
Mehr als 200 Studios bieten die Tätowierung kostenfrei an.
(Foto: Junge Helden e.V./McCann)
In Deutschland besitzen zu wenig Menschen einen Organspendeausweis. Eine Tattoo-Aktion soll mehr Bewusstsein für das Thema schaffen - und Angehörigen im Ernstfall dabei helfen, zu entscheiden.
Ein Tattoo, das Leben rettet - das klingt erst mal pathetisch. Dahinter steckt eine Aktion des Vereins Junge Helden. Aufnahmen auf deren Instagram-Seite zeigen einen Kreis und zwei Halbkreise auf der Haut vieler Menschen. "Ein Symbol für das Geschenk des Lebens", schreibt die Organisation dazu. Wer es sich stechen lässt, weist nach, seine Organe nach dem Tod einem anderen Menschen geben zu wollen. So lautet jedenfalls die Idee.
In Deutschland warten derzeit rund 10.000 Menschen auf eine Organtransplantation. Voraussichtlich werden 1000 von ihnen kein lebensrettendes Organ erhalten. Laut einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung stehen die meisten Menschen in Deutschland einer Organspende zwar positiv gegenüber, doch nur 44 Prozent haben auch einen Organspendeausweis.
Ein Missverhältnis, das aus Sicht vieler Experten durch die deutsche Gesetzgebung begünstigt wird. Während in Ländern wie Österreich einer Organentnahme ausdrücklich widersprochen werden muss, gilt in Deutschland die Entscheidungslösung. Das heißt, der Organspende muss zu Lebzeiten zugestimmt worden sein, etwa durch ein Dokument wie den Organspendeausweis. Gibt es einen solchen Nachweis nicht, entscheiden die Angehörigen stellvertretend. Unmittelbar nach einem Verlust ist das keine leichte Aufgabe. Das Tattoo soll die Entscheidung erleichtern.
"Jeder Vierte ist tätowiert"
"In Deutschland gibt es eine positive Grundhaltung zur Organspende, zugleich ist jeder Vierte tätowiert. Daran wollen wir anknüpfen", sagt Anna Barbara Sum im Gespräch mit ntv.de. Sie ist eine der Vorsitzenden von Junge Helden. Seit 20 Jahren informiert der Verein über Organspende. Nachdem die Idee eines Organspende-Tattoos auf einer Messe gut ankam, ging im März die bundesweite Kampagne an den Start.
Zwar ist eine solche Tätowierung kein rechtsgültiges Dokument, aber ein Bekenntnis. "Wir wollen, dass mehr über die Organspende gesprochen wird", sagt Sum. Und ein Tattoo sorgt für Gesprächsstoff. "Wenn Freunden und Verwandten das Motiv erklärt wird, verdeutlicht das auch die eigene Haltung zur Organspende". Im Ernstfall sind das womöglich genau die Menschen, die bestimmen müssen, ob Organe gespendet werden oder nicht.
Über 200 Studios nehmen teil
Auch in den Tattoo-Studios scheint sich die "Optink" getaufte Aktion herumgesprochen zu haben. Über 200 machen schon mit, darunter das Tattoo Atelier im baden-württembergischen Ettenheim und das Inkwell im benachbarten Emmendingen. "Ein Freund, der aufgrund seiner Krankheit eines Tages selbst eine Organspende benötigen wird, hat mich auf die Aktion aufmerksam gemacht", sagt Inhaberin Salwa Oberst ntv.de. Seit drei Wochen bietet sie das Motiv kostenfrei in beiden Geschäften an - und das Interesse ist groß. Mehr als zehn Mal hat sie den Kreis mit den beiden Halbkreisen schon tätowiert, fast täglich kommen neue Anfragen dazu.
Kostenlos ist das "Optink"-Tattoo immer, den Studios ist es jedoch freigestellt, ob sie die Aktion durchgehend, nur an bestimmten Tagen oder zusätzlich zu einem bezahlten Tattoo anbieten. Die Jungen Helden haben bereits Fotos von über 500 Menschen und ihren neuen Organspende-Tattoos erhalten. Sum schätzt die Gesamtzahl der gestochenen Motive sogar auf 3000.
Unterstützung erhält die Kampagne auch von offizieller Seite. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung begrüße die Aktion, sagt eine Sprecherin auf Anfrage von ntv.de. Die Tätowierung könne als Willenserklärung gewertet werden und bei der Entscheidungsfindung helfen, sofern die Bedeutung bekannt ist. Im Zweifel kann das Tattoo also tatsächlich dazu beitragen, Leben zu retten.
Quelle: ntv.de