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Eltern reichen Antrag einArchie soll zum Sterben in ein Hospiz

04.08.2022, 10:34 Uhr
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Britische Ärzte wollen die lebenserhaltenden Maßnahmen für den zwölfjährigen Archie beenden. Die juristischen Möglichkeiten sind ausgeschöpft, aber die Eltern haben noch einen Wunsch. Doch auch hier gibt es Streit.

Die Eltern des unheilbar kranken englischen Jungen Archie wollen den Zwölfjährigen zum Sterben in ein Hospiz bringen lassen und haben einen entsprechenden Antrag auf den Weg gebracht. In einem wohl letzten Versuch, das Schicksal ihres Sohnes zu beeinflussen, sei dies am Donnerstagmorgen beim High Court in London beantragt worden, meldete die britische Nachrichtenagentur PA unter Berufung auf einen Sprecher der Familie. Mit ihrem Antrag will die Familie erwirken, dass Archie statt in einem Krankenhauszimmer in ruhigerer Umgebung stirbt.

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Archies Mutter Hollie Dance wirft der Klinik vor, ihr Versprechen zu brechen. (Foto: dpa)

Archie liegt seit April im Koma. Bei einem Unfall zu Hause in Southend-on-Sea hat er sich schwere Hirnverletzungen zugezogen, womöglich bei einer Internet-Mutprobe. Die behandelnden Ärzte sehen keine Chance auf eine Genesung und wollen die lebenserhaltenden Maßnahmen beenden.

Eine Verlegung des Jungen in ein Hospiz befürwortet die Klinik nicht. "Archie ist in einem solch instabilen Zustand, dass ein erhebliches Risiko sogar dann besteht, wenn er innerhalb seines Krankenhausbettes gedreht wird, was im Rahmen seiner fortlaufenden Pflege erfolgen muss", teilte der Krankenhausbetreiber mit. "Dies bedeutet, dass in seinem Zustand eine Verlegung mit dem Krankenwagen in eine völlig andere Umgebung höchstwahrscheinlich die vorzeitige Verschlechterung beschleunigen würde, die die Familie vermeiden möchte, selbst mit voller Intensivausrüstung und Personal auf der Reise."

"Im besten Interesse des Jungen"

Das höchste britische Gericht hatte die Entscheidung der Ärzte gestützt, Archie sterben zu lassen. Dies sei im besten Interesse des Jungen. Auch ein letzter Appell der Eltern an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg blieb erfolglos. Archies Mutter Hollie Dance zeigte sich daraufhin gebrochen. "Das ist das Ende", sagte sie vor Reportern in London. Dance warf der Klinik vor, sie breche ihr Versprechen, dass Archie in einem juristischen "Worst-Case-Szenario" in ein Hospiz kommen könne.

Der Fall Archie erinnert an ähnliche Auseinandersetzungen um unheilbar kranke Kinder in Großbritannien. Was im besten Sinne des Patienten ist, entscheiden oft Richter auf Empfehlung von Medizinern. Der finanziell stark unter Druck stehende britische Gesundheitsdienst neigt dazu, lebenserhaltende Maßnahmen sehr viel früher zu entziehen, als das etwa in Deutschland der Fall wäre, wo es zuweilen eher Konflikte gibt, wenn Kranke oder Angehörige Geräte aus eigenem Willen abschalten wollen.

Quelle: ntv.de, kse/dpa

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