
Diese Märchenhochzeit machte aus Waitie Katie die inzwischen anerkannte Frau an Williams Seite.
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Die Kolumnistin ist verheiratet, nicht zum ersten Mal. Sobald also jemand laut etwas für oder gegen die Ehe sagt, schaut sie interessiert hin, weil sie bestimmt noch was lernen kann. Eines aber weiß sie ganz genau: Dieses Mal ist es für immer.
Ja, so wächst man, beziehungsweise frau, auf (zumindest wenn man mindestens aus den 60er, 70er und auch noch den 80er Jahren kommt): "Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute - und zwar lange und glücklich miteinander." Ideal! Wie bei Schneewittchen und ihrem König. Märchen endeten schon immer so - das Hetero-Paar heiratet. Egal, ob bei den Brüdern Grimm oder in 1001 Nacht: Ende gut, Ehe gut. Dabei fangen die Probleme nach der Hochzeit doch erst wirklich an. Selbst nach einer sogenannten Märchenhochzeit. Denn das Leben hält, verheiratet oder nicht, ein paar echte Überraschungen bereit.
Ich denke, es ist relativ unerheblich, ob ein Paar heiratet oder nicht, das Glück der beiden hängt garantiert nicht von einem Stück Papier ab oder einer Institution. Das Glück eines Paares hängt einzig und allein von diesen beiden Personen ab.
Ich weiß das, denn ich habe es erlebt. Ich bin zum wiederholten Mal verheiratet und war es auch lange nicht. Was davon hat mich glücklicher gemacht? Kann ich nicht beantworten, denn sowohl das Verheiratetsein als auch das Nichtverheiratetsein gehörten und gehören in diesem Moment genau so und nicht anders zu meinem Leben. Jede Entscheidung ist freiwillig, zumindest ist das in meinem Kulturkreis so. Was Zwangs-, arrangierte und Kinderehen mit Menschen, vor allem Frauen und Mädchen, aber auch jungen Männern, anrichten können, steht auf einem anderen Blatt.
Normalisierte Ungerechtigkeit
Wie ich drauf komme? Die Autorin Emilia Roig hat ein interessantes Buch geschrieben: "Das Ende der Ehe". Sie fragt sich, ob die Liebe die Ehe braucht oder nicht vielmehr die Gesellschaft eine Revolution. Dabei verdammt sie die Ehe nicht, sie war bereits verheiratet und bezeichnet den Tag der Hochzeit als einen ihrer glücklichsten, noch rät sie ab oder zu. Sie stellt einfach ein paar Fragen, die sich jede Frau stellen sollte, egal, in welchem "Stand" sie sich befindet.
Im "Spiegel" schrieb Roig: "Die Ehe wird vorrangig als eine Institution verstanden, die den Eheleuten emotionale, soziale und finanzielle Sicherheit gibt - vor allem den Frauen. Die Tatsache, dass die Ehe für viele Frauen der einzige Weg ist, finanziell abgesichert zu sein, sollte keinesfalls als Argument für die Ehe fungieren, sondern als Zugeständnis gedeutet werden: Die Ungerechtigkeit, die Frauen in unserer Gesellschaft betrifft, wird derart normalisiert, dass die finanzielle Abhängigkeit einer Frau von einem Mann als legitime Lösung angesehen wird."
Nur eine verheiratete Frau ist eine gute Frau?
Das ist natürlich Mist. Also nicht, was Roig schreibt, sondern das, was damit gemeint ist, nämlich dass Frauen noch immer abhängig sind von ihren Männern, und dass nur eine verheiratete Frau eine gute - gesellschaftlich anerkannte - Frau ist. Echt jetzt? 2023?
Um mich herum gibt es viele glückliche, lange verheiratete Paare. Ich finde sie toll, weil sie geschafft haben, was ich nicht geschafft habe, weil sie miteinander gewachsen sind. Es gibt Getrennte, Singles, neue Paare, sogar welche, die im fortgeschrittenen Alter nochmal heiraten wollen. Frauen, die Frauen lieben, Männer, die Männer lieben, "queerbeet" sozusagen. Meist stehen die ehewilligen Frauen, die ich kenne, finanziell auf eigenen Beinen. Sie heiraten aus purer Romantik und Liebe, nicht als Versorgungsmaschinerie.
Und doch ist es so: Bei den Nichtverheirateten wird gern gefragt, wann sie denn nun ENDLICH heiraten! Egal, wie lange ein Paar bereits zusammen ist - die Heirat scheint es erst zu einem "richtigen" Paar zu legitimieren. Das ist natürlich großer Quatsch.
Neulich habe ich allerdings zu meinem Mann gesagt, aus Gründen, dass ich persönlich mir gar kein so richtig geiles Altersheim leisten werden kann, wenn ich - in nicht allzu ferner Zukunft - davon abhängig sein werde, dass mir ein junger unterbezahlter Pfleger den Sabber vom Gesicht oder anderswo wegwischt und trotzdem noch 3,5 Minuten ein paar liebe Worte für mich übrig hat. Doch, hat mein Mann gesagt, das können wir uns dann leisten. Das ist süß, war aber nicht meine Frage oder Intention. Denn ICH kann es nicht, und das liegt am immer noch vorhandenen Gender Pay Gap und der Care-Arbeit (ich nenne es auch "Liebe"), die ich meinen Kindern und meinen Eltern entgegengebracht habe. Und da gibt's nichts schönzureden, auch wenn diese Care-Arbeit von Herzen kommt: Belohnt im Sinne von "entlohnt" wird das nicht.
So, ich muss los, mich um meine Ehe kümmern. Schöne Ostern!
Quelle: ntv.de