Lawinenunglück in Italien Einsatzkräfte bergen drei Leichen aus Hotel
19.01.2017, 18:00 Uhr
Unter schwierigen Bedingungen versuchen die Retter, die Eingeschlossenen zu erreichen.
(Foto: AP)
Nur langsam dringen die Rettungskräfte nach dem Lawinenabgang in das Innere des in den Abruzzen verschütteten Hotels vor. Dass von den rund 30 Vermissten noch jemand lebt, gilt als unwahrscheinlich.
Nach dem Lawinenunglück in einem Hotel in Italien sind Medienberichten zufolge drei Leichen geborgen worden. Die Nachrichtenagentur Ansa meldete die Bergung unter Berufung auf die Polizei. Eine vierte Leiche sei lokalisiert, aber noch nicht herausgeholt worden. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür zunächst nicht.
Das Hotel in den Abruzzen war am Mittwoch nach einer Erdbebenserie verschüttet worden. Die Feuerwehr twitterte, es gebe kein Lebenszeichen von den Vermissten. Die Behörden gehen von bis zu 30 Toten aus. Die Aussicht, noch Überlebende zu finden, gilt als gering. Unter den Verschütteten im Abruzzen-Ort Farindola sollen auch mindestens zwei Kinder sein. Mindestens zwei Menschen überlebten das Unglück.
Bilder einer Videokamera zeigten, wie die Lawine in das Vier-Sterne-Hotel Rigopiano mit 45 Zimmern eingedrungen ist. Die Rettung wurde durch Schneemassen erschwert. Die ersten Helfer kamen nur auf Skiern zu dem Hotel. Nach Medienberichten soll das Hotel durch die Wucht der Lawine um zehn Meter verschoben worden sein.
"Hilfe, wir sterben vor Kälte"
Vier Beben, die alle eine Stärke über 5 hatten, hatten am Mittwoch das Gebiet erschüttert, das bereits im August und Oktober von Beben heimgesucht worden war. Erdbeben und seit Jahrzehnten nicht da gewesene Schneefälle hätten eine beispiellose "Kneifzange" gebildet, sagte Ministerpräsident Paolo Gentiloni. In den nächsten Tagen soll es in der Erdbebenregion weiter schneien.
Auch Ausländer waren unter den Opfern. Unter den Touristen, die sich wohl noch im zugeschütteten Hotel befanden, sollen drei Rumänen sein, eine Mutter mit ihren zwei Kindern, teilte das Außenministerium in Bukarest mit. Ob sie überlebt haben, sei unbekannt. Das Auswärtige Amt hatte zunächst keine Erkenntnisse über deutsche Opfer: "Die Botschaft ist in engem Kontakt mit den italienischen Behörden und bemüht sich um rasche Aufklärung."
Die Einsatzkräfte verschafften sich Zutritt zum Hotel und suchen mit Spezialhunden, Geophonen - mit denen Bodenschwingungen erfasst werden können - und Kameras nach den Vermissten. Der Feuerwehr zufolge hatten sich viele Menschen in der Bar aufgehalten, als die Lawine am Mittwoch über das Hotel hineingebrochen war.
Aus dem Gebäude soll es dann am Abend einen Hilferuf per SMS gegeben haben, wie Medien berichteten. "Hilfe, Hilfe, wir sterben vor Kälte", zitierten Ansa und "La Repubblica" die Textnachricht. "Wir rufen, aber niemand antwortet", berichteten Helfer.
Gäste warteten auf den Schneepflug
Die dramatische Szenerie, die sich den Helfern zeige, sei ein "tragisches Gemisch aus Erdbeben und Lawine". Die Lawine sei "immens". Einige der Rettungskräfte steckten im Schnee fest. Auch Krankenwagen kamen zeitweise wenige Kilometer von dem Hotel entfernt nicht weiter.
Weil sie sich im Freien aufgehalten haben, haben mindestens zwei Menschen aus dem Hotel überlebt. Ein 38-Jähriger sei unversehrt, weil er zum Auto gegangen sei, um etwas zu holen, berichtete Ansa unter Berufung auf Ärzte. Der Mann habe die Einsatzkräfte alarmiert. Er selbst sei auch verschüttet worden, habe sich aber aus eigenen Kräften befreien können. Er bange um Frau und zwei Kinder.
Ein Freund des 38-Jährigen sagte Medienberichten zufolge, dass die Gäste nach den Beben am Mittwoch abreisen wollten. "Sie hatten schon die Koffer gepackt, alle Gäste wollten abreisen." Die Menschen hätten auf einen Schneepflug gewartet, dessen Ankunft sich allerdings verzögerte, berichtete "La Repubblica". Die Staatsanwaltschaft in Pescara leitete Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung ein. Gegen wen, war unbekannt.
In der Nacht zu Donnerstag kam es zu weiteren Erdstößen in der Region. Einige Orte waren wegen des Schnees von der Außenwelt abgeschnitten, Tausende Haushalte ohne Strom. Durch die heftigen Schneefälle und die Erdbeben erhöhte sich die Lawinengefahr - derzeit gilt die Alarmstufe vier von fünf. Einsatzkräfte hatten bereits am Mittwochabend eine Leiche aus den Trümmern eines Hauses in der Gemeinde Castel Castagna in der Provinz Teramo geborgen.
Quelle: ntv.de, jog/dpa