Panorama

Wiegand "hinreichend verdächtig"Halles suspendierter OB wegen Impfaffäre angeklagt

03.03.2022, 12:43 Uhr (aktualisiert)
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Er soll sich die Corona-Impfung erschlichen haben: Bernd Wiegand. (Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

Im Januar vergangenen Jahres läuft die Impfkampagne gegen das Coronavirus in Deutschland an. Der Impfstoff ist knapp und muss priorisiert werden. Halles Oberbürgermeister Wiegand bekommt eine Spritze - außerhalb der Reihenfolge. Dafür muss er sich nun vor Gericht verantworten.

In der Impfaffäre um den vom Dienst suspendierten Oberbürgermeister von Halle an der Saale, Bernd Wiegand, hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den parteilosen Politiker erhoben. Wiegand und seiner früheren Büroleiterin werden gemeinschaftliche veruntreuende Unterschlagung und Fälschung beweiserheblicher Daten im besonders schweren Fall vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft Halle mitteilte.

Wiegand und seine frühere Büroleiterin sind den Ermittlungen zufolge "hinreichend verdächtig", vorsätzlich dafür gesorgt zu haben, dass neun Mitglieder des vom Oberbürgermeister geleiteten Krisenstabs sowie acht Stadträtinnen und Stadträte eine Impfung gegen das Coronavirus erhielten, obwohl sie nach der damals geltenden Priorisierung keinen Anspruch darauf hatten. Auch habe keine Gefahr bestanden, dass der Impfstoff ansonsten zu verfallen drohte.

Der Staatsanwaltschaft zufolge sollen Wiegand und seine Büroleiterin ein Protokoll über eine Sitzung des städtischen Pandemiestabs zudem nachträglich verändert haben, um ihr Vorgehen zu verschleiern und den Stadtrat zu täuschen. Dadurch sei der Eindruck entstanden, das Vorgehen der Angeschuldigten sei von dem Pandemiestab gebilligt beziehungsweise genehmigt worden. Das Landgericht Halle muss nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens entscheiden.

Wiegand machte widersprüchliche Angaben

Die Vorwürfe gegen Wiegand beschäftigen Stadt und Justiz seit mehr als einem Jahr. Wegen der Impfaffäre verbot der Stadtrat von Halle ihm bereits im April vergangenen Jahres vorläufig die Dienstgeschäfte. Im Juni enthob das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Kommunalpolitiker im Zuge eines Disziplinarverfahrens vorläufig des Amts. Wiegands monatliche Dienstbezüge wurden um die Hälfte gekürzt, auch darf er seitdem Dienstgebäude der Stadt nicht mehr betreten. Mit Klagen dagegen scheiterte Wiegand vor Gericht.

Wiegand hatte die vorzeitigen Impfungen eingeräumt, diese aber damit begründet, dass übriggebliebene Impfdosen vor dem Wegwerfen bewahrt werden sollten. Vorwürfe der Vordrängelei wies er vehement zurück. Der Oberbürgermeister machte allerdings teilweise auch widersprüchliche Angaben zu den Vorwürfen und behauptete zunächst, die Impfkandidaten seien durch eine Art Zufallsgenerator ausgewählt worden. Dies stimmte nicht.

Wiegand ist seit 2012 Oberbürgermeister in Halle. Im Oktober 2019 wurde der Diplomverwaltungswirt wiedergewählt. Der gebürtige Braunschweiger war schon damals nicht unumstritten. Er stand wegen Untreue vor Gericht, weil er enge Mitarbeiter zu Unrecht in höhere Gehaltsstufen eingruppiert haben soll. Er wurde aber rechtskräftig freigesprochen.

Abgesehen von der Impfaffäre führt das Landesverwaltungsamt seit 2019 ein Disziplinarverfahren, in dem Wiegand drei Verstöße unter anderem in Zusammenhang mit der Vorlage des Stellenplans aus dem Jahr 2013 bei der Kommunalaufsichtsbehörde und einem Grundstücksverkauf zur Last gelegt werden. Derzeit führt Halles Bürgermeister Egbert Geier von der SPD die Amtsgeschäfte in der Stadt.

(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 02. März 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, hny/AFP

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