Ganzer Zug gekapert Aufständische in Pakistan nehmen Hunderte Geiseln
11.03.2025, 18:33 Uhr Artikel anhören
In der pakistanischen Unruheregion Belutschistan sprengen Separatisten die Gleise und bringen einen Zug in ihre Gewalt. Die Gruppe droht mit der Hinrichtung von mehr als 450 Geiseln. Pakistans Regierung will jedoch keine Zugeständnisse machen.
Bewaffnete Kämpfer haben in der pakistanischen Provinz Belutschistan nach Behördenangaben mehr als 450 Zugpassagiere als Geiseln genommen. "Unter den Fahrgästen sind Frauen und Kinder", sagte ein Behördensprecher in der Provinzhauptstadt Quetta. Die Separatistenbewegung Befreiungsarmee von Belutschistan (BLA) bekannte sich zu der Geiselnahme in dem abgelegenen Bezirk Sibi.
Pakistanische Sicherheitskräfte haben nach eigenen Angaben inzwischen 80 Geiseln befreit. "Die Bemühungen für die sichere Freilassung der verbliebenen Passagiere dauern an", hieß es aus pakistanischen Sicherheitskreisen. Unter den befreiten Geiseln waren demnach 43 Männer, 26 Frauen und elf Kinder.
Der Zug war in der Unruheprovinz von Quetta auf dem Weg in die Millionenstadt Peschawar im Nordwesten des Landes gewesen, als Angreifer die Schienen gesprengt und auf den Zug geschossen hätten, sagte ein Polizeisprecher. Geheimdienstkreise bestätigten die Angaben. Die Angreifer hätten den Zugführer überwältigt. Er sei unter Beschuss geraten und verletzt worden. Die Zahl der Passagiere wurde auf 400 bis 500 geschätzt. Es handele sich mehrheitlich um Angehörige des Militärs oder deren Familienangehörige, hieß es weiter.
Auch die BLA selbst erklärte, ihre bewaffneten Kämpfer hätten die Bahngleise gesprengt und den blockierten Zug gestürmt. Sie drohte, die Geiseln hinzurichten, sollten sich die Sicherheitskräfte nicht zurückziehen. In der Nähe des Tunnels in einer Bergregion sei eine Explosion zu hören gewesen, erklärten Sicherheitskräfte. Sie lieferten sich Gefechte mit den Angreifern.
Innenminister Mohsin Naqvi verurteilte den Angriff. Die Regierung werde gegenüber "Bestien, die auf unschuldige Passagiere schießen" keine Zugeständnisse machen. Regierungssprecher Shahid Rind sprach von einem "Akt des Terrorismus". Krankenwagen seien entsendet worden. Der Zugang sei in dem zerklüfteten, bergigen Gelände aber erschwert.
Soldaten sollen unterwegs sein
Drei Vertreter des Sicherheitswesens, die anonym bleiben wollten, sagten, die BLA habe Frauen und Kinder bei ihrem Überfall in dem Tunnel als menschliche Schutzschilde missbraucht. Soldaten seien losgeschickt worden, um die Geiseln zu befreien. Züge in Belutschistan werden in aller Regel von Sicherheitskräften begleitet. Separatisten haben dort bereits in der Vergangenheit Züge attackiert. Die USA und Pakistan stufen die BLA als Terrororganisation ein.
Belutschistan liegt im Südwesten Pakistans an der Grenze zu Afghanistan und dem Iran und ist die ärmste Provinz des Landes. Dort kämpfen seit Jahrzehnten Separatistengruppen gegen die Sicherheitskräfte. Auch islamistische Gruppierungen wie die pakistanischen Taliban sind dort aktiv. Regelmäßig kommt es zu bewaffneten und tödlichen Angriffen.
Die BLA ist die aktivste bewaffnete Separatistenbewegung in der rohstoffreichen Region. Die Miliz verstärkte in den vergangenen Jahren ihre Angriffe auf Sicherheitskräfte und Bewohner benachbarter Provinzen. Im Jahr 2024 wurden in Pakistan laut Experten mehr als 1600 Menschen bei Anschlägen getötet.
Quelle: ntv.de, mdi/AFP/dpa/rts/AP