Rezepte und TraditionenWinterliche Küchen-Glücksmomente in der Provence
Von Heidi Driesner
Sophie Bonnet, deren Krimis um den charmanten Ermittler Pierre Durand stets die Bestsellerlisten stürmen, lädt mit ihrem zweiten Kochbuch in die winterliche Provence ein. Stimmungsvolle Bilder und unterhaltsame Anekdoten ergänzen die leicht nachzukochenden Festtagsrezepte und laden ein zum Schmökern und Genießen.
Lesen Sie gerne? Und kochen Sie ebenso gerne? Dann geht's Ihnen vielleicht so wie mir: Ich bin eine absolute Leseratte und eine neugierige Hobby-Köchin - mit gewissen messerscharfen Vorlieben: Auf der Couch wird kriminell geschmökert, in der Küche kann es durchaus mal kriminell werden bei zu viel Cayenne und Knoblauch. Wie so oft im Leben - richtig schön macht's erst die Kombination, für mich entsteht aus Krimi und Küche gewissermaßen ein krimineller Genuss.
Vor zehn Jahren entdeckte ich auf der Suche nach Büchern mit schmackhafter Spannung, regionalem Kolorit und Humor statt blutrünstiger Missetaten die Krimis von Sophie Bonnet; was nicht heißt, dass bei Bonnet nicht gemeuchelt wird - aber in erträglichem Maße. Die Bücher lassen mich nicht mehr los, ich habe sie inzwischen alle und warte stets ungeduldig darauf, wie es weitergeht in der Provence mit Pierre Durand.
Und weil Hören entspannter für die Augen ist als Lesen, höre ich seit einigen Jahren, was der Herr Kommissar so anstellt, was er am liebsten löffelt und wie er seinen Rosé genießt. Da bin ich ganz "d'accord". Wenn ich in der Küche gespannt höre, ob und wie sich die provenzalischen Verwicklungen entwirren, wie Geheimnisse, Intrigen und Täuschungen ans Licht kommen, dann macht Kochen doppelt so viel Spaß. Schauerlich wird's allerdings, wenn ich vor lauter Spannung die Suppe versalze.
Und jetzt bitte keinen Neid: Ich gehe sogar mit dem charmanten Ermittler ins Bett! Ganz ohne ist das Betthupferl allerdings nicht: Denn nicht nur Pierre läuft das Wasser im Mund zusammen, wenn seine Charlotte ihm am Telefon vom neuesten Menü erzählt. Da heißt's Durchhalten für mich.
Im Winter geht’s ruhiger zu
Auch Bonnet macht aus ihren Leidenschaften ein doppeltes Vergnügen. In ihren Frankreich-Krimis lässt sie ihre Liebe zur Provence und zur französischen Küche gleichermaßen einfließen. Für alle, die schon immer mal schlemmen wollten wie der liebenswerte Kommissar Durand, sind im Südwest Verlag zwei Kochbücher der Autorin mit Rezepten und Geschichten aus der Region erschienen.
"Provenzalischer Genuss", Bonnets erstes Begleitbuch zur Krimi-Serie mit den sommerlichen Lieblingsrezepten des Ermittlers, ist bereits 2018 erschienen. Im nun vorliegenden zweiten Buch, "Provenzalischer Wintergenuss", nimmt Bonnet uns mit auf eine weitere kulinarische Entdeckungsreise, serviert 65 Herbst- und Wintergerichte, stellt beliebte Advents- und Weihnachtstraditionen vor, bis hin zum Jahreswechsel ganz ohne Böller, dafür aber mit Austern und Champagner.
"Im Winter bekommt die Provence ein neues Kleid. Sie wird stiller, anmutiger. Nach eisigen Nächten liegt Raureif über den Feldern. In den Dörfern weht der Rauch von Holzöfen in Fahnen über die Dächer", beschreibt Bonnet den winterlichen Landstrich. "Auf den Märkten finden sich saisonale Produkte: Maronen, Pilze, Trüffel, Quitten, Kürbis und Kohlgemüse. Und alles, was man für den vorweihnachtlichen Genuss benötigt: Clementinen, Datteln, Früchtepâtés und pain d'épices. Nougattorten mit Honig, Pistazien und getrockneten Früchten. Es geht hier ruhiger zu als im Sommer. Keine Staus vor den Parkplätzen. Die Händler haben Zeit für einen Plausch."
Die Rezepte lassen sich gut nachkochen, allerdings, wie so oft in der französischen Küche: Gut Ding will Weile haben. Wer sich an den berühmten "Weihnachtsbaumstamm" (Bûche de Noël) mit viel Pralinen-Schoko-Creme heranwagt, weiß schließlich, was da auf einen zukommt (auf die Hüften sowieso). Auch eine Ententerrine steht nicht im Handumdrehen auf dem Tisch. Doch das Gute daran: Sie können sie getrost ein paar Tage vor dem Fest zubereiten und Heiligabend entspannt genießen. Falls Sie Ihre Weihnachtsgans mal französisch aufhübschen wollen - im Buch finden Sie die klassische provenzalische Maronenfüllung für den Vogel.
