Daten effizienter sichten KI soll Ermittlern bei Kinderpornografie helfen

Massenhaft kinderpornografisches Material und zu wenige Ermittler - das ist das Dilemma der Polizei im Kampf gegen Kindesmissbrauch. Mit Künstlicher Intelligenz sollen die Ermittlungen in Nordrhein-Westfalen bald verbessert werden.
Im Kampf gegen Kinderpornografie setzt die Justiz in Nordrhein-Westfalen auch auf Künstliche Intelligenz (KI). Im Zuge eines digitalen Forschungsprojekts unter anderem mit Microsoft Deutschland sollen Erkennung und Auswertung kinderpornografischer Bilddateien deutlich beschleunigt werden, wie das Landesjustizministerium in Düsseldorf mitteilte. Die NRW-Justiz beschreitet mit dieser Zusammenarbeit mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft technisches und juristisches Neuland.
Hintergrund des Forschungsprojekts sind die oft überbordenden Datenmengen, mit denen Staatsanwälte in Ermittlungs- und Strafverfahren wegen Kindesmissbrauchs und Kinderpornografie konfrontiert sind. In jedem Einzelfall muss die Justiz Beweismittel auf Relevanz prüfen. Dabei gilt als besondere Herausforderung, kinder- und jugendpornografisches Bildmaterial möglichst effizient von sonstigen Dateiinhalten unterscheiden zu können.
"Der Kampf gegen Kinderpornografie wird heutzutage fast ausschließlich digital geführt", erklärte der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach. "Die Verbreitung von Kinderpornografie ist der Prototyp einer Internetstraftat - wir sind angetreten, diese zu stoppen und zugleich das digitale Handlungsarsenal der Strafverfolger wirksam zu erweitern."
Mit Blick auf das Forschungsprojekt erinnerte das NRW-Justizministerium daran, dass der Umgang mit kinderpornografischem Datenmaterial sehr weitgehenden rechtlichen Einschränkungen unterliege. Die Anwendung von KI-Techniken auf Basis von Cloud Computing und neuronalen Netzen sei daher bislang unmöglich gewesen. In der Zusammenarbeit der Projektpartner sei es gelungen, über eine hybride Cloudinfrastruktur einen Lösungsweg zu entwickeln.
Riesige Datenmengen, zu wenige Ermittler
NRW-Innenminister Herbert Reul hatte kürzlich die Dramatik des ungleichen Kräftemessens zwischen Pädo-Kriminellen im Netz und den unzureichenden Ressourcen der Fahnder anhand ernüchternder Zahlen unterlegt. Demnach waren von rund 1900 Verfahren, die Mitte Juni in NRW wegen Verdachts auf Kindesmissbrauch oder Kinderpornografie anhängig waren, nur zwölf Prozent in der Auswertung. Allein 557 Durchsuchungsbeschlüsse warteten auf Vollstreckung. "Die Behörden schaffen es nicht, der riesigen Datenmengen Herr zu werden", klagte der Innenminister.
Nach Angaben der NRW-Stabsstelle gegen Kinderpornografie kann ein Sachbearbeiter im Durchschnitt 500 Bilder in einer Stunde anschauen. Bei dem Kriminalitätskomplex gehe es aber um die unvorstellbare Menge von drei Petabyte. Mitte Juni hatte die über 40.000 Köpfe zählende Polizei in NRW nach Angaben des Innenministers für den Deliktbereich nur 104 Expertenstellen. Alle 47 Kreispolizeibehörden müssen allerdings umplanen und ihr Personal für diese Aufgabe mindestens verdoppeln. Bis Ende 2020 sollen alle Polizeibehörden technisch in der Lage sein, ihre Daten zum Auswerten und Filtern an das Landeskriminalamt zu überspielen.