Nächte weiterhin bitterkalt Ein Ende des Winters ist nicht abzusehen
11.02.2021, 17:35 Uhr
Die Chancen auf Tauwetter in der nächsten Woche steigen. Aber ob dieses anhält oder danach die Kälte direkt wieder zurückschlägt, ist völlig offen. Bis Anfang April müssen wir unter Umständen auf den Frühling warten, sagt ntv-Meteorologe Björn Alexander.
ntv.de: Deutschland zeigt sich tief winterlich. Wie lange müssen wir noch bibbern?
Björn Alexander: Das Wochenende bringt zwar tagsüber eine leichte Entspannung des Frostes und außerdem richtig viel Sonne. Und die hat jetzt - Mitte Februar - natürlich schon wieder mehr Kraft als im Dezember oder Januar. Auf der anderen Seite weht der Wind zum Teil recht lebhaft, was wiederum die gefühlten Temperaturen, den sogenannten Windchill, ganz ordentlich nach unten treibt. Und außerdem sind die Nächte weiterhin bitterkalt.
Im Vergleich zu anderen Winterwetterlagen: Wie ist die aktuelle Wetterlage einzuschätzen?
Gemessen an den Temperaturen und der Schneelage für ganz Deutschland ist die Lage in etwa vergleichbar mit Winterlagen in den Jahren 2010, 2011 und 2012. Auch der Märzwinter 2013 war recht heftig. An einzelnen Wetterstationen purzelten und purzeln jetzt aber Rekordtiefstwerte, die schon deutlich älter sind.
Was waren denn die tiefsten Temperaturen bisher?
Mit Temperaturen von teils unter minus 25 Grad sind wir schon ziemlich am unteren Ende angekommen. So vermeldete beispielsweise Weimar in Thüringen in der vorletzten Nacht eine neue Rekord-Tiefsttemperatur von minus 25,2 Grad. Wetze in Niedersachsen brachte es sogar auf minus 27,1 Grad und führt damit die Liste der eisigsten Temperaturen bisher an.
Wie eisig werden die Nächte in Richtung Wochenende?
Verbreitet wird es erneut für um die minus 10 bis minus 20, stellenweise auch für unter minus 20 Grad reichen. Und weil in manchen Medien ja auch schon mal noch niedrigere Temperaturen ausgegraben werden: Dabei handelt es sich um die Temperaturen direkt am Boden, also in fünf Zentimetern Höhe. Auch das sind natürlich tatsächliche Messwerte, aber sie gelten eben nicht als Referenz für die Tiefstwerte, die in zwei Metern Höhe gemessen werden.
Welche Temperaturen wurden denn direkt am Boden gemessen?
Generell liegen diese Werte bei klarem Himmel nochmals etwas darunter. Da schlagen derzeit minus 30,2 Grad als negativer Spitzenreiter zu Buche. Gemessen ebenfalls in der Nacht zum Mittwoch in Olbersleben in Thüringen.
Wie lange dauert der Winter denn jetzt noch an?
Das Wochenende ist wie gesagt weiterhin hochwinterlich. In der nächsten Woche steigen dann aber die Chancen auf Tauwetter, das sich von Westen her durchsetzen könnte. Aber wie nachhaltig es ist und ob anschließend nicht rasch wieder die Kälte zurückschlägt, das ist völlig offen. Schlussendlich liegt in vielen Landesteilen jetzt eine ordentliche Schneeauflage. Und da macht eine kurzzeitige Milderung nicht so viel, wenn anschließend schon wieder kältere Luft folgt.
Hängt auch der Polarwirbel mit dem möglichen Wetterumschwung zusammen?
Als Big-Player in der Winter-Wetterküche spielt er natürlich eine gewichtige Rolle. Momentan verdichten sich die Anzeichen, dass sich der Polarwirbel - nach seiner Teilung, dem Polarwirbel-Split - wieder regenerieren kann. Allerdings ist es so, dass es oft um die 10 bis 14 Tage dauert, bis wir die Auswirkungen dieses durchaus komplexen Prozesses auch bei unserem Wetter zu spüren bekommen.
Es läuft immer alles zeitversetzt ab. Wo der regenerierte Polarwirbel mit seinem Kern schlussendlich genau liegt, und ob wir dann Ende Februar oder im März sogar wieder auf der kalten Seite liegen, ist ebenfalls noch völlig offen. Schlussendlich gibt es auch langfristige Modellberechnungen, die uns 15 Grad und mehr mit einem nachhaltigen Frühlingsbeginn erst Ende März oder sogar Anfang April berechnen.
Mal wieder ein richtiger Winter: Spricht das eigentlich gegen den Klimawandel?
Das könnten sich die Leugner in unserer Welt ganz bestimmt genau so vorstellen. Aber es ist nicht so. Klima ist das mittlere Wetter über einen Zeitraum von 30 Jahren. Und da gehören diverse Schwankungen beim alltäglichen Wetter natürlich nicht nur dazu, sondern es gab sie schon immer und wird sie immer geben. Und genauso findet natürlich auch Luft aus nördlichen und östlichen Gefilden ihren Weg weiterhin bis zu uns. Der einzige Unterschied ist, dass das durch den Klimawandel in den letzten Jahren immer seltener passiert ist. Übrigens lässt sich der durch den Menschen verstärkte und beschleunigte Klimawandel inzwischen auch beim täglichen Wetter nachweisen. Das kann man zwar ebenfalls leugnen, aber es lässt sich leider nicht mehr wegdiskutieren.
Zum Wetter am Wochenende: Was erwartet uns?
Es wird ein wirklich schönes Winterwochenende. Gerne mal mit 6 bis 8, vielleicht sogar bis zu 9 Sonnenstunden. Das Ganze am Samstag bei dauerfrostigen Höchstwerten zwischen minus 8 und 0 Grad. Der Sonntag wird dann weniger eisig bei maximal minus 5 bis plus 3 Grad. Jedoch sorgt der Wind dafür, dass sich das deutlich kälter anfühlt.
Und nächste Woche?
Ist das Winterhoch leider schon wieder abgezogen, und aus Westen rücken die Tiefs nach. Somit droht am Montag die nächste brisante Wetterlage. Mit Schnee oder Regen, der von der Eifel bis rauf zur Nordsee auf gefrorene Böden trifft und somit für akute Glätte mit Blitzeis führen kann. Dazu im Osten minus 3, im Westen bis plus 5 Grad. Und auch anschließend sieht es nach einem Kampf der Luftmassen aus.
Was heißt das genau?
Im Westen und Südwesten sind zur Wochenmitte - je nach Wettermodell - Höchstwerte bis an die 10 Grad möglich, während es weiter ostwärts länger winterlich bleiben dürfte. An der Grenze zur Frostluft sind weiterhin extreme Glätte-Situationen denkbar. Aber für Details ist es definitiv noch zu früh. Zumal auch noch unklar ist, mit welcher Kraft und in welcher Größenordnung die Milderung genau zu uns kommt.
Quelle: ntv.de