Strahlenunfall in RusslandFrankreich meldet belastete Pilze

Anfang November melden französische Forscher eine radioaktive Wolke über Europa. Russland bestreitet einen Strahlenunfall. Doch jetzt scheinen importierte russische Pilze in Frankreich den Beweis zu liefern.
Französische Behörden haben Spuren von Cäsium in importierten Pilzen aus Russland nachgewiesen. Als Reaktion seien die Kontrollen bei Lebensmitteleinfuhren verstärkt worden, sagte der Chef der Atomregulierungsbehörde ASN, Pierre-Franck Chevet, bei einer Anhörung im Senat. Die Belastung der Luft mit radioaktivem Ruthenium 106 habe für die französische Bevölkerung keine Gefahr dargestellt.
Die Pilze sind mutmaßlich von der radioaktiven Wolke kontaminiert worden, vor der die französische Atomsicherheitsbehörde IRSN Anfang November gewarnt hatte. Vergangene Woche hatte der russische Wetterdienst bestätigt, dass Ende September und Anfang Oktober in der Messstation Argajasch im südlichen Ural in der Luft eine Ruthenium-106-Konzentration nachgewiesen worden sei, die das 1000-fache des normalen Wertes überschritten habe. Argajasch liegt 30 Kilometer vom Atomkraftwerk Majak entfernt, wo sich 1957 einer der schlimmsten Atomunfälle der Geschichte ereignet hatte.
Der französischen Atomsicherheitsbehörde zufolge trat der Stoff in einer russischen oder kasachischen Anlage aus. Die Experten gehen davon aus, dass es einen Zwischenfall in einer Atomfabrik, einer Wiederaufbereitungsanlage oder einem medizinischem Labor gab. Einen Unfall in einem Atomkraftwerk schließen sie aus. Für die Gesundheit hat die radioaktive Wolke keine Gefahr dargestellt.
Ruthenium bedeutet "Russland"
Ruthenium-106 (Ru-106) ist ein seltenes, silberweißes, hartes Edelmetall mit einer relativ langen Halbwertzeit von 374 Tagen. Der lateinische Name bedeutet Russland. Es entsteht in großen Mengen bei der Kernspaltung. Werden Isotope des Rutheniums freigesetzt, kann man es, wie andere radioaktive Stoffe auch, nicht riechen, schmecken oder sehen. Eine zu hohe Dosis gilt als krebserregend.
Es wird außerdem als Strahlenquelle in der Krebstherapie eingesetzt. Außerdem kommt es in der Produktion von sogenannten Radionuklidbatterien zum Einsatz, die Satelliten und Raumsonden mit Strom versorgen. Diese Batterien wandeln die beim radioaktiven Zerfall entstehende Wärme in elektrische Energie um. Auch bei der Wiederaufbereitung von nuklearen Brennelementen kann Ruthenium 106 auftreten.