Papst besucht Ungarn Franziskus redet Orban ins Gewissen
28.04.2023, 18:29 Uhr Artikel anhören
Wirkt trotz der Papststandpauke nicht geläutert: Der ungarische Premier Orban mit Franziskus in Budapest.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Es ist buchstäblich eine Moralpredigt, die sich der ungarische Premier beim Besuch des Papstes in Budapest anhören muss. Franziskus beschwört in Orbans Beisein die Werte Europas im Umgang mit Flüchtlingen. Zum Krieg in der Ukraine bleibt der 86-Jährige allerdings vage.
In seiner ersten großen Rede während seines Ungarn-Besuchs hat Papst Franziskus klare Worte in Bezug auf Europa und Migration gefunden. Im Beisein des rechtspopulistischen Regierungschefs Viktor Orban warb das Oberhaupt der katholischen Kirche für den europäischen Traum und forderte einen menschenwürdigen Umgang mit Migranten und Flüchtlingen.
Der 86-jährige Argentinier rief unter anderem dazu auf, Wege und Mittel zu finden, um die vor Konflikten, Armut und Klimawandel Fliehenden in Europa aufzunehmen. Das Thema der Migration und Flucht sei ein Thema, das sich früher oder später auf alle auswirken werde. "Deshalb ist es dringlich, dass wir als Europa an sicheren und legalen Wegen arbeiten, an gemeinsamen Mechanismen angesichts einer epochalen Herausforderung, die nicht durch Zurückweisung eingedämmt werden kann, sondern angenommen werden muss."
Rede gegen Orban als Wächter des christlichen Europas
Diese Worte richteten sich offensichtlich vor allem an Orban, mit dem Franziskus zuvor zu einem Gespräch zusammengekommen war. Der rechtsnationalistische Regierungschef beschreibt sich gern als Wächter eines "christlichen Europas" gegen Einflüsse aus dem arabischen Raum. Ungarns Gesetze zu Migration und Flüchtlingen stehen oftmals im Widerspruch zu internationalem und EU-Recht. Grundsätzlich ist es etwa Schutzsuchenden, die ungarisches Gebiet erreicht haben, nicht möglich, um Asyl zu ersuchen. Der Papst hingegen ruft regelmäßig zur Hilfe für Menschen aller Konfessionen auf, die vor Krieg und Armut flüchten.
Franziskus betonte in seiner Rede im ehemaligen Karmeliterkloster in Budapest die Notwendigkeit der Offenheit anderen gegenüber. Europa sei insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Weltlage von grundlegender Bedeutung und solle die "Ausgegrenzten vereinen, die Völker in seinem Inneren willkommen heißen und niemanden für immer als Feind stehen lassen". Er warnte in dem Zusammenhang, dass "Nationalismen wieder neu aufbranden" - er habe oft gar den Eindruck, die Politik würde "eher die Gemüter erhitzen, statt Probleme zu lösen".
Ukraine-Krieg: "Pubertäre Kriegstreiberei"
In Bezug auf Russlands Krieg gegen die Ukraine gab sich Franziskus ebenfalls als Mahner, allerdings ohne Russland als Aggressor zu benennen: "Ich frage mich, auch mit Blick auf die gequälte Ukraine: Wo sind die schöpferischen Friedensbemühungen? Wo sind sie?", sagte er. "Man hat den Eindruck, dem traurigen Untergang des gemeinsamen Traums von Frieden beizuwohnen, während die Einzelkämpfer des Krieges Raum gewinnen."
Mit Blick auf den Krieg warnte der Papst vor "pubertärer Kriegstreiberei". "Mehr und mehr scheint der Enthusiasmus für den Aufbau einer friedlichen und stabilen Gemeinschaft der Nationen abzukühlen", konstatierte der 86-Jährige. "Stattdessen werden Einflusssphären markiert, Unterschiede betont, Nationalismus ist auf dem Vormarsch und immer härtere Urteile und Sprache werden in gegenseitiger Konfrontation genutzt."
Die aktuelle apostolische Reise des Papstes ist die erste nach seinem jüngsten Krankenhausaufenthalt. Am ersten Tag zeigte sich der 86-Jährige allerdings durchaus munter. Am Flughafen verließ er das Flugzeug und bewegte sich zu Fuß und nicht im Rollstuhl fort. Auch bei seinen Terminen danach ging er etwa am Gehstock und hielt seine Rede im Stehen. Schon länger macht ihm ein Knieleiden zu schaffen.
Quelle: ntv.de, mau/dpa/AFP