Spekulationen um Airbus-AbsturzAir France wehrt sich
Eineinhalb Wochen nach dem Absturz des Airbus, bei dem 228 Menschen ums Leben kamen, liegt die Ursache der Katastrophe weiter im Dunkeln. Der Chef von Air France hält fehlerhafte Geschwindigkeitsmesser nicht für den Grund des fatalen Unglücks.
Eineinhalb Wochen nach dem Absturz des Airbus, bei dem 228 Menschen ums Leben kamen, liegt die Ursache der Katastrophe weiter im Dunkeln. Air France wehrt sich gegen Spekulationen, dass der Ausfall der Geschwindigkeitsmesser Ursache des fatalen Ablaufs bei dem Unglück war. "Ich bin nicht überzeugt, dass die Sonden der Grund für den Absturz sind", sagte Konzernchef Pierre-Henri Gourgeon in Paris.
Die Zeitung "Figaro" hatte geschrieben: "Airbus schließt nicht aus, seine Flotte von 1000 A330 und A340 am Boden zu lassen, um die Messgeräte auszutauschen." Airbus kündigte daraufhin eine Verleumdungsklage an. Der Unglücks-Airbus A330 hatte vor dem Absturz den Ausfall mehrerer Systeme gemeldet, darunter eine Fehlfunktion der Pitot-Sonden zur Geschwindigkeitsmessung. Bei dem Absturz der Air France-Maschine waren am Pfingstmontag alle 228 Insassen ums Leben gekommen. Das Flugzeug war auf dem Weg von Rio de Janeiro nach Paris in ein schweres Unwetter geraten.
Diskussion um Pitot-Sonden
Die Pitot-Sonden können zum Beispiel bei Vereisung falsche Werte melden. Ein Airbus kann allerdings auch ohne die Messwerte vom Piloten sicher gesteuert werden. Im September 2007 hatte Airbus in einem "service bulletin" den Kunden geraten, eine für kleinere Mittelstreckenjets entwickelte Version der Pitot-Sonde auch in den Langstreckenmaschinen A330 und A340 einzusetzen. Grund war die unbewiesene, aber vermutete Verringerung des Vereisungsrisikos in großen Höhen dank besserer Drainage.
Air France hatte nach dem Hinweis begonnen, alle Sonden bei einem Defekt gegen die veränderte Version auszutauschen. Weil es wenig Defekte gebe, brauche das Zeit, erklärte Gourgeon. Kurz vor dem Absturz der A330 habe Air France ein Programm zum Austausch aller Sonden der alten Version aufgelegt. Am 26. April seien die neuen Sonden bestellt worden. "Die erste Lieferung kam am Donnerstag vor dem Absturz", sagte Gourgeon. "Dieses Programm wurde beschleunigt, weil es, wie mir scheint, bei dem Absturz ein Problem mit der Geschwindigkeit gab." Er sei aber nicht überzeugt, dass die Sonden den Absturz verursacht hätten.
Flugschreiber nicht zu orten
"Die moderneren Sonden schienen zu zeigen, dass sie etwas weniger anfällig auf Vereisung waren", sagte Gourgeon. Man wisse aber nicht, ob die Änderung tatsächlich Verbesserungen gebracht habe. "Airbus beharrt darauf - und sie haben recht damit -, dass das Flugzeug mit den drei existierenden Typen Pitot-Sonden sicher ist", sagte Gourgeon. Er erklärte, über den Unfallhergang müssten die offiziellen Ermittler Mitteilungen machen. Ort und Umstände des Absturzes machten lange Ermittlungen nötig. Bei der Aufklärung könnten die beiden Flugschreiber helfen. Gourgeon schränkte aber ein: "Es wäre eine Leistung, wenn die Flugschreiber geborgen würden." Noch nie seien solche Geräte aus so großer Tiefe geholt worden.
Die beiden Flugschreiber liegen vermutlich in mehreren tausend Metern Tiefe auf dem Grund des Atlantiks. Das französische Atom-U- Boot "Emeraude" versucht seit Mittwoch, die Flugschreiber zu orten. Die Erfolgschancen werden aber nicht als hoch eingeschätzt. Bislang wurden 41 der 228 Passagiere tot aus dem Wasser geborgen. An Bord der Unglücksmaschine waren auch 28 Deutsche.
Weitere Leichen gesichtet
Im Atlantik haben Suchflugzeuge möglicherweise weitere tote Passagiere des abgestürzten Airbus gesichtet. Allerdings sei dies noch nicht sicher, die Hinweise müssten von Marine-Schiffen überprüft werden, sagte ein Luftwaffensprecher am Donnerstag in Recife. "Jeden Tag wird es immer schwieriger." Die Chance, alle Leichen der Unglücksmaschine zu finden, sei extrem gering.
Mittlerweile ziehen die ersten Angehörigen von Opfern vor Gericht. Eine Familie habe sich als Nebenklägerin bei dem zuständigen Untersuchungsrichter in Paris gemeldet, berichtete der "Figaro". Die Angehörigen bekämen keine Antworten auf ihre Fragen, nicht einmal auf die einfachsten, zitierte das Blatt Anwältin Sophie Bottai.
EU-Verkehrskommissar Antonio Tajani sagte nach einem Treffen mit den Verkehrsministern der 27 EU-Staaten in Luxemburg: "Alles deutet darauf hin, dass das Unglück nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen ist". Die verschiedenen Ursachen seien "technischer und meteorologischer Natur". Er forderte, ein Kontrollsystem zu erarbeiten, das flächendeckend "weiße Flecken" auf Radarsystemen vermeidet. Europa müsse dazu seinen Beitrag leisten.