Panorama

Wegen Bedrohung und ErpressungFahnder nehmen "Reichsbürger" in Ungarn fest

02.03.2022, 17:07 Uhr
116323519
"Reichsbürger" erkennen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland nicht an. (Foto: picture alliance / Bildagentur-online/Ohde)

Deutsche Fahnder nehmen einen mutmaßlichen "Reichsbürger" in Ungarn fest. Die Liste der Vergehen, die ihm zur Last gelegt werden, ist lang: Erpressung, Bedrohung, Missbrauch von Titeln. 2019 liefert er sich gar eine Verfolgungsjagd mit der Polizei und rammt einen Streifenwagen.

Deutsche Fahnder haben einen mutmaßlichen "Reichsbürger" in Ungarn festgenommen. Der Mann hatte sich nach einer Anklage in Baden-Württemberg abgesetzt. Dem 62-Jährigen werden unter anderem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr zur Last gelegt, wie die Polizei in Ravensburg mitteilte. Zudem werden ihm eine Erpressung sowie Missbrauch von Titeln vorgeworfen.

"Reichsbürger" und "Selbstverwalter"

Reichsbürger" und "Selbstverwalter" verneinen die Existenz der Bundesrepublik Deutschlands und ihres Rechtssystems, sprechen Politikern und anderen Staatsbediensteten die Legitimation ab. Nach Ansicht der meisten "Reichsbürger" besteht das Deutsche Reich fort und das Grundgesetz ist lediglich "Besatzungsrecht". "Selbstverwalter" betrachten sich selbst als außerhalb der Rechtsordnung stehend. Sie vertreten häufig übergeordnete philosophische oder religiöse Ansätze, mit denen sie das vermeintliche Recht zur Ausrufung eigener Fantasiestaaten oder Rechtssysteme begründen.

Beide Strömungen lehnen den deutschen Staat und seine Repräsentanten grundsätzlich ab. Hieraus ergibt sich auch die erhöhte Bereitschaft, Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu begehen. Betroffen sind insbesondere Polizei, Justiz und Finanzämter; grundsätzlich können jedoch alle öffentlichen Stellen in den Fokus geraten. Gefährlich ist hierbei auch die hohe Waffenaffinität des Milieus. (Quelle: Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg)

Demnach soll der Mann im Mai 2019 in Bad Saulgau einen Streifenwagen gerammt haben. Sein Auto hatte keinen Versicherungsschutz mehr und gehörte zur Konkursmasse einer Firma in der Schweiz, das Auto hätte der Mann eigentlich an den zuständigen Konkursverwalter herausgeben müssen. Als ihn Polizeibeamte deshalb stoppten, sprach der mutmaßliche "Reichsbürger" den Beamten nicht nur die Zuständigkeit ab, sondern lieferte sich auch eine Verfolgungsfahrt. Am Ende rammte er ein Polizeiauto.

Angeklagter taucht 2019 unter

Gegen den Mann liefen damals schon Ermittlungsverfahren wegen Erpressung und Bedrohung in der Schweiz und im Landkreis Sigmaringen, wo er Behördenleitern mit Waffengewalt gedroht hatte. Nachdem die Staatsanwaltschaft im August 2019 Anklage erhoben hatte, tauchte der Beschuldigte unter. Im Sommer 2020 wurden ein Untersuchungshaftbefehl und ein Europäischer Haftbefehl erlassen, so dass auch im Ausland nach dem Flüchtigen gefahndet werden konnte.

In Zusammenarbeit mit Zielfahndern des Landeskriminalamts Baden-Württemberg wurde der Mann in Südungarn aufgespürt und Mitte Dezember festgenommen. Er befand sich seitdem in Auslieferungshaft und sitzt seit der vergangenen Woche in Deutschland in Untersuchungshaft.

Quelle: ntv.de, als/AFP

Baden-WürttembergUngarnErpressungReichsbürger