Britische Covid-19-Studie Benachteiligte Menschen sterben häufiger
01.05.2020, 16:16 Uhr
Auch in den USA sind Afroamerikaner stärker von Covid-19 betroffen als Weiße.
(Foto: REUTERS)
Aktuell sterben in Großbritannien täglich mehr als 600 Menschen an den Folgen des Coronavirus. Wie Studien jetzt zeigen, sind die meisten Todesopfer Benachteiligte und Angehörige ethnischer Minderheiten. Die Beobachtung gibt es nicht nur im Vereinigten Königreich.
Menschen aus armen und benachteiligten Regionen sterben in Großbritannien doppelt so häufig an den Folgen einer Infektion mit dem Coronavirus wie Bessergestellte. Dies geht aus einer veröffentlichten Studie der nationalen Statistikbehörde hervor. Eine weitere Studie des Londoner Institute of Fiscal Studies kommt zudem zu dem Ergebnis, dass die Erkrankung für Angehörige ethnischer Minderheiten häufiger tödlich verläuft als für Weiße.
Die nationale Statistikbehörde hat rund 20.000 Covid-19-Todesfälle zwischen dem 1. März und dem 17. April untersucht und dabei festgestellt, dass die Sterblichkeitsrate in den am stärksten benachteiligten Gebieten des Landes besonders hoch ist. Dort liegt sie demnach bei 55,1 Toten pro 100.000 Einwohnern. Zum Vergleich: In den am wenigsten benachteiligten Gebieten lag sie lediglich bei 25,3 Toten pro 100.000 Einwohnern.
Riskante Berufe ungleich verteilt
Als benachteiligt gelten Regionen, die eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosen- und Kriminalitätsrate aufweisen, und in denen der Zugang zur Gesundheitsversorgung eingeschränkt ist. Die Sterblichkeitsrate sei in diesen Gebieten auch in normalen Zeiten höher als andernorts, "aber Covid-19 scheint dies noch zu verstärken", sagte Nick Stripe, Analyst der Statistikbehörde.
Unter den am stärksten betroffenen Gebieten ist auch die Hauptstadt London mit 85,7 Todesfällen pro 100.000 Einwohner. Am wenigsten betroffen ist der Südwesten Großbritanniens.
Einer Studie des Institute of Fiscal Studies zufolge sterben zudem Angehörige ethnischer Minderheiten in Großbritannien häufiger an den Folgen einer Coronavirus-Infektion als Weiße. Sie arbeiten demnach häufiger als andere in Berufen, in denen sie dem Risiko einer Infektion stärker ausgesetzt sind. "Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass 63 Prozent des am Coronavirus verstorbenen Gesundheitspersonals schwarz waren oder einer ethnischen Minderheit angehörten", sagte Tim Cook, Honorarprofessor an der Universität von Bristol.
Afroamerikaner stärker von Covid-19 betroffen
In den USA ist man zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Die US-Regierung hat eingeräumt, dass das Coronavirus Afroamerikaner besonders stark trifft. "Wir sehen starke Anhaltspunkte dafür, dass Afroamerikaner in weitaus größerem Umfang betroffen sind als andere Bürger unseres Landes", sagte US-Präsident Donald Trump während einer Pressekonferenz Anfang April. Die "Washington Post" berichtete unter Berufung auf Daten einiger lokaler Behörden, dass mehrheitlich afroamerikanische Landkreise teils dreimal so viele Infektionen und fast sechsmal so viele Todesfälle vermeldeten wie Landkreise, in denen weiße Amerikaner in der Mehrheit seien.
Afroamerikaner hätten "eher einen niedrigen sozioökonomischen Status, was es schwieriger macht, soziale Distanz zu wahren", sagte der oberste Gesundheitsbeamte der US-Regierung, Vize-Admiral Jerome Adams, dem Sender CBS. Afroamerikaner leben laut Experten im Schnitt häufiger in dichter bevölkerten urbanen Gebieten und dort wegen niedriger Einkommen möglicherweise häufiger in überfüllten Wohnsituationen. Weitere strukturelle Ungleichheiten wie fehlende Absicherung durch eine Krankenversicherung tragen wahrscheinlich zum höheren Risiko einer Erkrankung bei.
Quelle: ntv.de, vmi/AFP