Bereits zwei Tote nach Explosion Chemiepark-Betreiber ohne Hoffnung bei Vermissten
28.07.2021, 17:41 Uhr
Laut Werksleitung gerieten drei Tanks mit etwa 600.000 bis 900.000 Liter organischen Lösungsmitteln in Brand.
(Foto: picture alliance/dpa)
Nach der Explosion im Leverkusener Chemiepark ist laut Landesumweltamt nun klar, dass die Rauchsäule giftige Verbindungen enthält. Auch läuft die Suche nach den fünf Vermissten weiter auf Hochtouren, doch die Betreiberfirma Currenta hat keine Hoffnung auf Überlebende.
Einen Tag nach der schweren Explosion im Leverkusener Chemiepark mit mindestens zwei Toten hat die Betreiberfirma keine Hoffnung mehr, die fünf noch vermissten Menschen lebend zu finden. "Wir gehen davon aus, dass wir sie nicht mehr lebend finden", sagte Frank Hyldmar, Geschäftsführer von Currenta, in Leverkusen. Unterdessen ging die Suche nach den Vermissten weiter. Die Unglücksursache blieb weiterhin unklar.
Vier der Vermissten seien Mitarbeiter von Currenta. Bei einem handele es sich um einen Mitarbeiter einer externen Firma. Auch einer der Toten sei bei einem externen Unternehmen angestellt gewesen. "Es lässt sich nicht in Worte fassen, was die Angehörigen durchmachen", sagte Arbeitsdirektor Wolfgang Homey.
Auch der Leiter des Parks, Lars Friedrich, sprach in einem auf Twitter veröffentlichten Video von "schwindender" Hoffnung. Über Nacht seien Sicherheitsmaßnahmen vorgenommen worden. Derzeit werde alles vorbereitet, damit die Ermittlungen zur Unglücksursache beginnen können.
Wie hoch der Schaden für Currenta nach der Explosion ist, blieb unklar. Das Unternehmen sagte eine weitere Zusammenarbeit mit den Behörden zu. "Wir werden alles tun, um dieses schreckliche Ereignis aufzuklären", sagte Hyldmar.
Die für Leverkusen zuständige Polizei Köln richtete eine Ermittlungsgruppe ein. Diese ermittele wegen der fahrlässigen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion sowie fahrlässiger Tötung gegen Unbekannt, wie die Polizei mitteilte. Während einer der Toten noch vor Ort starb, erlag der zweite am Dienstagabend seinen Verletzungen im Krankenhaus. Eine Obduktion soll die genaue Todesursache klären.
Rauchwolke enthielt Giftstoffe
Das nordrhein-westfälische Landesumweltamt geht indes nach der Explosion von "Dioxin,- PCB- und Furanverbindungen" aus, die über die Rauchwolke in umliegende Wohngebiete getragen wurden. In welcher Konzentration dies tatsächlich geschehen sei, werde aber aktuell noch untersucht. Die Untersuchungen seien recht aufwendig. Nach Informationen des Amtes hätten in den betroffenen Tanks unter anderem auch chlorierte Lösungsmittel gelagert, teilte ein Sprecher mit.
Wegen des Unglücks wurden mehrere Autobahnen in der Umgebung des Chemieparks zeitweise gesperrt, wegen der Rauchwolke wurden Warnungen an die Bevölkerung herausgegeben. Bürger waren aufgerufen, Wohnungen und Häuser nicht zu verlassen sowie das betroffene Gebiet zu meiden. Anwohner wurden angehalten, kein Obst oder Gemüse aus dem Garten zu essen, auf dem sich Ruß abgelagert hatte.
Reul: "In Gedanken bei den Angehörigen"
Mindestens zwei Mitarbeiter kamen am Dienstagvormittag bei der Explosion mit anschließendem Großbrand in Leverkusen ums Leben. 31 weitere wurden verletzt, davon einer schwer. Laut Werksleitung ereignete sich die Explosion im Tanklager der Sondermüllverbrennungsanlage des Chemieparks, in der Produktionsrückstände der dort ansässigen Firmen gesammelt und entsorgt werden. Drei Tanks mit organischen Lösungsmitteln gerieten in Brand. Darin befanden sich nach ersten Schätzungen der Betreiber 600.000 bis 900.000 Liter Lösungsmittel.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul von der CDU sprach den Angehörigen im Innenausschuss des Landtags sein Beileid aus. Er sei "in Gedanken bei den Angehörigen der Toten und den anderen Betroffenen". Er hoffe, dass die Vermissten schnell gefunden würden.
Quelle: ntv.de, jru/AFP/dpa