Gutachten belegt Tierquälerei Greenpeace: Schweinemast ist gesetzwidrig
04.05.2017, 16:13 Uhr
Die Deutschen essen vierzig Kilogramm Schweinefleisch pro Jahr. Wie die Tiere gehalten werden belegt nun ein Gutachten.
(Foto: dpa)
Mastschweine haben ein kurzes, von Qualen geprägtes Leben. Greenpeace will mit einem Rechtsgutachten belegen, dass ihre Haltung sogar gegen das Grundgesetz verstößt. Politiker und Schweinehalter wehren sich.
Greenpeace verlangt schärfere Haltungsvorschriften für Mastschweine in Deutschland. Die jetzt zugelassenen Bedingungen fügten den Tieren Schmerz, Leid und Schäden zu, beklagte die Umweltschutzorganisation. Sie widersprächen dem Tierschutzgesetz und dem Staatsziel Tierschutz, das im Grundgesetz festgeschrieben ist. Bundesregierung, Bauernverband und Schweinehalter wiesen den Vorwurf zurück.
Greenpeace stützt sich auf ein Rechtsgutachten von Hamburger Rechtsanwälten, laut dem Mastschweinen zu wenig Bewegungsfreiheit gewährt wird. Das gängige Schwänzekürzen sei nur in Einzelfällen zulässig. Das betäubungslose Kastrieren von Ferkeln - das 2019 abgeschafft werden soll - verstößt demnach gegen das Grundgesetz. Das geplante freiwillige "Tierwohl"-Siegel von Bundesagrarminister Christian Schmidt sei aussage- und wirkungslos, kritisierte Greenpeace.
Die Organisation verwies auf Schweden, die Schweiz und Österreich, wo der Staat in Ställen mehr Licht, Platz und Beschäftigungsmöglichkeiten fördere. Greenpeace-Expertin Stephanie Töwe forderte: "Die Haltung muss den Bedürfnissen der Tiere angepasst werden - nicht die Tiere den Haltungsbedingungen." Durchschnittlich verzehrt nach Zahlen des Statistischen Bundesamts jeder Deutsche etwa 60 Kilogramm Fleisch pro Jahr, zwei Drittel davon vom Schwein. Pro Jahr werden hierzulande rund 59 Millionen Schweine geschlachtet.
Tierschutz nicht mit Billigfleisch vereinbar
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, die industrielle Schweinehaltung führe zu inakzeptablen Tierqualen, ein Ausstieg sei nötig. "Seit vier Jahren streut die Bundesregierung Nebelkerzen, statt den Tierschutz zu verbessern."
Minister Schmidt hingegen wies die Vorwürfe zurück. Die gesetzlichen Standards seien sehr hoch und würden nach und nach verbessert. Dabei müssten aber die ökonomischen Umstände beachtet werden. "Die höchsten Anforderungen nutzen nichts, wenn die Tiere dann aus Kostengründen im Ausland im Stall stehen." Schmidt rief zugleich dazu auf, die Tierschutz-Debatte ernst zu nehmen. Sie stehe jedoch in einem Spannungsverhältnis zum "Kampf um das billigste Fleisch". Das könne die Politik nicht allein lösen. "Es ist auch der Verbraucher gefragt. Billiger wird es nicht."
Für die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands ist das Gutachten "in keiner Weise nachvollziehbar". "Die Regelungs- und Kontrolldichte in der Schweinehaltung in Deutschland ist sehr hoch", teilte der Verband mit. An Verbesserungen werde mit Hochdruck gearbeitet. "Viele Landwirte möchten schon heute die Ställe hin zu mehr Tierwohl umrüsten, derzeit scheitern sie aber häufig genau hier an komplexen genehmigungsrechtlichen Hürden", hob der Verband hervor.
Oft stehen beispielsweise offenen Ställen für Schweine Immissionsschutz-Vorgaben im Wege. Ein Arbeitskreis in Niedersachsen sucht Lösungen. Der Deutsche Bauernverband warnte vor einer Normenkontrollklage für mehr Tierschutz, wie sie Greenpeace anrege. Investitionen in neue tiergerechtere Ställe seien nur leistbar, wenn Vertrauen in rechtliche Rahmenbedingungen bestehe.
Quelle: ntv.de, vni/dpa