Panorama

"Mehr Westberlin geht nicht" Berliner Ku'damm erwacht

03.03.2011, 15:00 Uhr

Nach dem Fall der Mauer war der Westteil Berlins passé. Im Osten spielte die Musik: In Mitte wohnten und arbeiteten die Kreativen, in Prenzlauer Berg die jungen Neu-Berliner, in Friedrichshain die Studenten. Die City-West galt als altbacken und langweilig. Doch das ist jetzt anders.

Berlin-City-West
Die City West mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und dem Ludwig-Erhard-Haus. (Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

Noch vor einem Jahr hat Uwe Timm bei dem Slogan gezögert, doch jetzt "liegt der Spruch voll im Zeitgeist", wie er sagt. "Mehr Westberlin geht nicht" steht weiß auf knallrotem Untergrund auf den Plakaten, die überall in Berlin für einen Besuch im Europa-Center gegenüber der Gedächtniskirche werben. Timm, der das Einkaufszentrum managt, sagt, das Gebiet von Kurfürstendamm, Breitscheidplatz und Tauentzienstraße, die sogenannte City-West, sei immer eine "Toplage" gewesen - nur hätte lange niemand darüber gesprochen.

Muff aus jahrzehntelangem Berliner Filz ließ Investoren nach der Wiedervereinigung Deutschlands in der City-West fernbleiben. Es gab Leerstand, Bauprojekte, die nie gebaut, und Bausünden, die nie gesühnt wurden. Seit kurzem ist es jedoch, als sei die City-West aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Die Prinzenrolle fällt vermutlich dem Investor des Hochhauses "Zoofenster" zu. Direkt gegenüber vom Bahnhof Zoo wartete ein dreieckiges Areal jahrzehntelang auf Bebauung. Statt Hochglanz gab es Bretterwände, die die mangelnde Fähigkeit der Stadt demonstrierten, die City-West an den Mann zu bringen.

Ku'damm im Wandel

Im vergangenen Herbst wurde bereits Richtfest für den knapp 119 Meter hohen Bau der Investoren aus Abu Dhabi gefeiert, in dem das einzige Waldorf Astoria-Hotel außerhalb von New York eröffnen wird. "Das Waldorf wird die Schmuddelecke trocken legen", sagt der Chef der landeseigenen Tourismus-Agentur VisitBerlin, Burkhard Kieker. Noch scheint das Luxushotel deplatziert zwischen Beate-Uhse-Museum und Obdachlosenbus am Bahnhof Zoo.

Doch die Investoren sollen es richten. Auch das Kino Zoopalast und der benachbarte 50er-Jahre-Riegel namens Bikinihaus werden aufwendig saniert und sollen finanzstarke Kunden anlocken. "Wir haben so einen Aufwind durch die Bauaktivitäten", sagt Jennifer Woelki, Geschäftsstellenleiterin der Arbeitsgemeinschaft (AG) City, einer Interessenvertretung der Geschäftsleute an und um den Kurfürstendamm.

Weltweit berühmte Einkaufsstraße

Rund 80 Kilometer Shoppingstrecke biete das gesamte Areal, sagt Woelki. Der Handelsverband bestätigt, dass es bei 320 Geschäften zwischen Wittenbergplatz und Olivaer Platz weitaus mehr einzukaufen gebe als an der Friedrichstraße in Mitte. Rund 277.000 Quadratmeter Verkaufsfläche in der City-West stehen rund 90.000 an der Friedrichstraße gegenüber.

Kaiser-Wilhelm-Gedaechtniskirche
Der 3,5 Kilometer lange Kurfürstendamm im Berliner Bezirk Charlottenburg stellt die touristische Flaniermeile der City-West dar. (Foto: picture alliance / dpa)

Der Ku'damm erhebt aber nicht nur den Anspruch, die prächtigste Prachtstraße Berlins zu sein. Seit kurzem darf er sich zu den berühmtesten Einkaufsstraßen der Welt zählen. Am Rande einer Tagung der Welthandelsorganisation in Peking im vergangenen Herbst gründeten 15 Top-Shopping-Adressen auf Initiative des Pekinger Bürgermeisters die Vereinigung der weltweit bekannten Hauptstraßen. Aus Mitteleuropa sind sonst nur noch die Pariser Champs-Elysées sowie Oxford, Regent und Bond Street in London dabei.

Wiederbelebung der City-West

Einige Modelabels scheinen den Trend zum Ku'damm schon gerochen zu haben. Hermès, Gucci und Prada haben wieder Filialen in der City-West eröffnet, nachdem sie jahrelang nur in Mitte zu finden waren. "Gehobenes Publikum, gehobene Ansprüche" biete das Zentrum im Westen, sagt Kieker. Neben der Gastronomie im oberen Bereich seien auch Galerien und Modedesigner wieder vermehrt nach Charlottenburg gezogen - etwas gediegener als in Mitte vielleicht, aber vom der Kundschaft geschätzt.

Ein bekennender Fan des Kurfürstendamms ist auch der britische Stararchitekt David Chipperfield, der sich in Berlin mit der Neugestaltung des Neuen Museums bereits ein Denkmal gesetzt hat. Nun will er das Ku'damm Karree, einen Betonbau aus den 70er Jahren, in eine moderne Einkaufs- und Kulturmeile verwandeln. Die Glasfassade soll der Prachtstraße zu noch mehr Glanz und Glamour verhelfen. Fünf Jahre wird es aber dauern, bis das Projekt fertig gestellt ist.

Quelle: Mechthild Henneke, AFP

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