Panorama

Abgestürzt und überlebt"Es war wie auf einer Achterbahn"

15.08.2018, 15:07 Uhr
imageVon Andrea Affaticati, Mailand
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Screenshot aus einem Video vom Montag: Retter suchen unterhalb der eingestürzten Brücke nach Überlebenden. (Foto: imago/Italy Photo Press)

Zuerst war da ein stumpfes Krachen, danach stürzte er mit seinem Wagen in die Tiefe. Der Feuerwehrmann Davide Capello, ein ehemaliger Fußballprofi, überlebte den Zusammenbruch der Morandi-Brücke in Genua.

Dass Menschen eine solche Katastrophe überstehen, ist eigentlich kaum vorstellbar. Anders als Luigi, der Fahrer des grünen Lastwagens, der gerade noch rechtzeitig bremsen konnte, wurde der 33-jährige Davide Capello beim Einsturz der Autobahnbrücke in Genua in den mehr als 40 Meter tiefen Abgrund gerissen - und blieb am Leben.

Dienstag sei sein freier Tag gewesen, erzählte Capello Reportern im Krankenhaus, wie auf einem Video der Tageszeitung "La Repubblica" zu hören ist. Deswegen habe er ein paar Besorgungen in Genua erledigen wollen. Auf dem Weg in die Stadt fuhr er über die Morandi-Brücke. Er könne sich an ein stumpfes Krachen erinnern und wie eine Sekunde später die Asphaltdecke nachgab und in die Tiefe stürzte. "Ich hatte das Gefühl, mich mit meinem Auto auf einer Achterbahn zu befinden."

Auf die Frage, ob er etwas Ungewöhnliches bei der Fahrt über das Viadukt bemerkt habe, einen Blitz zum Beispiel, antwortete er: "Nein, nichts. Es regnete zwar stark, aber von einem außergewöhnlichen Gewitter kann nicht die Rede sein." Capello ist ehemaliger Fußballprofi, er war bis 2005 beim sardischen Erstligisten Cagliari Calcio unter Vertrag, der damals noch in der Serie B spielte. Ende 2013 beendete er seine Karriere beim italienischen Viertligisten Savona FBC.

Mit Capello und seinem Wagen stürzten Dutzende weitere Fahrzeuge in die Tiefe, denn auf der Brücke herrschte reger Verkehr. Die Morandi-Brücke war ein zentrales Drehkreuz zwischen der Riviera di Levante und der Riviera di Ponente. Trotz des Wetters waren wegen des heutigen Feiertags Mariä Himmelfahrt viele Menschen in Richtung Strand unterwegs.

Rettungskräfte zogen Capello so gut wie unverletzt aus dem Auto. Noch im Wagen hatte er seinen Vater angerufen, um ihm mitzuteilen, dass es ihm gut gehe. Dass er einen solchen Sturz überleben konnte, verdanke er der Heiligen Barbara, sagte Capello. Er arbeitet als Feuerwehrmann in der 50 Kilometer westlich von Genua gelegenen Hafenstadt Savona - die Heilige Barbara ist die Schutzpatronin seiner Zunft. Wie Luigi lassen auch Davide die Bilder nicht mehr los. Noch immer hat er die Trümmer und die zerquetschten Autos vor Augen. "Ein Untergangszenario, wie in einem dieser Videospiele. Während des Sturzes war ich mir sicher, ich würde das nicht überleben." Wie Luigi sagt auch er von sich: "Ich bin ein miracolato", ein Begnadigter also, einer, der durch ein Wunder gerettet wurde.

Doch Capello findet nicht nur sein eigenes Schicksal schockierend. "Ich bin erschüttert. So etwas darf doch in Italien nicht passieren." Die Politiker, die sich derzeit einer nach dem anderen in einer Art Prozession zum Unglücksort begeben, versprechen unterdessen hoch und heilig, dass sich so eine Tragödie nie wieder ereignen dürfe. Ob sie dafür auch die nötigen Maßnahmen ergreifen werden, muss man abwarten.

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