Nach Grubenunglück in der TürkeiAngeklagte erscheinen nicht vor Gericht

In der Türkei sollen sich 45 Männer wegen des schlimmsten Industrieunglücks in der Geschichte des Landes vor Gericht verantworten. Es geht um das Grubenunglück von Soma, bei dem 301 Kumpel ums Leben kamen. Der erste Tag beginnt mit einem Eklat.
In der Türkei ist der Prozess zum Bergbauunglück von Soma eröffnet worden, bei dem im Mai vergangenen Jahres 301 Kohlekumpel ums Leben gekommen waren. 45 Angeklagte müssen sich wegen des schlimmsten Industrieunglücks in der Geschichte des Landes verantworten, darunter acht führende Manager. Kurz nach Prozesseröffnung wurde das Verfahren vertagt, weil die Opferanwälte das persönliche Erscheinen der Angeklagten im Gerichtssaal verlangten.
Die acht in Izmir inhaftierten früheren Top-Manager der Betreiberfirma Soma Kömür waren aus Sicherheitsgründen am Montag nur per Video zugeschaltet. Der Richter willigte dann nach kurzer Diskussion in die Forderung der Opferanwälte ein, dass die Angeklagten persönlich erscheinen müssten. Daraufhin wurde der Prozess auf Mittwoch vertagt.
Rund 200 Angehörige der Todesopfer trugen auf dem Weg zum Kulturzentrum der Stadt Akhisar, wo der Prozess stattfindet, ein riesiges schwarzes Banner mit den Namen der 301 Opfer vor sich her. "Der mörderische Staat wird Rechenschaft ablegen", riefen die Angehörigen, die teilweise Bergarbeiterhelme trugen. "Wir wollen Gerechtigkeit", lautete eine andere Forderung. Die Aktion wurde von Gewerkschaften und linken Parteien unterstützt, die die islamisch-konservative Regierung in Ankara für das Unglück mitverantwortlich machen.
Alle sollen bestraft werden
"Ich will, dass alle, die verantwortlich waren, alle, die Anweisungen gegeben haben, alle, die uns auf diese Weise haben arbeiten lassen, für ihre Fehler bestraft werden", sagte der Bergarbeiter Murat Aybak. Die Anwälte der Familien der Opfer werfen den Behörden vor, die Augen vor den Verstößen gegen die Sicherheitsbedingungen in der Kohlegrube verschlossen zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat die acht Manager der Betreiberfirma wegen Mordes angeklagt. Bei einem Schuldspruch drohen ihnen 25 Jahre Haft für jedes Opfer.
In der Kohlegrube in der westlichen Provinz Manisa waren am 13. Mai 2014 nach dem Ausbruch eines Feuers binnen Minuten hunderte Arbeiter verbrannt oder an giftigen Gasen erstickt. 162 weitere Bergleute waren bei der Katastrophe verletzt worden. Neben den Managern sind auch mehrere Techniker und Vertreter des Energieministeriums angeklagt, das die Aufsicht über das Bergwerk hatte. Zur Debatte stehen insbesondere die Sicherheitsvorkehrungen und die Arbeitsbedingungen in dem Bergwerk.