Panorama

Lauterbach widerspricht Gassen Kassenärzte-Chef plädiert für Isolations-Ende

Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizieren, müssen für fünf Tage in häusliche Isolation.

Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizieren, müssen für fünf Tage in häusliche Isolation.

(Foto: IMAGO/Christian Ohde)

Wer sich nachweislich mit Corona infiziert hat, muss erst einmal zu Hause bleiben. Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Gassen, ist dafür, das zu ändern und macht einen weitreichenden Vorschlag. Die Idee stößt auf heftige Kritik, aber auch auf Zuspruch.

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, hat sich für eine Aufhebung aller Corona-Isolations- und -Quarantänepflichten ausgesprochen. Diese sollten "bis auf Weiteres aufgehoben werden, dadurch würde die Personalnot vielerorts gelindert", sagte Gassen der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wir müssen zurück zur Normalität. Wer krank ist, bleibt zu Hause. Wer sich gesund fühlt, geht zur Arbeit. So halten wir es mit anderen Infektionskrankheiten wie der Grippe auch."

Aus dem Gesundheitsministerium kam sofort Widerspruch. "Infizierte müssen zu Hause bleiben. Sonst steigen nicht nur die Fallzahlen noch mehr, sondern der Arbeitsplatz selbst wird zum Sicherheitsrisiko", twitterte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Aus dem Ministerium hieß es, aktuell würde eine weitere Verkürzung der Fristen zu den Möglichkeiten der Freitestung "keinen Sinn" machen. Mit den geltenden Empfehlungen sei im Frühjahr bereits auf sich verschärfende Personalsituationen reagiert worden, hieß es weiter.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, warf Gassen "Opportunismus" vor. "Die Isolation schützt. Denn so wird verhindert, dass sich andere anstecken." Er verwies auf Long- und Post-Covid. Gassen spiele mit der Gesundheit der Menschen.

Gassen spricht von "Friedensangebot des Virus"

Hingegen sagte der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann, Gassen habe mit seiner Forderung nach einer Aufhebung der Isolationspflichten recht. "Dies ist ein lösungsorientierter Ansatz, um einen klügeren und individuellen Umgang mit Corona-Infektionen zu ermöglichen", teilte er mit. "Die Isolierungsdauer von Patienten mit Covid-19 sollte nicht mehr von staatlicher Seite fixiert sein. So können wir zu einer gewissen Normalität und Unaufgeregtheit zurückkehren." Die Isolationsdauer sollte nach Ullmanns Worten künftig eine medizinische und individuelle Entscheidung sein.

Gassen räumte ein, dass die Infektionszahlen seit Monaten sehr hoch seien und es wegen weniger Tests wohl zusätzlich Hunderttausende nicht erkannter Ansteckungen pro Tag gebe. Die Verläufe seien aber fast immer mild. "Das Problem sind also nicht die vielen Infektionen, sondern, dass positiv Getestete auch ohne Symptome mehrere Tage zu Hause bleiben, in Isolation geschickt werden. Dadurch entstehen die Personalengpässe in den Kliniken und anderswo." Gassen bezeichnete die Omikron-Virusvariante "fast als Friedensangebot des Virus". Wer sich nach einer Dreifachimpfung anstecke, "profitiert sogar von einer Infektion, indem er oder sie eine Schleimhautimmunität erwirbt". Niemand sollte sich deshalb aber aktiv anstecken. "Aber wir können uns nicht dauerhaft vor dem Virus verstecken. Und wir sind das letzte Land in Europa, das noch derart aufgeregt über einen Corona-Notstand diskutiert", urteilte Gassen.

Derzeit gilt für die allgemeine Bevölkerung, dass die vorgeschriebene Isolation für Corona-Infizierte nach fünf Tagen enden kann - mit einem "dringend empfohlenen" negativen Test zum Abschluss. Beschäftigte in Einrichtungen des Gesundheitswesens müssen vor der Rückkehr zur Arbeit zudem per Schnell- oder PCR-Test nachweisen, dass sie negativ sind. Zudem müssen sie 48 Stunden symptomfrei sein. Für Menschen, die Kontakt mit Corona-Infizierten hatten, wird eine fünftägige Quarantäne dringend empfohlen.

(Dieser Artikel wurde am Samstag, 23. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

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