Gericht verhängt GeldstrafeEnkelin ließ 99-jährige Großmutter hungern

Eine fast 100-Jährige ruft um Hilfe, Nachbarn alarmieren die Polizei. Die Enkelin muss sich vor Gericht dafür verantworten, dass ihre Großmutter Durst und Hunger litt. Der Richter verhängt nun eine Geldstrafe, zeigt aber in seiner Urteilsbegründung viel Verständnis für die Nöte der 37-jährigen Angeklagten.
Eine Frau, die ihre Großmutter vernachlässigt hatte, ist wegen Körperverletzung durch Unterlassen zu einer Geldstrafe von 1350 Euro - 90 Tagessätze - verurteilt worden. "Das war alles zu viel für sie, sie war völlig überfordert", sagte der Richter vom Bad Homburger Amtsgericht während der Urteilsbegründung. Die 37-jährige Frau hatte zur Tatzeit Ende des Jahres 2018 gemeinsam mit der damals 99 Jahre alten Großmutter sowie etlichen Katzen, Kaninchen und Vögeln in einer völlig verwahrlosten Zwei-Zimmer-Wohnung in Neu-Anspach gehaust.
Im Frühjahr des Jahres 2018 hatte sie die Großmutter, bei der sie aufgewachsen war und die nicht im Pflegeheim leben wollte, zu sich genommen. Ihr Studium gab sie auf, um die alte Frau pflegen zu können, die Beziehung zu ihrem Freund ging in die Brüche. Sie wurde depressiv und ließ sich therapeutisch sowie medikamentös behandeln. Zur Weihnachtszeit ging es ihr noch schlechter - sie verlor auch ihren Aushilfsjob. Die Großmutter konnte nicht wie sonst in der Tagespflege betreut werden, die Psychotherapie fiel aus.
Zweiter Anklagepunkt fallengelassen
Laut ihrer Erklärung im Gericht ließ die Angeklagte die Oma am Abend des 28. Dezember schlafend in der Wohnung zurück und ging zu einem Freund. Dort schlief sie ein und verbrachte die Nacht. Am nächsten Morgen alarmierten Nachbarn die Polizei, weil die Oma um Hilfe rief. Die Rettungskräfte fanden die Frau in dehydriertem Zustand im Bett der zugemüllten Wohnung. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht. "Wir können beweisen, dass sie zumindest einige Zeit nicht mit Wasser und Nahrung versorgt wurde", so der Richter.
Angeklagt gewesen war die Enkelin auch, weil es Hinweise auf eine Verwahrlosung der Oma später im Jahr 2019 gegeben hatte. In diesem Punkt wurde sie jedoch freigesprochen. Die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass sie sich nach dem Vorfall Ende 2018 vorbildlich um die mittlerweile gestorbene Frau gekümmert hatte.