"Gesetz verfassungswidrig" Abtreibungsstreit: Washington verklagt Texas
09.09.2021, 22:56 Uhr
Frauenrechtlerinnen protestieren auf dem US-Kapitol gegen das ultrastrenge Abtreibungsrecht in Texas.
(Foto: picture alliance / NurPhoto)
Das neue Abtreibungsgesetz in Texas ermutigt Privatleute zur Denunziation von Schwangeren und Arztpraxen. Im Falle einer Verurteilung bekommen die Kläger 10.000 Dollar vom Verurteilten. Gegen das hochumstrittene Gesetz geht die US-Regierung nun gerichtlich vor.
Die US-Regierung hat den Bundesstaat Texas im Streit um dessen neues Abtreibungsrecht verklagt. "Das Gesetz ist eindeutig verfassungswidrig", sagte Justizminister Merrick Garland bei der Bekanntgabe der Klage. Garland verwies dabei auf ein Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs aus dem Jahr 1973, das Abtreibungen grundsätzlich legalisiert. "Das Justizministerium hat die Pflicht, die Verfassung der Vereinigten Staaten zu verteidigen und die Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten", sagte Garland. Eingereicht wurde die Klage bei einem Bundesgericht in Texas.
Das landesweit strengste Abtreibungsgesetz war zu Monatsbeginn in Texas in Kraft getreten. Der auch als "Herzschlag-Gesetz" bekannte Text verbietet Abtreibungen ab dem Zeitpunkt, zu dem der Herzschlag des Fötus festgestellt werden kann, also etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche. Selbst im Fall einer Vergewaltigung oder bei Inzest sieht das Gesetz keine Ausnahmen vor.
Für Empörung sorgt auch, dass nicht die texanischen Behörden die neuen Regelungen durchsetzen sollen, sondern Privatleute. Bürger werden ermutigt, jene zu verklagen, die sie verdächtigen, Frauen bei einer Abtreibung nach der sechsten Woche geholfen zu haben. Das könnte beispielsweise Abtreibungskliniken oder deren Mitarbeiter treffen, aber auch Verwandte von Schwangeren oder einen Taxi-Fahrer, der die Frau zur Klinik bringt. Die Kläger erhalten im Falle einer Verurteilung 10.000 Dollar, die vom Verurteilten zu zahlen sind.
Supreme Court lehnt Entscheidung ab
Der Oberste Gerichtshof der USA hatte einen Eilantrag gegen das Gesetz abgelehnt. Der Supreme Court führte dabei aber keine inhaltlichen, sondern prozedurale Argumente an. Die Entscheidung des konservativ dominierten Gerichts fiel mit einer knappen Mehrheit von fünf der neun Verfassungsrichter.
Bereits am Montag hatte Justizminister Garland angekündigt, mögliche Attacken auf Abtreibungskliniken konsequent zu ahnden. Die US-Bundesbehörden stünden zur Unterstützung bereit, wenn eine Klinik oder Praxis, die Abtreibungen anbiete, angegriffen werde, versprach Garland in einer schriftlichen Stellungnahme. Ein Gesetz von 1994 verbiete es, Menschen, die eine Abtreibung anbieten oder in Anspruch nehmen, an dem Eingriff zu hindern und etwa Gewalt anzuwenden oder anzudrohen und die Betroffenen einzuschüchtern, hieß es weiter.
Quelle: ntv.de, mau/AFP