Ab Sonntag mehr Freiheit Diese Lockerungen gelten bald für Geimpfte
07.05.2021, 13:03 UhrBundestag und Bundesrat verabschieden weitreichende Lockerungen für Geimpfte und vom Coronavirus genesene Personen. Nun verkündet die Bundesjustizministerin: Die Beschlüsse werden bereits ab dem Wochenende umgesetzt. Eine Übersicht zu den neuen Regeln.
Nach dem Ja des Bundesrats zu den Erleichterungen für Geimpfte und Genesene tritt die entsprechende Verordnung am Sonntag in Kraft. Dies teilte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht mit. "Das ist ein ganz wichtiger Schritt hin zu mehr Normalität", sagte die Ministerin zu der neuen Regelung.
Geimpfte und Genesene brauchen ab Sonntag keinen negativen Test mehr, wenn sie zum Beispiel einkaufen oder zum Friseur gehen oder einen botanischen Garten besuchen. Wer geimpft oder genesen ist, kann sich im privaten Rahmen ohne Einschränkungen treffen. Ausgangsbeschränkungen gelten nicht mehr für geimpfte und genesene Personen. Für sie kann eine Quarantäne auch nur noch in Ausnahmefällen angeordnet werden.
Die Erleichterungen gelten für die Betroffenen 14 Tage nach Erhalt der vollständigen Impfung. Bei drei der vier zugelassenen Vakzine sind dafür zwei Impfungen notwendig. Wer eine Coronavirus-Infektion hinter sich hat, braucht entsprechend einen Genesenennachweis. Die vorherige Infektion muss durch einen PCR-Test nachgewiesen werden, der mindestens 28 Tage sowie höchstens sechs Monate zurückliegt.
"Wenn die Infektionszahlen weiter sinken, werden zügig weitere Schritte folgen", fügte SPD-Politikerin Lambrecht hinzu. Das könnte insbesondere auch den Bereich Gastronomie und Hotels betreffen, zu dem die Verordnung noch keine Festlegungen trifft. Der Bundesrat hatte die Verordnung zuvor gebilligt, nachdem ihr am Donnerstag bereits der Bundestag zugestimmt hatte.
Welche Regeln gelten nun für Geimpfte und Genesene?
Vollständig Geimpfte und genesene Menschen werden ab Sonntag von den bislang geltenden Kontaktbeschränkungen befreit. Das bedeutet: Sie dürfen sich mit beliebig vielen anderen Geimpften und Genesenen treffen. Bei Treffen mit Ungeimpften, etwa im Familien- oder Freundeskreis, zählen Geimpfte oder Genesene künftig nicht dazu. Außerdem gelten für sie die nächtlichen Ausgangsbeschränkungen nicht mehr. Und nach Reisen müssten vollständig Geimpfte und genesene Menschen nicht mehr in Quarantäne - es sei denn, sie reisen aus einem Virusvariantengebiet ein.
Geimpfte und genesene Menschen werden zudem den Negativ-Getesteten gleichgestellt. Das heißt, sie müssen sich vor einem Friseurbesuch oder dem Termin-Shopping nicht mehr auf das Coronavirus testen lassen. Die Pflicht zum Tragen einer Maske an bestimmten Orten sowie das Abstandsgebot im öffentlichen Raum gelten aber weiterhin. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller sieht in der Kontrolle der Neuregelungen eine Herausforderung. "Das wird verdammt schwer, es zu kontrollieren", sagte Müller im Deutschlandfunk. Für eine Übergangszeit sei es unumgänglich, dass Geimpfte ihren Impfpass oder eine Bestätigung ihres Arztes mitführten.
Wer gilt als geimpft?
Als geimpft gelten alle Menschen, die den vollen Impfschutz erreicht haben. Laut Verordnung ist dies der Fall, wenn nach der letzten erforderlichen Einzelimpfung, in der Regel nach der zweiten Impfung, mindestens 14 Tage vergangen sind. Die geimpfte Person muss als Beleg einen Nachweis auf Papier oder digital auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch oder Spanisch vorlegen können. Wie lange der Impfschutz anhält, lässt sich bislang nicht sagen. Dass später zusätzliche Impfungen nötig sein könnten - etwa wegen weiterer Virus-Varianten - ist nicht ausgeschlossen.
Wer gilt als genesen?
Als genesen gelten laut Verordnung diejenigen Menschen, die eine Corona-Infektion überstanden haben - und diese mit einem positiven PCR-Labortest nachweisen können, der mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate alt ist.
Menschen, deren Erkrankung länger als sechs Monate zurückliegt, gelten im Sinn der Verordnung nicht als genesen. Der Grund: Zwar bildet das Immunsystem entsprechende Antikörper aus, diese verschwinden nach einer gewissen Zeit wieder. Ihnen wird zum Verstärken der Immunantwort eine Schutzimpfung empfohlen. Diese sollte laut der Ständigen Impfkommission (Stiko) frühestens sechs Monate nach der Genesung erwogen werden.
Gibt es nun eine Impfpflicht?
Nein, die Corona-Impfung ist freiwillig. Allerdings hofft die Bundesregierung, dass sich möglichst schnell viele Menschen impfen lassen. Kanzleramtsminister Helge Braun erinnerte am Mittwoch daran, dass Schwangere und Kinder noch gar nicht geimpft werden könnten. "Wir sollten in den nächsten Wochen eine so klare Politik machen und die Infektionszahlen so stark reduzieren, dass es sowohl für Kinder als auch für Schwangere, nämlich für die Gesamtbevölkerung als solche, kein großes Ansteckungsrisiko mehr gibt, wenn sie Kontakte haben", sagte Braun.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn warnte derweil vor zu schnellen Lockerungen. "In dieser Phase der Pandemie geht es weiterhin darum, das Erreichte nicht zu verspielen", sagte Spahn in Berlin. "Zu viele öffnen gerade ziemlich viel bei relativ hoher Ausgangsinzidenz." Zu viel Ungeduld würde aber nur dem Virus helfen. Es gelte, den positiven Trend zu verstetigen. "Das geht aber nicht mit vorschnellen Lockerungen", warnte Spahn. Es brauche "Zuversicht, gepaart mit Umsicht, um Menschen zu schützen". Der wachsende Optimismus dürfe jetzt nicht dazu führen, dass sich die Menschen bei Kontakten und Abstand nicht mehr an die Regeln halten.
Wenn mit Lockerungen bei einem Inzidenzwert unter 100 begonnen werde, dann sollte es diese laut Spahn im Außenbereich für die Außengastronomie oder kulturelle Veranstaltungen im Freien geben und zwar "testgestützt auf breiter Front".
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat unterdessen zu gesellschaftlichem Zusammenhalt aufgerufen. "Jetzt befinden wir uns in einer sehr kritischen Phase der Pandemie, eine Phase, in der dieser Zusammenhalt leicht gefährdet werden könnte", sagte der CDU-Chef im Bundesrat. "Dazu brauchen wir einen verantwortungsvollen Umgang mit dem eigenen Glück", forderte der Unions-Kanzlerkandidat von vollständig Geimpften. Wenn sie Menschen begegnen, "die noch auf die Impfung hoffen", sollten sie ihnen mit einer "Geste des Respekts" begegnen und nicht mit "triumphalistischem Überschwang".
Quelle: ntv.de, ter/AFP/dpa