Ich liebäugele damit, mal meine leckere Maronensuppe durch eine kalte provenzalische Vorspeise zu ersetzen, garantiert ebenso schmackhaft. Für den "Salat mit geräucherter Entenbrust und Maronen" brauche ich nur etwa eine halbe Stunde, das ist machbar, Aufwand und Zutaten sind überschaubar. Bei der Familie der Autorin kommt dieser Salat traditionell an Heiligabend als Vorspeise auf den Tisch. Warum nicht auch mal bei mir? Ich fürchte allerdings, dass es mir nicht gelingen wird, rosa Champignons aufzutreiben - da müssen halt die braunen aus dem Brandenburgischen ran.
Liebeserklärung an die Provence
Angefangen beim Zauber des Nachsommers über die klassische Weihnachtszeit bis hin zum kulinarischen Neujahrsgruß wechseln sich stimmungsvolle Bilder, unterhaltsame Anekdoten, liebevolle Beschreibungen regionaler Spezialitäten und appetitmachende Rezepte einander ab. "Provenzalischer Wintergenuss" ist ein sehr persönliches Buch, die Geschichten sind zum großen Teil selbst erlebt und alle Fotografien im Buch - Landschaften, Ambiente und Foodbilder - hat die Autorin auf ihren Reisen und am heimischen Tisch aufgenommen.
"Es ist ein sehr persönlicher Blick, den ich sonst nur Gästen meiner Lesungen offenbare. Ich stelle mir vor, er inspiriert Sie dazu, die unbekannten Seiten der Provence mit allen Sinnen zu genießen", schreibt Bonnet. Zwei Jahre lang hat sie sich mit diesem Projekt beschäftigt. Sie erfahren in ihrem Buch unter anderem, was es mit dem Weizen der heiligen Barbara oder den 13 Desserts am Heiligabend auf sich hat, können Kekse à la Nostradamus backen oder genießen beim Silvester-Brunch einfach mal den Champagner-Cocktail "Mimosa".
Bonnet ist das Pseudonym einer erfolgreichen deutschen Autorin: Heike Koschyk lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Ihre raffinierten und unterhaltsamen Provence-Krimis stürmen stets auf Anhieb die Bestsellerlisten, von Anbeginn der Reihe um Kommissar Durand mit "Provenzalische Ermittlungen" bis zum aktuellen zehnten Titel "Provenzalische Flut". Und geschlemmt wird immer!
"Provenzalischer Wintergenuss" ist eine Einladung "zum Entspannen, Ausprobieren oder einfach nur zum Betrachten. Eine Liebeserklärung an die besinnliche und traditionelle Provence und an ihre Küche", wie es im Buch heißt. Falls Sie nicht genug bekommen können von Weihnachtsmännern, Christkindern und von Schmaus und Braus - lassen Sie sich Zeit à la Provence, denn dort erstrecken sich die Festivitäten von Anfang Dezember bis Anfang Februar: "Die 'fêtes calendales', die Weihnachtsfeierlichkeiten, enden traditionell am 2. Februar zu Mariä Lichtmess. An diesem Tag wird eine gesegnete Kerze angezündet und von der Messe bis nach Hause getragen. Nun werden auch die Krippen abgebaut. Der Frühling kann kommen."
Kartoffelgratin
"Dieses Rezept stammt aus der Dauphiné, einem historischen Landstrich, zu dem auch ein Teil der provenzalischen Hautes-Alpes gehört. Die cremigen Kartoffelschichten sind nicht nur leicht zuzubereiten, sondern auch richtig lecker, weshalb sie sich mit Dessertringen geformt auch hervorragend als Beilage beim Weihnachtsmenü machen. Zu einem echten gratin dauphinois gehört übrigens kein Käse. Die Klebkraft kommt von der Kartoffelstärke - um die zu erhalten, sollte man die geschälten Kartoffeln nicht waschen."
Zubereitung:
Die Kartoffeln mit Schale waschen und dann schälen. Eventuell anhaftenden Schmutz mit einem feuchten Küchentuch entfernen (nicht mehr waschen!). Den Backofen auf 180 °C Ober-/Unterhitze (160°C Umluft, Gas Stufe 2–3) vorheizen.
Die Knoblauchzehen abziehen und mit der flachen Hand andrücken. Den Thymian waschen und trocken schütteln. Knoblauch, Thymian und Lorbeer mit der Milch und der Sahne in einen Topf geben und bei starker Hitze unter Rühren kurz aufwallen lassen, dann die Temperatur reduzieren und 5 Minuten ziehen lassen.
Währenddessen eine Auflaufform mit der Hälfte der Butter fetten. Die Kartoffelscheiben mit einem Gemüsehobel in dünne Scheiben schneiden. In einer ersten Lage in die Auflaufform schichten.
Die Sahnemilch vom Herd nehmen, den Knoblauch und den Thymian wieder entfernen. Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss kräftig (!) würzen und abschmecken.
