Führende Aktivisten festgenommenHongkong trifft Demokratiebewegung hart

2019 halten zunächst friedliche, später zunehmend gewalttätige Proteste Hongkong in Atem. Die zentralen Forderungen der Demonstranten bleiben unerfüllt. Heute versetzt die China-treue Regierung der Demokratiebewegung einen empfindlichen Schlag.
In einer Aktion gegen die Hongkonger Demokratiebewegung hat die Polizei am Samstag 14 führende Aktivisten festgenommen. Unter ihnen befanden sich laut örtlichen Medienberichten auch der Medienunternehmer Jimmy Lai sowie die ehemaligen Abgeordneten Martin Lee, Albert Ho, Leung Kwok-hung und Au Nok-hin. Nach Angaben noch aktiver Abgeordneter wird ihnen die Organisation und Teilnahme illegaler Versammlungen im August und Oktober vergangenen Jahres vorgeworfen. Lai war bereits im Februar wegen seiner Teilnahme an einer regierungskritischen Demonstration im vergangenen Jahr festgenommen worden. Im Laufe des Samstags wurden die Festgenommenen gegen Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt; sie warten jetzt auf ihre Gerichtstermine.
Die Hongkonger Regierung "versucht mit aller Macht, eine Terrorherrschaft einzuführen", erklärte die der Demokratiebewegung nahestehende Abgeordnete Claudia Mo. Die Regierung versuche alles, um die Menschen zum Schweigen zu bringen und die Opposition zu besiegen, "aber wir stehen zusammen", sagte sie.
"Wir sind in einer schrecklichen Lage", sagte der demokratische Abgeordnete Ted Hui der Deutschen Presse-Agentur in Hongkong. Es sei "unvorstellbar", dass jemand wie Martin Lee festgenommen werde. Lee ist der Gründungsvorsitzende von Hongkongs erster politischer Partei und gilt in der Sonderverwaltungszone als "Vater der Demokratie". "Es ist traurig", sagte Hui. "Durch den Coronavirus wurden die Proteste angehalten, aber die politische Verfolgung hat nicht geendet. Hongkong ist in Tyrannei verfallen."
Lee selbst sagte, er sei "sehr erleichtert" über seine Anklage, nachdem er auf Kaution freigelassen wurde. "So viele Jahre, so viele Monate lang wurden so viele gute Jugendliche festgenommen und angeklagt, während ich nicht festgenommen wurde. Ich bedaure das", sagte der 81-jährige Anwalt. Er bereue sein Handeln nicht und sei stolz darauf, an der Seite der jungen Menschen für die Demokratie zu kämpfen.
Hongkongs Polizeichef Chris Tang kritisierte Lees Äußerungen: "Er stiftet weiterhin Jugendliche an, gegen das Gesetz zu verstoßen. Ich denke nicht, dass er stolz sein sollte. Er sollte sich schämen."
Forderungen blieben unerfüllt
Die teilweise gewalttätigen Massenproteste der Demokratiebewegung hielten die Sonderverwaltungszone Hongkong im vergangenen Jahr sieben Monate lang in Atem. Die zunächst friedlichen Demonstrationen richteten sich anfangs gegen ein inzwischen auf Eis gelegtes Gesetz, das erstmals auch Auslieferungen nach Festland-China ermöglicht hätte. Später wandten sich die Demonstranten gegen die pro-chinesische Führung in Hongkong und die Beschneidung demokratischer Freiheiten insgesamt.
Inzwischen sind die Proteste abgeklungen. Dies ist einerseits auf zahlreiche Verhaftungen und eine Erschöpfung der Bewegung, andererseits auf die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zurückzuführen.
Die chinesische Zentralregierung sowie Hongkongs Peking-treue Regierungschefin Carrie Lam haben sich bis heute geweigert, Forderungen der Demonstranten zu erfüllen. Zu den zentralen Forderungen zählen die Freilassung der tausenden festgenommenen Demonstranten, eine unabhängige Aufarbeitung der Polizeigewalt und das Recht zur freien Wahl des Regierungschefs.