Nebenwirkungen bei Covid-Kranken Frankreichs Behörden warnen vor Chloroquin
31.03.2020, 11:53 Uhr
Corona-Patienten wurde in französischen Kliniken unter anderem das Arzneimittel Plaquenil verabreicht. Es enthält Hydroxychloroquin.
(Foto: REUTERS)
Zwei Medikamente gegen Malaria und das HI-Virus gelten als Hoffnungsmacher in der Corona-Krise - doch die französische Arzneimittelbehörde warnt: Zwar könnten die Mittel auch gegen die Lungenerkrankung Covid-19 wirksam sein, gleichzeitig gebe es aber auch Hinweise auf schwere Nebenwirkungen.
Frankreichs Behörde für Arzneimittelsicherheit (ANSM) warnt vor Nebenwirkungen bei Covid-19-Erkrankten durch das Malariamittel Hydroxychloroquin und das HIV-Medikament Kaletra. "Einige wenige Fälle von schwerwiegenden Nebenwirkungen wurden gemeldet und werden derzeit analysiert", teilte die ANSM mit. Die Behörde betonte, dass die Medikamente unter keinen Umständen als Selbstmedikation oder auf Verschreibung eines örtlichen Arztes eingenommen werden dürften. "Wir fordern die Verantwortung eines jeden, unnötige Krankenhausaufenthalte aufgrund des Missbrauchs dieser Medikamente zu vermeiden."
Krankenhäuser hätten bei ihren Corona-Patienten rund 30 schwere Nebenwirkungen von Medikamenten festgestellt, die derzeit von europäischen Forschern getestet werden, sagte ANSM-Generaldirektor Dominique Martin. Auch drei Todesfälle könnten mit der Behandlung in Zusammenhang stehen. In Frankreich ist die Behandlung von Covid-19-Erkrankten mit Hydroxychloroquin und Kaletra nur bei schweren Verläufen und nach Abstimmungen von mehreren Ärztinnen und Ärzten erlaubt.
Die Behörde warnt vor allem vor Herzstörungen, die durch den Einsatz des Malariamittels in Kombination mit anderen Medikamenten auftreten können. "Wir erinnern daran, dass bis heute kein Medikament formell als wirksam für die Behandlung oder Prävention von Covid-19 nachgewiesen wurde", betont die Behörde. Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus sei es zwar "ganz normal", dass auch experimentelle Behandlungsmethoden zur Anwendung kämen. Diese müssten aber von Experten überwacht werden.
Warnung vor Selbstmedikation
Dies gelte insbesondere für die Kombination aus Hydroxychloroquin und dem Antibiotikum Azithromycin. Die gleichzeitige Gabe dieser beiden Mittel "potenziert das Risiko" für Herzrhythmusstörungen, die zu einem Herzinfarkt führen könnten, warnte Behördenchef Martin. Dies gelte umso mehr für Patienten, die an Covid-19 erkrankt seien. Auch die regionale Arzneimittelbehörde im westfranzösischen Bordeaux hatte zuvor vor einer Selbstmedikation mit Wirkstoffen wie Hydroxychloroquin gewarnt. Die Behörde verwies auf die starken Nebenwirkungen des Mittels, zu denen neben Herzrhythmusstörungen unter anderem auch neurologische Probleme gehören. Eine Überdosis kann tödlich sein.
Im Rahmen einer groß angelegten europäischen Studie namens "Discovery" werden derzeit mehrere Mittel gegen Covid-19 getestet, die sich gegen andere Viruskrankheiten bewährt haben. Bisher gibt es aber keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass sie auch gegen das neuartige Coronavirus helfen. Dennoch wächst in Frankreich der Druck: In den Apotheken des Landes gibt es eine hohe Nachfrage von Hausärzten und Privatleuten nach bestimmten Mitteln, die trotz fehlender Erkenntnisse immer wieder als mögliche Therapien genannt werden.
Quelle: ntv.de, jug/dpa/AFP