Die erste Kartoffelscheibenschicht mit einem Teil der gewürzten Sahnemilch gerade eben bedecken. Darüber eine weitere Schicht Kartoffelscheiben legen. Abwechselnd fortfahren. Wer mag, legt die obersten Kartoffelscheiben kreisförmig an. Mit einer Sahnemilch-Schicht abschließen. Die restliche Butter in kleinen Flöckchen auf dem Auflauf verteilen und alles mit 1 weiteren Prise Salz würzen.
Im Backofen auf der mittleren Schiene etwa 1 Stunde backen. Das Gratin ist fertig, wenn es eine goldbraune Kruste erhalten hat und die Kartoffeln bei einer Stechprobe weich nachgeben.
Zeit: 20 Minuten + 5 Minuten Garzeit + 1 Stunde Backzeit
Pinienkernkekse nach Art von Nostradamus
"Das Rezept für diese Spezialität aus Saint-Rémy-de-Provence stammt aus dem Mittelalter. Erstmals erwähnt wurde sie vom Apotheker, Arzt und Astrologen Nostradamus, der neben seinen prophetischen Gedichten auch eine Schrift zur Verarbeitung von Konfitüren verfasst hat. Ob die pignolats deshalb so himmlisch schmecken? Das enthaltene Orangenblütenwasser ist aromagebender Teil vieler provenzalischer Backrezepte. Sie erhalten es in den Backabteilungen gut sortierter Supermärkte, in Feinkostläden oder in orientalischen Lebensmittelgeschäften."
Zubereitung:
Die gemahlenen Mandeln mit Puderzucker und Mehl in einer Schüssel mischen. Die Eiweiße und das Orangenblütenwasser einrühren, bis ein geschmeidiger Teig entsteht.
Den Backofen auf 170 °C Ober-/Unterhitze (150 °C Umluft, Gas Stufe 2-3) vorheizen. Kleine Teigstücke abtrennen, zur Kugel rollen und daraus Halbmonde formen. Die Pinienkerne auf der Arbeitsfläche ausstreuen und die Halbmonde hineindrücken. Auf einem mit Backpapier ausgelegten Blech verteilen und im Ofen auf mittlerer Schiene je nach Größe 12-15 Minuten backen.
Am Ende der Backzeit die noch weichen pignolats herausnehmen und abkühlen lassen.
Zeit: 10 Minuten + 12-15 Minuten Backzeit
Gefrorenes Soufflé mit Grand Marnier
"Kein Klassiker der Provence, sondern aus ganz Frankreich. Ein unglaublich leckerer Nachtisch, der Ihre Gäste begeistern wird - egal zu welcher Jahreszeit! Als Topping habe ich pralin en pudre (auch: poudre en praliné) gewählt, sogenannten Pralinenpuder, der auch als Verzierung von Torten verwendet wird."
Zubereitung:
Den Rand der Souffléformen erhöhen, damit das Dessert am Ende einige Zentimeter übersteht. Dafür vier Streifen Backpapier zuschneiden. Als Ring in die Förmchen stellen und die sich überlappenden Enden mit Büroklammern fixieren.
Die Orange heiß abwaschen und trocknen. 1 Esslöffel der Schale für das Soufflé abreiben, dazu 1 Teelöffel für die Dekoration. Die Orange halbieren und den Saft auspressen.
Die Eigelbe und das ganze Ei mit den Quirlen des Handrührgeräts kräftig verschlagen, bis eine helle Creme entstanden ist.
Währenddessen 70 Milliliter Orangensaft mit dem Zucker, dem Vanillezucker und dem Orangenabrieb in einem Topf bei starker Hitze zum Kochen bringen. Sobald der Zucker zum Sirup wird, den Topf vom Herd nehmen. Den Grand Marnier unterrühren.
Den Sirup nach und nach dem aufgeschlagenen Ei hinzufügen, dabei einige Minuten verquirlen, bis eine dicke Creme entstanden ist.
Die Sahne mit einem Schneebesen oder den Quirlen des Rührgeräts steif schlagen. (Am besten gelingt das, wenn die Sahne vorher ein paar Minuten im Eisfach lag. Ansonsten ggf. Sahnesteif unterrühren.) Die feste Sahne vorsichtig mit einem Teigschaber unter die aufgeschlagene Eiercreme ziehen. Die Masse in die Formen gießen und mindestens 6 Stunden in den Gefrierschrank stellen.
In der Zwischenzeit das Topping zubereiten. Dafür die Nusskerne grob hacken und in einem Topf mit dem Zucker bestreuen. Bei mittlerer Hitze karamellisieren lassen, dabei beständig umrühren. Sobald das Karamell eine goldene Farbe erreicht, den Topf vom Herd nehmen. Die Mischung auf einem Backpapier ausgebreitet erkalten lassen.
Die Nuss-Karamellstücke im Mixer klein mahlen. Rechtzeitig aufhören, da sie sonst miteinander verkleben.
Die eisgekühlten Souffléformen aus dem Gefrierfach nehmen. Das Backpapier entfernen. Die Soufflés mit dem Pralinenpuder bestreuen und mit dem restlichen Orangenabrieb verziert servieren.
Zeit: 40 Minuten + 3 Minuten Garzeit
Viel Erfolg beim Nachkochen und eine genussvolle Weihnachtszeit wünscht Ihnen Heidi Driesner.
