Zeugenaussage zum Tiergartenmord Erhielt Mörder falsche Identität vom Kreml?
16.02.2021, 19:41 Uhr
Die Umstände des Mordanschlags sind noch immer nicht geklärt.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der Zeuge bleibt anonym, weder Name noch Alter oder Wohnort werden genannt. Seine Aussage im Prozess um den Mord im Tiergarten in Berlin aber ist brisant. Dem Journalisten zufolge verschaffte der russische Staat jenem Mann falsche Papiere, der dann einen 40-Jährigen erschoss.
Im Prozess um den sogenannten Tiergartenmord in Berlin hat ein Journalist von Recherchen zur mutmaßlich falschen Identität des russischen Angeklagten berichtet. Erst im Sommer 2019 habe dieser eine Steuer-Identifikationsnummer bekommen, er habe auch einen Visumsantrag ohne Unterschrift gesehen, führte der Zeuge am Kammergericht Berlin aus. Auf einem Dokument sei zudem ein Arbeitgeber in Sankt Petersburg aufgeführt gewesen, der den Mann nicht kannte. Die Person könne nicht ohne Beteiligung des russischen Staates erschaffen worden sein, gab der Zeuge zu Protokoll.
Aus Sicherheitsgründen wurden zu Beginn der Zeugenaussage weder Name, Alter noch Wohnort des Mannes genannt. Der in Bulgarien aufgewachsene Mann, der nach eigenen Angaben überwiegend ehrenamtlich für das Recherchenetzwerk Bellingcat arbeitet, wurde von mehreren Personenschützern bewacht, seine englischen Aussagen wurden ins Deutsche und Russische übersetzt. Der Mann gilt als wichtiger Zeuge und Unterstützer der Ermittlungen. Er soll auch an den nächsten Prozesstagen befragt werden.
Angeklagt ist ein Russe, der am 23. August 2019 einen 40-jährigen Georgier tschetschenischer Abstammung, der seit Ende 2016 als Asylbewerber in Deutschland lebte, in der Parkanlage Kleiner Tiergarten mit einer Schalldämpfer-Pistole aus nächster Nähe erschossen haben soll. Zeugen sprachen von einer Art Hinrichtung. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft wurde die Tat im Auftrag staatlicher russischer Stellen verübt. Der Fall belastet die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland stark. Das Opfer hatte im Tschetschenien-Krieg gegen Russland gekämpft und galt dort nach Angaben der Anklage als Staatsfeind.
Der mutmaßliche Mörder wurde kurz nach der Tat gefasst und sitzt in Untersuchungshaft. Er soll erst kurz zuvor mit Alias-Namen nach Deutschland eingereist sein. Der Angeklagte hatte zu Beginn des Prozesses im Oktober über seinen Anwalt erklären lassen, er heiße Vadim S., sei 50 Jahre alt und Bauingenieur. Der Bundesanwaltschaft zufolge ist er älter und hat einen anderen Namen. Der Angeklagte äußerte sich bislang nicht, auch am Dienstag saß er fast reglos in seiner Box aus Panzerglas.
Quelle: ntv.de, tsi/dpa