg dahin überrascht ihn selbst immer noch ein wenig. "Ich hatte eine schwierige Kindheit und habe auch nicht viele Erinnerungen daran. Ich war häufig auf mich allein gestellt, weil meine Mutter alleinerziehend war", erzählt er. Als Schlüsselkind gab es bei ihm zu Hause mittags kein vorbereitetes Essen. "Dann habe ich halt versucht, mich selbst zu verpflegen, indem ich mir ein Rührei oder ein Spiegelei gemacht oder Nudeln gekocht habe."
Der kleine Witzigmann
Trotzdem war an diesem Punkt von Baus Leben noch kein Koch geboren. Seine Entscheidung, Koch zu werden, hatte ohnehin weniger mit der Liebe zum Kochen zu tun, sagt Bau heute. "Das war eine Flucht aus meinem Elternhaus. Ich habe mit 14 Jahren die Gunst der Stunde genutzt und in meinen Sommerferien in meinem späteren Ausbildungsbetrieb ein Praktikum gemacht, damit ich nicht zu Hause sein musste." Statt der geplanten drei Wochen bleibt er sechs, die gesamten Ferien. Und wäre am liebsten gleich für immer dageblieben.
Zwei Jahre später darf er dann endlich die Ausbildung im Hotel "Sonne Eintracht" in Achern beginnen. In August Götz findet er viel mehr als einen Lehrmeister. "Mein späterer Lehrherr war wie ein Vaterersatz und Mentor für mich. In meinem Ausbildungsbetrieb und in der Küchenbrigade habe ich eine Familie gefunden", sagt Bau rückblickend. Er kann sich vorstellen, dass er ohne die "Sonne" vielleicht "abgedriftet" wäre. So aber schließt er als bester Lehrling seines Jahrgangs in Baden-Württemberg ab. Und hat dabei schon den nächsten Schritt im Blick.
Denn sonntags läuft im Fernsehen "Kochen wie Gott in Deutschland", wo ein nahmhafter Koch im Studio ein Dreigängemenü kreiert. Bau "inhaliert", was Heinz Winkler, Eckart Witzigmann, Alfons Schubeck oder Johann Lafer kochen und kauft sich auch die dazugehörigen Kochbücher. In seinem Ausbildungsbetrieb gibt es Wiener Schnitzel, Filettöpfchen und Szegediner Gulasch. Er aber will Hummer und Kaviar verarbeiten. "Im zweiten Ausbildungsjahr war mir klar, dass ich mich spezialisieren und in die Sterneküche möchte und das habe ich in der Küche auch erzählt. Da habe ich den Spitznamen 'der kleine Witzigmann' bekommen."
Einzigartiger Stil
Heute ist er mit Witzigmann, der auch immer wieder bei ihm gegessen hat, per Du. Längst hat er sein Vorbild von damals überholt. "Ich habe heute dieselben Auszeichnungen wie er. Ich halte die drei Sterne sogar schon länger als er. Das, was ich damals naiv in der Ausbildung gesagt habe, habe ich selbst übertroffen." Hinter sich gelassen hat Bau auch einen anderen Lehrer, Harald Wohlfahrt. Bei ihm hatte Bau fünf Jahre in der "Schwarzwaldstube" Schliff und Sorgfalt, Qualitätsbewusstsein und technische Perfektion gelernt. Doch auch dessen eher klassische und von der Nouvelle Cuisine geprägte Küche ersetzte Bau durch seinen eigenen Stil.
Paris - Tokio nennt er ihn, eine Mischung aus französischen und japanischen Produkten und Einflüssen, "leicht, zeitgemäß und weltoffen" verarbeitet. Während Restaurantkritiker und Feinschmecker regelmäßig ins Schwärmen geraten, sieht Bau seine Arbeit als gutes Handwerk. "Man muss kreativ sein, das ist wichtig in unserem Beruf. Ich muss mit den Viktualien, die mir die Natur schenkt, kreativ umgehen, damit auch meine Gäste ein abwechslungsreiches Essen haben", sagt der Sternekoch.
Für das Restaurant haben die Sterne jedoch auch einen knallharten betriebswirtschaftlichen Aspekt. "Wenn du einmal diese Auszeichnung hast, hast du ein gewisses Standing, Respekt, Achtung in der Branche." Das Restaurant sei immer ausgebucht, oft kommen die Gäste aus Frankreich, Belgien oder Luxemburg. "Aber die würden alle nicht mein Restaurant besuchen, wenn ich nicht drei Sterne hätte."
Plan B in der Tasche
Er habe nie gezielt auf die Michelin-Sterne hingearbeitet und tue es auch heute nicht, sagt Bau. Andererseits möchte er die Sterne auch nicht verlieren. "Ich würde nicht warten, bis ich nur noch mit zwei Sternen klassifiziert werde. Das ist ein Stück weit ein Lebenswerk. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich die Kraft und die Kreativität nicht mehr habe und die Leistung nicht mehr erbringen kann, um den dritten Stern zu halten, dann würde ich was anderes tun." Consulting kann er sich vorstellen oder vielleicht gibt es dann eine Brasserie Bau.
So weit ist es allerdings noch nicht. Bisher steht Bau weiterhin an den meisten Tagen 14 bis 15 Stunden in der Küche. Und er macht es gern. "Ich koche und bin Gastgeber aus Leidenschaft." Wenn er seine Gäste verabschiedet, will er in strahlende Augen schauen. "Sie sollen sagen, das war so toll, wir kommen gern wieder." Kochen ist längst zu Baus Lebensinhalt geworden. Heute sagt er: "85 Prozent meiner täglichen Arbeit ist wirklich kochen." Die anderen 15 Prozent sind Interviews, Dienstpläne, Bestellungen und Telefonate mit Lieferanten und Partnern.
Drei Sterne, Koch des Jahres, das Bundesverdienstkreuz, Ehrenbotschafter für die japanische Küche - die Liste von Baus Auszeichnungen ist lang. Trotzdem betont er, dass das Wichtigste für ihn Zufriedenheit ist. "Und ich bin zufrieden, wenn ich kochen darf. Das hat meine Seele und meine Wunden aus der Kindheit beruhigt und geheilt."
Quelle: ntv.de