Panorama

Agent verführte Aktivistinnen Britische Polizei räumt Undercover-Sex ein

"Die Polizei spioniert unser Leben aus": Ein Demonstrant kommentiert 2018 eine Anhörung des Geheimdienst-Tribunals in London.

"Die Polizei spioniert unser Leben aus": Ein Demonstrant kommentiert 2018 eine Anhörung des Geheimdienst-Tribunals in London.

(Foto: picture alliance / empics)

Ein Undercover-Beamter der britischen Polizei infiltriert 2003 die Umweltschützer-Szene und geht Liebesverhältnisse zu insgesamt zehn Frauen ein. Eins seiner Opfer wehrt sich Jahre später gegen den falschen Ex-Liebhaber und erreicht einen historischen Spruch vor dem Beschwerdetribunal.

Mit dem Einsatz von Undercover-Beamten, die sexuelle Beziehungen zu Umweltaktivistinnen eingegangen sind, hat die britische Polizei gegen die Menschenrechte der Frauen verstoßen. Das entschied die Beschwerdestelle Investigatory Powers Tribunal (IPT) in einem als historisch eingestuften Fall. Konkret ging es um eine heute 41 Jahre alte Aktivistin, die von 2003 bis 2005 eine Beziehung mit einem Mann hatte, der unter falschem Namen auftrat und Mitglied einer Polizeieinheit war. Der Beamte soll in seiner Rolle über mehrere Jahre sexuelle Beziehungen mit insgesamt zehn Frauen geführt haben. Die Polizei entschuldigte sich bei der 41-Jährigen und erkannte die Schwere der Verstöße an. Insgesamt war etwa ein halbes Dutzend Beamte im Undercover-Einsatz.

Obwohl die Illegalität der Einsätze bekannt gewesen sei, hätten Vorgesetzte keine Fragen gestellt und die Fälle absichtlich ignoriert, entschied die Aufsichtsstelle. Das Tribunal ist eine von der britischen Regierung unabhängige Behörde und nimmt auch Beschwerden über die Geheimdienste an. Die Polizei habe es versäumt, Frauen gegen Diskriminierung und Missbrauch zu schützen, urteilte das IPT. "Dies ist nicht nur der Fall eines abtrünnigen Polizisten, der seinen verdeckten Einsatz nutzte, um seinen sexuellen Neigungen nachzugeben, auch wenn dieser Aspekt des Falls zweifellos ernst ist." Vielmehr zeigten sich "beunruhigende und beklagenswerte Mängel auf der grundlegendsten Ebene".

"Sexismus der Polizei bekämpfen"

Das 41 Jahre alte Opfer betonte: "Das Versäumnis der Polizei, Frauen vor sexuellen Tätern in den eigenen Reihen zu schützen, und die Versuche der Polizei, Demonstranten zu kriminalisieren, sind auch heute noch sehr aktuelle Themen." Ein grundsätzliches Umdenken sei nötig. Der Frau gegenüber hatte sich der Undercover-Agent 2003 ebenfalls als Umweltschützer ausgeben und den falschen Namen Mark Stone dafür verwendet. Erst Jahre später erfuhr die 41-Jährige seinen richtigen Namen und dass er ein verheirateter Polizist war, wie die BBC berichtet. In einer Erklärung schrieb das Opfer: "Wir müssen die Frauenfeindlichkeit und den institutionellen Sexismus der Polizei bekämpfen und ihre Befugnisse zur Überwachung von Demonstrationen und zur Überwachung der Teilnehmer grundlegend überdenken."

Beobachter betonten die Bedeutung der Entscheidung und verwiesen auf die fast gleichzeitige Verurteilung eines Ex-Polizisten wegen Mordes an der Londonerin Sarah Everard. Weil er seine Macht als Polizist missbrauchte, um die 33-Jährige zu verschleppen, zu vergewaltigen und zu ermorden, verurteilte das Gericht einen 48-Jährigen zu lebenslanger Haft. Die Tat hatte in Großbritannien eine gesellschaftliche Debatte über den unzureichenden Schutz von Frauen vor Gewalt ausgelöst.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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