Panorama

Vor Vergewaltigungsprozess Christian B.s Verteidiger stellt Hauptzeugen infrage

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Christian B. ist Hauptverdächtiger im Fall Maddie und wurde bereits mehrfach wegen Sexualdelikten verurteilt.

Christian B. ist Hauptverdächtiger im Fall Maddie und wurde bereits mehrfach wegen Sexualdelikten verurteilt.

Seit mehr als drei Jahren ist Christian B. der Hauptverdächtige im Fall der 2007 verschwundenen Maddie. In der kommenden Woche beginnt ein Prozess wegen anderer Taten gegen ihn. Erwartet wird dann auch die Aussage eines wichtigen Belastungszeugen. Die Verteidigung ist auf diesen Mann offenbar gut vorbereitet.

Der Verteidiger von Christian B. hat erhebliche Zweifel an den Aussagen eines wichtigen Zeugen in dem anstehenden Verfahren gegen seinen Mandanten angemeldet. Friedrich Fülscher nannte Helge B. gegenüber ntv/RTL einen von zwei Hauptbelastungszeugen hinsichtlich der "Anklagevorwürfe, die auf vermeintlichen Videoaufnahmen beruhen sollen". B. soll in einem Prozess gegen Christian B. aussagen, der in der kommenden Woche wegen Missbrauchs von Kindern und Vergewaltigungen in Portugal vor dem Landgericht Braunschweig beginnt. Christian B. wurde im Juni 2020 überraschend von der Braunschweiger Staatsanwaltschaft als Hauptverdächtiger in dem Vermisstenfall des britischen Mädchens Madeleine McCann benannt. Die kleine Maddie war 2007 im portugiesischen Praia da Luz verschwunden.

Dem "Spiegel" zufolge gab Helge B. der Polizei bereits 2018 detailliert Auskunft über ein Treffen im südspanischen Bergdorf Orgiva, das nur wenige Wochen nach dem Verschwinden der Dreijährigen stattgefunden habe. Christian B. sei ihm dort zufällig über den Weg gelaufen, sagte Helge B. aus. Der Bekannte habe ihn damals gefragt, ob er nach Portugal zurückkehren werde. Nein, habe Helge B. geantwortet, es gebe dort zu viel Polizei wegen des vermissten Mädchens. Es sei schon merkwürdig, dass es so spurlos verschwunden sei.

Daraufhin soll Christian B. laut Helge B. gesagt haben: "Ja, sie hat nicht geschrien." Der Mann habe diese Worte ernst gemeint. "Christian said these words seriously", gab Helge B. in seiner englischsprachigen Aussage zu Protokoll. Er habe das so verstanden, dass Christian B. das Kind tatsächlich entführt habe, er sei schockiert gewesen.

Tatsächlich fanden die Ermittler heraus, dass das Handy von Christian B. bis kurz vor dem Verschwinden von Maddie in der Funkzelle am Tatort in Praia da Luz eingeloggt war, obwohl er damals nicht mehr in dem Ort lebte. Harte Beweise gegen Christian B., der die Tat bestreitet, fanden sie aber bislang offenbar nicht. In dem Fall wurde bisher keine Anklage erhoben.

"Auf Freispruch verteidigen"

In dem in der kommenden Woche beginnenden Prozess werden Christian B. drei Fälle schwerer Vergewaltigung und zwei Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern vorgeworfen. Die Taten soll er zwischen Ende Dezember 2000 und Juni 2017 in Portugal begangen haben. Mehrere Taten soll er per Video aufgezeichnet haben.

Helge B. sei für die Verteidigung natürlich sehr interessant, sagte Fülscher, der einer von vier Verteidigern im Team von Christian B. ist. Im Rahmen des Verfahrens werde aber ausführlich diskutiert werden müssen, wie glaubwürdig Helge B. ist. "Wir haben uns dafür entsprechend vorbereitet", so Fülscher. "Wir haben auch Material, was Gericht und Staatsanwaltschaft noch nicht bekannt ist, und werden das im Laufe des Verfahrens dann auch vorbringen." Um welches Material es sich dabei genau handelt, wollte der Kieler Strafrechtler vor Prozessbeginn nicht sagen.

Er machte aber deutlich, dass er und seine Kollegen in dem Verfahren einen Freispruch anstreben. "Wir werden auf Freispruch verteidigen, und zwar Freispruch hinsichtlich aller Anklagevorwürfe." Inwiefern man davon das Gericht überzeugen könne, werde man sehen.

Der über 100 Seiten umfassenden Anklageschrift seien mehrjährige, intensive und aufwendige Ermittlungen in mehreren europäischen Ländern, vor allem durch das Bundeskriminalamt, vorangegangen, teilte die Staatsanwaltschaft 2022 mit. Die Strafverfolger in Braunschweig und das Landgericht dort sind zuständig, weil Christian B. vor seinen Auslandsaufenthalten seinen letzten deutschen Wohnsitz in der niedersächsischen Stadt hatte. Derzeit sitzt der bereits mehrfach verurteilte Sexualstraftäter in Oldenburg für die Vergewaltigung einer US-Amerikanerin im Jahr 2005 im portugiesischen Praia da Luz eine siebenjährige Haftstrafe ab. Zu der Anklage und Verurteilung in diesem Fall hatten die Aussagen von Helge B. geführt.

Quelle: ntv.de, sba

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