Panorama

"Dass ich nicht alleine dasitze" Christian Jankowski verwaltet einen Nachlass

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Entrümpeln - die meisten hassen es, aber man kann Schätze finden.

Entrümpeln - die meisten hassen es, aber man kann Schätze finden.

(Foto: Contemporary Fine Art, Basel)

Christian Jankowski ist ein Künstler, der nicht nur Luftschlösser zusammenschrauben und -schweißen kann. Wer ihn in London oder im Berliner Schaufenster des KaDeWe verpasst hat, kann seine Arbeit als "Nachlassverwalter" momentan in Wien bewundern.

Ein Mensch stirbt. Trauer, Angst, Zorn, manchmal Erleichterung, und eine Zukunft ohne diese Person stehen nun an. "Was bleibt?", fragt man sich. Außer der Liebe, außer den Erinnerungen? "Dinge", könnte man ganz profan antworten. "Viele Dinge", wenn es sich um einen Haushalt älterer Menschen handelt, in dem Bilder, Gegenstände, einfach "Sachen" angesammelt wurden. "Sehr viele Dinge" lautet die Antwort, wenn es sich um einen Sammler handelt, wie im Fall des vor eineinhalb Jahren verstorbenen Sammlers, Juristen und Unternehmers Harald Falckenberg.

In der Wiener Galerie Crone nähert sich der Künstler Christian Jankowski mit "Antikstübchen Nachwort" und seiner Hommage dem Verstorbenen an - und dem, was materiell von ihm blieb: Mit einer raumgreifenden Installation und einer fünfzehnminütigen Videoarbeit zeigt Jankowski das Leben und Wirken einer ebenso schillernden wie prägenden Persönlichkeit der internationalen Kunstszene.

Die Schubladen

Jankowski ist ein künstlerischer Tausendsassa, einer, der sich nicht festlegt, der rund um die Uhr denkt, der sich 24/7 vorstellt, was er noch machen kann. So wirkt er jedenfalls, wenn man ihn sieht. Außerdem sieht er aus wie ein ewiger Paul Newman - was ein weiteres, persönliches Kunststück ist, Glück gehabt. Er stellt Luftschlösser auf Berggipfel, er reist, aber nicht mehr so viel wie früher, er entdeckt neue Orte, er kehrt zurück (nach Berlin, in sein Atelier), er spielt, er liest, er dreht. Jankowski arbeitet im Bereich der Konzept- und Medienkunst mit Film, Video, Fotografie und Performance, aber auch mit Malerei, Bildhauerei und Installation. Wie bereits erwähnt - ein Tausendsassa. Seine Arbeiten sind in zahlreichen Museen und Sammlungen vertreten, eine Einordnung fällt schwer. Und ist auch nicht nötig.

Die Verwertbarkeit

In Wien greift Jankowski auf den gesamten persönlichen Nachlass von Harald Falckenberg zurück, einschließlich privater Gegenstände, Schriftstücke, Kleidung, Bücher und sonstiger Hinterlassenschaften. Mithilfe der Haushaltsauflösungs-Firma "Rümpelwelt" ließ er sie wenige Tage nach dem Tod des Sammlers aus dessen Wohnung abtransportieren und entsprechend ihrer Verwertbarkeit sortieren. Im Ausstellungsraum arrangiert er sie nun nach den Vorgaben der Entrümpelungsprofis und kontextualisiert sie mit Reklameschildern von Antiquitäten- und Ramschläden, die er mit den Titeln von Falckenbergs bekanntesten Kunstessays verknüpft.

Entstanden ist ein Werk, mit dem das Leben eines Kunstmäzens gewürdigt wird, der eine einzigartige Sammlung aus dem Umfeld Fluxus, Neo-Dada, Wiener Aktionismus, Konzeptkunst, Performance und anarchisch-provokativer Malerei hinterlassen hat. Die Frage, die sich nach wie vor stellt, ist, was von einem Menschen im Augenblick des Todes ganz persönlich, ganz unmittelbar, ganz leibhaftig bleibt. Oder verschwindet. Durch Jankowskis Antikstübchen bleibt der Sammler Falckenberg eindeutig sehr lebendig und die Kunst zugänglich.

Der Stillstand

Der Tod bedeutet gemeinhin Stillstand. Dass das nicht so sein muss, beweist Jankowski. Seine Arbeitsweise -"am schönsten ist doch eigentlich, wenn es ein bisschen so ist wie Ein- und Ausatmen, wenn man einfach so macht", wie er ntv.de einmal verraten hat - zeigt die Wiener Galerie Crone. Man spürt, was wichtig ist, was bleibt.

Und was ist Christian Jankowski wichtig? "Das kollektive Arbeiten. Dass ich nicht alleine da sitze, das inspiriert mich nicht. Ich muss immer wieder rausgehen und Leute anquatschen. Und wenn man auch mal eine Gegenfrage bekommt oder einen komischen Blick, dann ist das gut, dann fängt man an zu interpretieren. Durch Feedback fangen neue Ideen an zu wachsen. Im Kollektiv. Dadurch rutsche ich immer von einem Ding ins nächste, aber das ist ideal für mich. Mit Pausen kann ich nicht so gut umgehen."

In Wien, dieser wunderbaren Stadt, die bekannt dafür ist, das Morbide zu feiern und bisweilen auch ein kleines bisserl zu verklären, kann man dieser Frage in aller Seelenruhe bis zum 27. August am Getreidemarkt 14 nachgehen. Und in Berlin zeigt Christian Jankowski sein "Wedding Gift" bei Contemporary Fine Arts in der Grolmannstraße 32/33 bis zum 30. August.

Quelle: ntv.de

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