Panorama

Kollegen wie Kaninchen angesehenGericht sucht Motiv für vergiftete Pausenbrote

26.02.2019, 17:42 Uhr
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Warum hat der Angeklagte die Pausenbrote seiner Kollegen vergiftet? Auch kurz vor dem Ende des Prozesses rätselt das Gericht über das Motiv. (Foto: picture alliance/dpa)

Ein Mann vergiftet seine Kollegen über Jahre hinweg, indem er ihre Pausenbrote mit einem Wirkstoff versetzt. Das Tatmotiv bleibt auch kurz vor Prozessende rätselhaft. Doch ein Psychologe und ein Psychiater liefern dem Gericht beunruhigende Hinweise.

Im Bielefelder Prozess um vergiftete Pausenbrote haben zwei Experten Hinweise zum bislang rätselhaften Tatmotiv gegeben. Es bleiben aber Spekulationen, denn der Angeklagte Klaus O. schweigt beharrlich zu den Vorwürfen. Bis auf eine Ausnahme: Der 57-Jährige äußerte sich im Gespräch mit einem Psychologen in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld. Diesem JVA-Mitarbeiter zufolge wollte der Angeklagte wie ein Wissenschaftler mit den Giftstoffen experimentieren.

Nach seinem Eindruck habe der Angeklagte an seinen Kollegen beobachten wollen, wie das Gift auf ihren Pausenbroten wirkt, sagte der Psychologe als Zeuge vor dem Landgericht Bielefeld aus. "Seine Äußerungen zu seinem Motiv kamen mir vor wie bei einem Wissenschaftler, der ausprobiert, wie Stoffe wirken bei einem Kaninchen", sagte der Psychologe. Er hatte seit Sommer 2018 fünfmal in der Untersuchungshaft mit dem Angeklagten gesprochen. Dabei ging es um die Frage, ob der Mann suizidgefährdet ist.

Angeklagter laut Gutachter schuldfähig

Für den forensischen Psychiater, der Klaus O. im Auftrag des Gerichts begutachtete, blieb das Motiv hingegen rätselhaft. Der Angeklagte verweigerte ihm ein Gespräch. Der Experte erläuterte den Richtern aber, dass der 57-Jährige mit den Vergiftungen seiner Kollegen angefangen habe, als ein unerfüllter Kinderwunsch ihn belastete. Durch eine künstliche Befruchtung sei der Kinderwunsch zwar in Erfüllung gegangen, doch das Ehepaar bekam Nachwuchs mit Down-Syndrom. "Parallel zur verzögerten Entwicklung des Kindes gab es einen neuen Schub bei den Vergiftungen. Der Angeklagte stand der Behinderung des eigenen Sohnes hilflos gegenüber. Auf der anderen Seite schwang er sich über Leben und Tod auf", sagte der Gutachter. Hier gebe es wohl einen Zusammenhang - mit Sicherheit könne er das aber nicht belegen.

Ansonsten sei der Angeklagte psychisch gesund und damit voll schuldfähig. Eine Strafminderung komme somit nicht infrage. Zugleich attestiert der forensische Psychiater dem 57-jährigen Angeklagten eine große kriminelle Energie und einen Hang zu weiteren Straftaten. Daher empfahl der Mediziner Sicherungsverwahrung.

Klaus O. muss sich vor dem Landgericht Bielefeld wegen versuchten Mordes in drei Fällen verantworten. Laut Anklage soll er über Jahre hinweg Arbeitskollegen in Schloß Holte-Stukenbrock mit vergifteten Pausenbroten und Getränken gesundheitlich geschädigt haben. Zwei der Kollegen sind schwer nierenkrank, ein weiteres Opfer hat einen Hirnschaden und muss im Wachkoma von seinen Eltern betreut werden. Der Prozess wird am Mittwoch mit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft fortgesetzt.

Quelle: mau/dpa

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