"Man fällt und fällt" Eltern von Brokstedt-Opfer äußern sich
28.06.2023, 08:50 Uhr Artikel anhören
Kerzen und Blumen stehen und liegen im Bahnhof Brokstedt in einem Wartehäuschen.
(Foto: Marcus Brandt/dpa)
In Kürze beginnt der Prozess gegen den Mann, der im Regionalzug bei Brokstedt eine 17-Jährige und einen 19-Jährigen getötet haben soll. Nun sprechen die Eltern der jungen Frau über die Tage und Monate danach.
Fünf Monate nach dem tödlichen Messerangriff in einem Regionalzug bei Brokstedt haben sich die Eltern der getöteten 17-Jährigen zum Tod ihrer Tochter geäußert. "Auch wenn es unfassbar schwerfällt, einen Weg zu finden, auf dem wir weitergehen können ohne Ann-Marie - wir werden ihn finden", sagten die Eltern dem Magazin "Stern".
In den Tagen nach der Tat seien sie von Freunden unterstützt worden, berichten die Eltern. Stille hätten sie nicht ausgehalten. "Ich war dankbar für jeden, der da war, sonst wäre ich nicht mehr aufgestanden", sagte die Mutter. Sie habe bis heute kaum Erinnerungen an den Abend und die Tage danach. "Sie sind wie im Nebel, ganz weit weg." Auch ihr Mann kann sich demnach nur bruchstückhaft an die Momente erinnern, nachdem ihm die Todesnachricht überbracht wurde. "Das war so, als würde sich ein großes Loch auftun, und man fällt und fällt." Über sein Leben danach sagt er: "Es ist alles sehr ziellos, sehr perspektivlos geworden."
Vor dem Landgericht Itzehoe beginnt am 7. Juli der Prozess gegen den mutmaßlichen Täter. Die Eltern des getöteten Mädchens wollen dem Prozess nicht beiwohnen. Auch aus Selbstschutz wollen sie nicht in einem Raum sein mit dem Mann, der ihre Tochter getötet haben soll, hieß es. "Was ich weiß, ist eigentlich schon zu viel", sagte der Vater. "Ich habe zu viele Bilder im Kopf."
Dem Palästinenser Ibrahim A. wird vorgeworfen, am 25. Januar in dem Zug im Kreis Steinburg Fahrgäste mit einem Messer angegriffen und zwei Menschen im Alter von 17 und 19 Jahren getötet haben. Fünf weitere wurden verletzt. Erst wenige Tage zuvor war der Mann aus der Untersuchungshaft in Hamburg entlassen worden.
Als Konsequenz aus dem Messerangriff forderten Schleswig-Holstein und Hamburg mehr Sicherheit in Zügen und an Bahnhöfen durch Waffenverbote. Außerdem setzten sie sich für eine bundesweite Automatisierung vorgeschriebener Mitteilungen zwischen Ausländer-, Polizei-, Justiz- und Justizvollzugsbehörden ein.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa