Neues zur Hamburger Amoktat Beamte googelten nach Philipp F.s Pamphlet
14.03.2023, 13:35 Uhr
Hätte die Tat in der Hansestadt verhindert werden können?
(Foto: IMAGO/Hanno Bode)
Nach der schockierenden Tat in Hamburg mit sieben Toten sind weiter viele Fragen offen. Ein Mensch schwebt den Angaben zufolge in Lebensgefahr. Für Aufregung sorgt ein anonymes Schreiben, das die Waffenbehörde vor dem Täter gewarnt habe. Die Beamten suchten Philipp F. und sein Buch im Internet - ohne Erfolg.
Insgesamt sieben Menschen hat Philipp F. im Gemeindehaus der Zeugen Jehovas in Hamburg getötet. Neun weitere Menschen verletzte er, vier davon schwer. Innensenator Andy Grote teilte nun in Hamburg mit, dass eines der Opfer noch Lebensgefahr schwebe. Insgesamt sechs liegen nach der Tat am vergangenen Donnerstag noch in Krankenhäusern. Gleichzeitig sprach sich der SPD-Politiker dafür aus, Konsequenzen aus der Tat zu ziehen und das Waffenrecht zu verschärfen. "Zumal es nicht die erste Tat in einer vergleichbaren Situation war, wo der Täter eine Waffe besessen hat." Hamburg werde sich für eine generelle Verpflichtung zur Vorlage eines amtsärztlichen oder psychologischen Zeugnisses bei der Ersterteilung einer Waffenbesitzkarte einsetzen. Bislang gelte hierfür noch eine Altersgrenze von 25 Jahren. "Ich bin dafür, dass diese Altersgrenze fällt", so Grote.
Der leitende Oberstaatsanwalt in dem Fall teilte mit, dass es bislang keine Hinweise auf Hilfe durch Dritte bei der Tat gebe, was aber weiter überprüft werde. Es habe im Vorlauf keine Informationen gegeben, die "ansatzweise" auf eine Tat wie in der Kirchengemeinde hingewiesen hätten. Philipp F. sei zudem nicht vorher strafrechtlich in Erscheinung getreten. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der 35-Jährige aus Hass gegen die Zeugen Jehovas handelte, was aber noch Gegenstand der Ermittlungen sei.
Bei Philipp F. sollen bei der Beantragung der Waffenbesitzkarte Ende Oktober 2022 bei der Waffenbehörde keine Auffälligkeiten festgestellt worden sein - weder psychischer Natur, noch habe es Einträge in polizeilichen Akten gegeben. Da der 35-Jährige alle Vorgaben erfüllte, stand ihm die Erlaubnis gesetzlich zu. Er war Mitglied in einem Sportschützenverein.
Behörde googelte erfolglos
Für Brisanz sorgte kurz nach Erteilung der Waffenbesitzkarte ein anonymes Hinweisschreiben, welches die Waffenbehörde erreichte. Darin wurde die Behörde laut Hamburgs Polizeipräsident Marin Meyer aufgefordert, zu überprüfen, ob Philipp F. die Waffe sicher in einem Safe verwahrt und ob er geistig fähig ist, diese zu führen. Auch soll es in dem Schreiben einen Hinweis auf ein mögliches Buch geben, das der 35-Jährige verfasst haben soll - allerdings ohne dieses beim Namen zu nennen. Mitarbeiter der Behörde hätten dann laut Meyer anhand des Namens von Philipp F. und einer Google-Recherche mit dem Begriff "Buch" versucht, die Schrift zu finden - erfolglos. Meyer räumte nun ein, dass die Mitarbeiter wohl nicht die größten Experten für diese Aufgabe seien.
Wie mittlerweile bekannt wurde, soll es sich bei dem Buch um eine quasi-religiöse Schrift mit antisemitischem Inhalt handeln. Auf der Homepage des Unternehmensberaters Philipp F. habe es keine Hinweise auf das Buch gegeben. Die Schrift soll dem Landeskriminalamt mittlerweile vorliegen und weiter ausgewertet werden. Am 20. Dezember 2022 sei sie bei Amazon gelistet worden.
Beamte kontrollierten Philipp F. in dessen Wohnung
Am 7. Februar dieses Jahres entschied sich die Waffenbehörde zudem zu einer unangemeldeten Kontrolle bei Philipp F. zur Aufbewahrungssituation seiner halbautomatischen Waffe. Dazu suchten zwei Beamte dessen Wohnung auf. Die Waffe soll dort sicher in einem Safe verwahrt gewesen sein. Auf diesem habe sich allerdings eine einzelne Patrone befunden, was einen "Aufbewahrungsfehler" und laut Meyer eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Dafür sei Philipp F. eine mündliche Verwarnung ausgesprochen worden. Der 35-Jährige habe sich einsichtig gezeigt. Darüber hinaus soll es bei dem kurzen Zusammentreffen erneut keine Hinweise zu einer möglichen psychischen Erkrankung gegeben haben. Auf das Buch sprachen die Beamten Philipp F. vor Ort nicht an.
Die Waffenbehörde verwies auf der Pressekonferenz in Hamburg immer wieder darauf, dass ein anonymes Hinweisschreiben als Beweis nicht ausreiche, um jemanden die Waffenbesitzkarte zu entziehen. "Ich sage nicht, dass wir an dieser Stelle alles richtig gemacht haben", sagte Polizeipräsident Meyer. Man habe jedoch im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten gehandelt. Er könne den Mitarbeitern "keine Vorwürfe machen".
Quelle: ntv.de